Start Erzgebirge Eric Frenzel: Rot-blaues Wochenende
Artikel von: Sven Günther
04.12.2017

Eric Frenzel: Rot-blaues Wochenende

Eric Frenzel schreibt auf www.wochenendspiegel.de Foto: Peplies Consult

Eric Frenzel: “Norweger sind zurück!”

Er ist ein Weltstar aus dem Erzgebirge. Zwischen Sapporo (Japan) und Calgary (Kanada), von Ruka (Finnland) bis Seefeld (Österreich) kennen alle Skisport-Fans Eric Frenzel, den Weltmeister und Olympiasieger der Nordischen Kombination. Viele jubeln ihm an den Strecken zu, feuern ihn an, fiebern am Fernseher mit.
Doch wie tickt er wirklich? Was beschäftigt, was bewegt ihn? Was erlebt Eric Frenzel neben Schanzen und Loipen, wenn die TV-Kameras längst aus oder noch gar nicht an sind?
Auf www.wochenendspiegel.de können Sie es lesen. Bei uns schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben.

Heute: Ein rot-blaues Wochenende

Die norwegischen Zeitungen überschlagen sich nach dem Staffelsieg , den sich Espen Andersen, Jan  Schmid, Jörgen Graabak und  Jarl  Riber im Zielsprint sichern. Große Lettern überall: Wir sind die Besten der Welt!“ In der Stadt feiern die ohnehin wintersportbegeisterten Norweger wie die Italiener den Fußballweltmeistertitel feiern würden. Trotz tiefster Temperaturen in der  norwegischen Nacht feiern die Nordländer mit nacktem Oberkörper und rot-blauen Fahnen auf der Straße.
Nach über zwei Jahren ohne Staffelniederlage müssen sich die deutschen Kombinierer einer anderen Mannschaft wieder geschlagen geben, auch wenn es am Schluss Wimpernschläge sind. Es sind die Norweger, die uns an der Fortsetzung unserer Siegeserie hindern. An den Reaktionen im ganzen Land kann man ermessen, wie tief der Stachel in der letzten Saison bei den Norwegern saß, als sie der deutschen Dominanz nichts entgegenzusetzen hatten und mit ansehen mussten, wie so mancher Weltcup Ergebnislisten wie Deutsche Meisterschaften auswies.
Nach dem auf die Staffel folgenden Einzelwettkampf, bei dem es gar einen norwegischen Dreifach-Sieg gab, und dem Umstand, dass nach diesem zweiten Weltcupwochenende in der Gesamtweltcupwertung unter den Top Sechs drei Norweger rangieren, möchte ich sagen: „Norway is back!“
Es hilft auch kein Jammern und Klagen über die schlechten Wind-und Wetter-Bedingungen in Kuusamo und Lillehammer mit den stets wechselnden Winden. Die deutsche Mannschaft müsste so viel Substanz haben, sich auch auf die schlechtesten Bedingungen einzustellen und gute Ergebnisse abzurufen. Im Ergebnis muss man sich eingestehen, dass es vor allem auf der Schanze noch nicht ganz rund läuft. Daran müssen wir arbeiten.
Andererseits darf man nun auch nicht gleich in Panik und Hysterie verfallen. Bei einer Staffel auf der Zielgeraden zu verlieren, ist in jedem Fall kein Klassenunterschied und Podiumsplätze in den Einzelentscheidungen, die wir als deutsche Mannschaft und auch ich selbst schon verbuchen können, zeigen, dass wir unsere Hausaufgaben in der Saisonvorbereitung grundsätzlich schon gemacht haben, aber es ist anders als in der letzten Saison, als das deutsche Siegen so einfach schien und das Publikum entsprechend verwöhnt war.
Das, was ich bei meinem Einzeltraining in Oslo unmittelbar vor dem Saisonstart, als ich mit den Norwegern zusammen auf der Holmenkollen-Anlage trainieren konnte, gesehen hatte, hat sich jetzt bestätigt. Die Norweger haben hart an sich gearbeitet und  sich vor allem auf der Schanze einen Stand erarbeitet, der offensichtlich gegenwärtig der Maßstab der Dinge ist. Damit müssen wir Deutschen umgehen lernen und uns nun Stück für Stück das Terrain zurückerobern
Herzlichst
Eric Frenzel