Artikel von: Sven Günther
15.12.2017
Eric Frenzel: Heimatgefühle am Dachstein
Er ist ein Weltstar aus dem Erzgebirge. Zwischen Sapporo (Japan) und Calgary (Kanada), von Ruka (Finnland) bis Seefeld (Österreich) kennen alle Skisport-Fans Eric Frenzel, den Weltmeister und Olympiasieger der Nordischen Kombination. Viele jubeln ihm an den Strecken zu, feuern ihn an, fiebern am Fernseher mit.
Doch wie tickt er wirklich? Was beschäftigt, was bewegt ihn? Was erlebt Eric Frenzel neben Schanzen und Loipen, wenn die TV-Kameras längst aus oder noch gar nicht an sind?
Auf www.wochenendspiegel.de können Sie es lesen. Bei uns schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben.
Frau Holle am Dachstein
Von der Autobahn von Salzburg nach Slowenien geht es runter. Zuvor hat uns noch der Watzmann aus den Berchtesgadener Alpen gegrüßt, für Sekunden in einem Taldurchblick. Vor uns liegen die vielen Serpentinen hoch zur Ebene am Dachstein. Die Kurven bergauf zu fahren, macht immer wieder Spaß, einmal geht es mit einem Allrad auch auf verschneiten Straßen wunderbar zu fahren, andererseits ist der Slalom nach Ramsau gepaart mit dem wohligen Gefühl von „Nachhause kommen“. Der Weltcup am Dachstein ist einer meiner Lieblingswettkampforte , was zum einem am Areal selbst liegt, ein unvergleichliches Panorama hat man hier oben auf der Hochebene, zum anderen geht das deutsche Team schon seit 20 Jahren in die Pension Tischlberger , wo wir mittlerweile schon Familienanschluss haben und wo die ansonsten gesunde deutsch-österreichische Rivalität nicht existiert.
Während in den letzten Jahren uns hier am Dachstein wenig winterliche Pracht empfangen hat und wir immer mit weißen Kunstschneebändern in der grünen Landschaft vorlieb nehmen mussten, gab es nunmehr einen ganz anderen Empfang. Ski und Rodel gut – das schießt mir durch den Kopf, als ich endlich das Plateau erreiche!
Als ich die Schwelle der Pension überschreite, steht auch schon die Wirtsmutter mit weiteren Familienmitgliedern und den Wetternachrichten parat: „ Ja mei, Eric, Du in Ramsau und endlich wieder Schnee,“ Während des Gesprächs wird schnell klar, dass es um viel Schnee geht, vor allem am Sonntag kann es auch schon mal kräftigeren Schneefall geben.
Als Stratege Abteilung Nordische Kombination bin ich natürlich hellwach bei solchen Informationen, haben sie doch im Falle Ihres Eintretens entscheidende Bedeutung auf den Rennverlauf. Als erster bei heftigem Schneefall in die Loipe zu gehen, kann zermürbend sein und einem ein gutes Sprungergebnis zunichtemachen. Setzt Schneefall zum späteren Zeitpunkt des Rennens ein, sind kleinere Abstände zur Spitzengruppe mitunter nicht aufzuholen. Es gibt bei Schneefall im Rennen vielerlei Varianten und Taktiken, aber das kommt ja erst nach dem Springen und das liegt bei mir an diesem Wochenende im mentalen Fokus, nachdem wir in Lillehammer sehr gut auf den Schanzen trainiert haben.
Ich beziehe mein Zimmer, mein Stammzimmer seit Jahren, der Ausblick auf die Dachsteiner Bergwelt durch mein Fenster am Bett, ja hier fühle ich mich wirklich zuhause; ich freue mich auf die abendliche steierische Hausmannskost, die viel mit Kürbiskernöl verfeinert wird und ich freue mich auf zwei Tage Wettkampf… im Schnee!