Start Erzgebirge Eric Frenzel: Windlotterie
Artikel von: Sven Günther
02.03.2017

Eric Frenzel: Windlotterie

Olympiasieger und Weltmeister Eric Frenzel schreibt für www.wochenendspiegel.de, für denWochenENDspiegel und den WochenSpiegel Erzgebirge von den Wettkämpfen der Nordischen Ski-WM. Foto: Peplies Consult

Windlotterie

Von Eric Frenzel
Diesmal hat es uns Deutsche richtig erwischt, obwohl das Rennen von Johannes Rydzek sogar noch gewonnen werden konnte. Es war Windlotterie und wir waren nicht in der Verlosung. Als Zuschauer kann man am Fernsehgerät die Dinge trotz der Anzeige von Windsimulationen an der Schanze nicht richtig einschätzen. Es war beim Wettkampf von der großen Schanze schlimmer als es aussah. Das  Problem der Windsysteme ist , dass sie nicht differenziert genug anzeigen. Kommt der Wind von frontal von vorne, so wird Aufwind angezeigt, was natürlich für jeden Springer das Ideale ist. Kommt der Wind dagegen mit einem Winkel von 80 Grad seitlich, so zeigt das System den gleichen Aufwind an, wie beim frontalen Windstoß. Erst wenn der Wind über einen Winkel mit 90 Grad dreht, wird der Rückenwind angezeigt, bei dem man eben nicht abgewunken wird und man eher sogar wieder den Sitzbalken verlassen muss. So lagen die Dinge für uns Deutsche gestern:  der Wind drehte gestern ständig; trotz einer Aufwindanzeige kam der Wind so stark von der Seite, dass er sich im Flug wie ein Rückenwind auswirkte, der uns schnell nach unten drückte. Aller innerer Protest konnte daran nichts ändern. Wir betreiben eine Freiluftsportart und das haben wir gestern zu spüren bekommen- umso bitterer, wenn man in der Analyse vor dem Bildschirm sehen muss, dass man  im Grunde einen idealen Sprung hingelegt hatte. Mein persönliches Ergebnis mit dem 14. Platz nach dem Springen war natürlich frustrierend. Im Lauf konnte ich eigentlich nur das retten, was zu retten war. Die Wahrheit ist zumutbar: es muss auch mal Tage ohne Medaille geben.
Dafür sehen wir auf den vor uns liegenden Team-Wettkampf, in dem ich mit Johannes Rydzek an den Start gehen werde, voller Erwartung. Als Nummer eins und Nummer zwei der Gesamtweltcupwertung gehen wir an den Start und müssen uns der Favoritenrolle fügen, in die uns die anderen Nationen stecken. Doch wie beim Wettkampf von der großen Schanze gesehen, gibt es viele Väter des Erfolgs; einer davon liegt in ordentlichen Rahmenbedingungen.
Vor dem letzten Wettkampf der Kombinierer und der damit verbundenen letzten Medaillenchance lassen wir es im Mannschaftsquartier ruhig angehen. Regenerative Maßnahmen stehen auf dem Programm und die sehen bei jedem etwas anders aus. Ich gehe zur Massage, machte leichtes Jogging im Schnee und lese etwas.
Ich möchte einen guten Team-Wettkampf mit Johannes machen und wir beide wollen um die Vergabe des Weltmeistertitels ein Wörtchen mitreden.