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Artikel von: Sven Günther
06.10.2017

Freiberger Thesen: Carsten Körber äußert sich

Der CDU-Stadtverband Freiberg will von der Partei einen drastischen Kurswechsel! Der Rücktritt von CDU-Chefin Angela Merkel wird gefordert! Auf www.wochenendspiegel.de lesen Sie die Reaktion von Karsten Körber, dem CDU- Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Zwickau.

 

 

Carsten Körber zu den Freiberger Thesen

Freiberg/Stollberg. Die Freiberger Thesen des CDU-Stadtverbandes (https://www.regionalspiegel-sachsen.de/freiberger-thesen-merkels-ruecktritt-gefordert/) sorgen für Diskussionen in der Partei.
Der Stadtverband fordert:
1. Rücktritt von Angela Merkel als Parteivorsitzende!
2. Rücktritt von Generalsekretär Peter Tauber!
3. Sofortiger Aufnahmestopp von Flüchtlingen!
4. Sofortige Abschiebung aller Ausreisepflichtigen und kriminellen Asylbewerber!
5. Schluss mit den Sanktionen gegen Russland!
6. Keine Verschärfung des Umweltrechtes, welche wirtschaftliche Entwicklungen gefährdet oder behindert!
7. Realistische Diskussion um den Verbrennungsmotor!
8. Ausbau eines flächendeckenden Breitbandnetzes in den nächsten vier Jahren
9. Braunkohle als Brückentechnologie berücksichtigen!
10. Die Sächsische CDU muss wieder den Charakter einer Volkspartei erhalten.

Nachdem auf www.wochenendspiegel.de die von Marco Wanderwitz, dem Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Erzgebirge II/Chemnitzer Land (https://www.regionalspiegel-sachsen.de/freiberger-thesen-wanderwitz-reagiert/) und von Alexander Krauß, dem CDU-Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Erzgebirge I, zu lesen war, äußert sich jetzt Carsten Körber, der CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Zwickau.

 

Carsten Körber:

Diese „Thesen“ sind Forderungen, die ich so nicht teilen kann. Das Wahlergebnis der CDU im Bund ist zweifelsohne unter den Erwartungen geblieben und gerade in Sachsen habe ich es als enttäuschend empfunden, doch ich warne davor, die CDU nun inhaltlich deutlich weiter rechts positionieren zu wollen. Dieser Ansatz ist zu kurz gegriffen.

Die Flüchtlingspolitik kann nicht die einzige Erklärung für das schlechte Wahlergebnis sein. Ich sehe sie vielmehr als einen Katalysator, der tieferliegende Unzufriedenheiten und Unsicherheiten der Menschen sichtbar gemacht hat. Diese Situation wird in den nächsten Wochen intensiv analysiert und diskutiert, um zukunftsfähige Lösungsansätze zu schaffen. Ich kann nur einen ersten Erklärungsversuch einer sehr vielschichtigen und komplexen Gemenge- und Gefühlslage wagen.

Nach meinem Empfinden lässt sich bei vielen Menschen, gerade im Osten, eine Veränderungsmüdigkeit feststellen. Viele mussten hier nach der Wende ihr Leben komplett neu organisieren. Vor allem beruflich war bei vielen Menschen eine Neuorientierung nötig, häufig auch mit Zeiten von Arbeitslosigkeit und einer unsicheren Zukunft verbunden. Dann kam die Globalisierung und mit ihr nun die Diskussion über Digitalisierung und Industrie 4.0, all das kann weitere Unsicherheit sowie auch Zukunftsängste hervorrufen und erfordert erneut eine enorme Veränderungsbereitschaft. Die Aufnahme von Geflüchteten empfinden manche dann als weitere Veränderung von Land und Kultur.

Darüber hinaus sehe ich eine emotionale Komponente, die für viele Menschen in Ostdeutschland eine berechtigterweise große Rolle spielt. Es ist eine Sehnsucht nach Zusammenhalt und Anerkennung, nach dem Dazugehören. Die ostdeutsche Geschichte und die Veränderungen, die jeder hier zu spüren bekam, sollte nach 27 Jahren ebenso zur kollektiven Erinnerung gehören, wie die westdeutsche Geschichte. Doch häufig wird letztere als bestimmend empfunden und so hat man als Ostdeutscher das Gefühl in diesem Land nicht im gleichen Maße angekommen zu sein und mit seiner Biografie wertgeschätzt zu werden.

Dies sind lediglich zwei Ansatzpunkte meines Erklärungsversuches der aus meiner Sicht sehr komplexen Lage, in der sich das Land gerade befindet. Die Fragen, die wir beantworten müssen, liegen tiefer, als dass man glauben könne, bereits wenige Tage nach der Wahl eine Antwort zu kennen und diese sogleich mit Forderungen nach personellen Konsequenzen zu verbinden. Das halte ich für naiv.