Start Vogtland 110 - Kein Anschluss unter dieser Nummer!
Artikel von: Sven Günther
11.07.2018

110 – Kein Anschluss unter dieser Nummer!

283 Anrufe erreichten die Chemnitzer Polizei 2017 täglich über die Nummer 110. Pro Jahr wurden 103.525 Notrufe gezählt. In Zwickau klingelte es im letzten Jahr 52.739 Mal, weil Anrufer die 110 gewählt hatten. Doch tausende Telefonate gehen dabei “verloren”. Symboldbild: pixbay.com

6734 Mal kein Anschluss unter 110

Von Sven Günther
Chemnitz/Zwickau. “Sie haben den Notruf der Polizei gewählt. Sie werden verbunden”. Wählt man die 110, hört man nach spätestens zehn Sekunden diese Ansage, hat fünf Sekunden später einen Polizisten am Apparat. In 6734 Fällen im Jahr 2017 allerdings nicht…

Wer die 110 wählt, bekommt ganz sicher Hilfe, glaubt man. Jeden Tag passiert das in der Leitstelle der Polizeidirektion Chemnitz 283 Mal, elfmal pro Stunde, 103.525 Mal im Jahr 2017. Bei der PD Zwickau waren es 2017 täglich 144 Telefonate über die 110, immerhin sechs jede Stunde.

Doch nicht jeder Anrufer, der die 110 wählt, bekommt auch Anschluss unter dieser Nummer. Das geht aus der Antwort des sächsischen Innenministers auf eine Kleine Anfrage des Dresdner Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) hervor.

Valentin Lippmann (MdL, Bündis 90/DIE GRÜNEN). Foto: DIE GRÜNEN

2017 wurden von der PD Zwickau 3802 Notrufe nicht angenommen, 2018 waren es bis zum 31. Mai 1235. In Chemnitz waren es 2.932 im Jahr 2017 und 1.327 Anrufe über die 110 bis Juni 2018.

Dabei werden vom System nur Anrufe erfasst, bei denen die Verbindungen mindestens 9,5 Sekunden gehalten wird. Valentin Lippmann: “Ich finde die Zahlen ziemlich erschreckend, da ich bislang davon ausgegangen bin, dass ich beim Wählen des Notrufs 110 schnell in Kontakt mit der Polizei komme. Die Zahlen belegen, dass das in bis zu zehn Prozent der Fälle (PD Dresden, d. Red.) nicht der Fall ist. Warum das so ist, weiß ich leider nicht.”

Eine Nachfrage bei der Polizei erklärt die nicht angenommenen Notrufe. Jana Ulbricht aus der Pressestelle der PD Chemnitz: “Bei der Vielzahl der eingehenden Anrufe kann es vorkommen, dass ein Notruf nicht angenommen werden kann, weil die Kollegen schon in Gesprächen sind. Diese Nummern werden dann aber zurückgerufen. Das funktioniert aber nicht immer, weil die Anrufer in einigen Fällen nicht ans Telefon gehen.”

So sieht es auch Christian Schünemann, Pressesprecher der PD Zwickau: “Es kann dazu kommen, dass alle Sachbearbeiter sich gerade im Gespräch befinden. Dann erhält der Anrufer kein Besetztzeichen. Es klingelt weiter bis der Anruf abgebrochen oder angenommen wird. Legt der Anrufer auf, wird dies als entgangener Notruf gewertet. Unsere Sachbearbeiter im Führungs- und Lagezentrum haben den Auftrag, bei den nicht angenommenen Notrufen den Anrufer zurückzurufen. Dies wird auch so umgesetzt, wobei ankommen Notrufe Vorrang vor den Rückrufen haben.”

Jana Ulbricht nennt eine weitere Erklärung: “Die meisten Notrufe, die nicht angenommen werden, sammeln sich bei Großereignissen. So waren es bei den Unwettern am 29. Oktober und 18. Januar insgesamt 427 Anrufer, die sich über die 110 gemeldet hatten, aber keine Verbindung bekamen.”

Sie appelliert an die Vernunft der Menschen. “Es ist wichtig zu unterscheiden, ob es sich tatsächlich um einen Notfall handelt oder man sein Problem nicht besser mit dem Polizeirevier klären sollte. Falsch geparkte Autos oder lärmende Nachbarn sind kein Fall für die 110”, so Jana Ulbricht und gibt noch einen Hinweis. “Wer in einem Notfall die 110 wählt, sollte in jedem Fall so lange am Telefon bleiben, bis er mit einem Beamten verbunden ist. Es nützt nichts, aufzulegen und neu zu wählen, weil man dann im System wieder am Ende einer möglichen Warteschleife landet.”