Start Erzgebirge Asylbewerber als Fachkräfte der Textilbranche?
Artikel von: Sven Günther
11.01.2016

Asylbewerber als Fachkräfte der Textilbranche?

An einer Anlage zur Beschichtung von textilen Flächen mit Polyuretansystemen und Aushärtung mittels UV-Licht arbeiten am 08.01.16 die Forscher Yves Schwarzmann (li),Andreas Berthel, geschäftsführender Direktor des Stfi und Dr.Ralf Lungwitz. Das STFI Chemnitz hat gemeinsam mit dem tschechischen Institut INOTEX, Dvur Kralove, und einem belgischen Partner diese Technologie entwickelt. Damit ist diese aus anderen Branchen bekannte Technologie nun erstmals auch für die Textilindustrie anwendbar. Der dazu genutzte UV-LED-Strahler weist gegenüber Quecksilbermitteldruckstrahlern zahlreiche Vorteile auf (z. B. lange Lebensdauer, ohne Ozon-Emission, keine Wärmestrahlung). Härte und Flexibilität der Beschichtungen lassen sich Dank variabler Binderzusammensetzung gezielt einstellen und Additive ermöglichen spezielle Funktionen. Foto: vti

Bürokratie blockt Integration

Von Sven Günther

Chemnitz. Die Jobs sind sicher, spannend und inzwischen auch meist ordentlich bezahlt. Textilfirmen in Sachsen suchen dringend Fachkräfte – jetzt auch unter Asylbewerbern, die in den Freistaat kommen. Bertram Höfer, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie: „Wir wollen den Menschen Chancen bieten, stoßen dabei aber auf bürokratische und juristische Hürden.”

Höfer ärgert sich darüber, dass man von zuständigen Stellen keine Informationen über Flüchtlinge bekommt. „Wir, und ich spreche für viele Unternehmer, würden gern helfen” sagt der Verbandschef. „Ausbildung, Arbeitsplätze, Perspektiven. Aber wir scheitern im Moment schon daran, dass keiner weiß, wer unter den Asylbewerbern welche Kenntnisse hat und ob sie dauerhaft in Deutschland bleiben können.”

Der vti fand heraus, dass allein in Sachsen 50 Fachkräfte benötigt werden. Produktionsmechaniker/Textil, Färberei-Meister oder Mitarbeiter im internationalen Vertrieb. Höfer: „Wir wollen die soziale Integration von geeigneten Asylbewerbern unterstützen – aber das ist im Moment wirklich schwierig.”

Er nennt ein Beispiel aus Leukersdorf, wo eine syrische Familie untergebracht wurde, der Mann in einer Textilfirma qualifiziert wird. „Die Familie ist nicht geflohen, sie ist umgesiedelt. Aber es war sehr kompliziert. Wir mussten die evangelische Kirche und die Botschaft einschalte, sonst wäre der Plan gescheitert.”

Bertram Höfer Foto: vti
Bertram Höfer
Foto: vti

Sehr viel entspannter wird Höfer, wenn er die Zahlen der Branche nennt. „Nach den vorläufigen Ergebnissen haben wir im Vorjahr einen Gesamtumsatz von 1,8 Milliarden Euro erreicht. Das sind 7,1 Prozent, also 119 Millionen Euro, mehr als 2014. uch beim Export konnten wir 2015 mit einem Plus von 11 Prozent bzw. 64,5 Millionen Euro deutlich zulegen. Unsere Unternehmen realisierten durchschnittlich 36 Prozent ihres Umsatzes im Ausland. Die Zahl der Beschäftigten ist stabil geblieben.”

Die ostdeutsche Textil- und Bekleidungsbranche erwirtschaftet mittlerweile reichlich die Hälfte ihres Umsatzes mit Technischen Textilien; 30 Prozent entfallen auf Heimtextilien und knapp 20 Prozent auf Bekleidung. Von den 16.000 Beschäftigten sind 12.000 in Sachsen und 2.500 in Thüringen tätig. Die Region gehört neben Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen zu den vier großen deutschen Textilstandorten. Der vti vereint 180 überwiegend mittelständische Textil- und Bekleidungsfirmen.

Der als Tarif- und Sozialpartner fungierende Verband hatte sich erfolgreich für eine schrittweise Einführung des Mindestlohns in der ostdeutschen Branche eingesetzt. Dieser liegt seit 1. Januar 2016 bei 8,25 Euro. Ab Anfang 2017 gilt dann der bundesweit einheitliche Mindestlohn.

 

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