Start Zwickau „Toleranz muss von beiden Seiten kommen“
Artikel von: Redaktion
20.11.2015

„Toleranz muss von beiden Seiten kommen“

Von den Fördergeldern werden vor allem Projekte zum Thema Asyl gefördert. Darunter fallen auch die Willkommensfeste in der Asylunterkünften. Foto: Alice Jagals/ Archiv
Von den Fördergeldern werden vor allem Projekte zum Thema Asyl gefördert. Darunter fallen auch die Willkommensfeste in den Asylunterkünften. Foto: Alice Jagals/ Archiv

Zwickau. Seit einem halben Jahr läuft das bundesweite Projekt „Partnerschaft für Demokratie“, an dem sich auch die Stadt Zwickau beteiligt. Vereine, Schulen und weitere nicht staatliche und gemeinnützige Organisationen können hierbei mitwirken, unter anderem auch bei der Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Am Donnerstagabend, 19. November, fand ein lockeres Treffen in Form eines Beratungssalons statt, um erste Eindrücke von der Projektarbeit auszutauschen.

Konnten für 2015 insgesamt 30.000 Euro für diverse Projektarbeiten beantragt werden, so sind es im kommenden Jahr bereits 40.000. Insgesamt neun Projekte haben die Zwickauer auf die Beine gestellt. Sieben davon sind in den Bereichen Flucht und Asyl einzuordnen. Der größte Batzen verschlang das Bürgerfest am 3. Oktober am Mulde Paradies.

7.000 Euro können noch schnell verplant werden
Nun sind es sogar noch weitere 7.000 Euro, die für weitere Projekte in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Der Grund: Das Geld ist von anderen Städten übrig und wird nun wieder neu verteilt. Voraussetzung: Die Projekte werden auch noch in diesem Jahr umgesetzt.

„Wir schaffen das“ nicht ohne Ehrenamtliche
Die Veranstaltung im Alten Gasometer war recht überschaulich, doch gerade so gut, um miteinander ins Gespräch zu kommen. So waren Mitarbeiter der Polizei und Kirche ebenso vertreten wie Sozialarbeiter und schlichtweg Ehrenamtliche. Und genau hierbei wurde schnell klar: Ohne die zahlreichen Ehrenamtlichen scheint der Weg zum „Wir schaffen das“ mehr steinig. Sie sind es, die neben Job und Familie ihre Zeit opfern, um die Flüchtlinge und Asylbewerber in erster Linie bei uns in Deutschland bzw. in Zwickau integrieren. Eine junge Mutter organisiert unter anderem Gottesdienste in Planitz (crossculture Zwickau) und Babypartys im Mütterzentrum. Und vor allem: Sie spricht immer wieder mit den Menschen, um sie und ihre Einstellung und Kultur zu verstehen. Das sei ihr ein Bedürfnis. Schließlich ist auch sie gebürtige Brasilianerin. „Aber es muss von beiden Seiten kommen“, betont sie. Etwa 60 Prozent der Kirchgänger seien Muslime. Doch die taffe Frau hat einst nicht einmal die Aussage abgeschreckt, als ein Moslem meinte, dass es nicht so schlimm für ihn sei, dass sie Christin ist. Wäre sie ungläubig hätte er ein Problem damit. Genau hier will sie ansetzen. Den Leuten erklären, wie wir hier leben und dass man das so akzeptieren und verstehen muss. Allerdings überkommt sie Unmut, wenn sie an die mangelnde Anerkennung seitens der Politik denkt. Denn eine Aufwandsentschädigung bzw. Entlohnung für all die ehrenamtlichen Stunden erhält sie nicht.

Willkommenskultur allein reicht nicht
Dass es derzeit nicht an Ehrenamtlichen mangelt, kann auch von Seiten der Kirche nicht bestritten werden. Dennoch sei es mit der Willkommenskultur allein nicht getan. Bei der Menge an Menschen komme man irgendwann nicht mehr weiter. Allein die Schulen hätten nicht die Ressourcen, die Kinder zu integrieren. Allerdings wäre das bei Kindern noch das geringste Problem. Sie lernen unbefangen Neues aus ihrem Umfeld. Die Präventionsarbeit in den Zwickauer Schulen werde über die Sächsische Bildungsagentur koordiniert, was sehr gut funktioniere. Auch die Polizei leistet dahingehend Präventionsarbeit. Im derzeitigen Prozess sehen die Mitarbeiter eine sehr gute Chance, Integration in der Praxis zu lernen. Schwieriger wird es bei Jugendlichen und vor allem Erwachsenen. Persönlicher Kontakt wäre auch hier immer das Beste. Bei Familienzuzug gibt es hier nicht die große Befangenheit, vielmehr allerdings bei den allein reisenden Männern. Doch auch sie müssen an die Hand genommen werden. Vereine könnten hier viel bewirken.

Gefährlich sahen die Teilnehmer hingegen die Unsicherheit und teilweise auch die Unwissenheit über einander. Also zum einen die, der Asylsuchenden und derer, die die Zuwanderung kritisch sehen. Auch die sogenannten Asylgegner müssen zu Wort kommen können. Am besten mit den zahlreichen Helfern und den Asylbewerbern selbst. Die derzeit am Samstag durchgeführten „Spaziergänge“ in Zwickau werden von der Polizei nicht als bedenklich angesehen. aj

Service

Sie wollen sich mit ihren Ideen einbringen? Die entsprechende Förderrichtlinie und ein Antragsformular sind auf der Internetseite des Demokratiebündnisses http://www.zwickauer-demokratie-buendnis.de unter der Rubrik „ZPfD“ zu finden.

Die Fach- und Koordinierungsstelle befindet sich im Soziokulturellen Zentrum Alter Gasometer, Kleine Biergasse 3, im Koordinierungsbüro des Bündnisses für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region.