Start Erzgebirge Asyl: Frau Bundeskanzlerin, helfen Sie uns!
Artikel von: Sven Günther
12.10.2015

Asyl: Frau Bundeskanzlerin, helfen Sie uns!

Landrat Frank Vogel schrieb an Bundeskanzlerin Angela Merkel

Landrat fordert Erlass neuer Richtlinien!

Von Sven Günther
Erzgebirge. Hilferuf aus dem Erzgebirgskreis! Weil der Zustrom von Asylbewerbern immer mehr zum Problem für die Landkreise und Kommunen wird, schickte Frank Vogel (CDU), der Landrat des Erzgebirgskreises, am 8. Oktober nach Antrag der CDU und der Freien Wähler und auf Beschluss des Kreistages einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er fordert einen Erlass von Richtlinien zur Aufnahme, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen.

Hier der Brief im Wortlaut:
„Die Zahl der Deutschland aktuell erreichenden Flüchtlinge ist in den letzten zwölf Monaten drastisch angestiegen. Das in unserem Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl, politisch Verfolgten vorübergehend oder dauerhaft eine Heimat zu geben, erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Kriegs-, Bürgerkriegs- oder Wirtschaftsflüchtlinge. Die auf dieser Norm aufbauende Gesetzes- und Verwaltungsordnung unseres Landes und Bundes geht daher von einem Sachverhalt aus, der dem Aktuellen deutlich nicht mehr entspricht. Politisch Verfolgte meint im Grundgesetz Menschen, die aufgrund ihrer politischen Gesinnung, Religion oder Weltanschauung in ihrer Heimat verfolgt werden – es geht um einzelne Verfolgte. Die daraus resultierenden Regelungen haben für die Bundesrepublik daher eine Vorstellung der Zuflucht Einzelner vor Augen, keinesfalls den Zustrom von einer Million Menschen pro Jahr.

Aus diesem Grunde kann die Gesetzes- und Verwaltungslage, die eben bei Erlass dieser Normen ein völlig anderes Szenario unterstellte, als dies augenblicklich der Fall ist, für die derzeitige Situation nicht ausreichen.

Wir erleben derzeit das ungeordnete Ankommen unterzubringender Menschen, fehlende Unterbringungskapazitäten, planlose Versuche, Kinder ohne Kenntnisse der deutschen Sprache sowie ohne Lese- und Schriftkenntnisse in Oberschulen am regulären Unterricht teilnehmen zu lassen. Wir erfahren über Fernsehen und Rundfunk, dass in Zügen teilweise unkontrolliert Menschen in unser Land einreisen und Städte wie München oder Länder wie Bayern durch ihre gewählten Repräsentanten bekunden, der Situation nicht mehr gewachsen zu sein.

Dieser Flüchtlingsstrom ist keine Katastrophe. Zum einen deshalb nicht, weil um Hilfe bittende Menschen diese Bezeichnung nicht verdienen, zum anderen deshalb nicht, weil die Bundesregierung in den vergangenen Monaten medial deutliche Signale in die Welt versandt hat, die von vielen Menschen durchaus als Einladung verstanden werden konnte, nach Deutschland zu kommen und hier Hilfe zu erhalten.

Sicherlich steht der Bundesregierung ein weiter Ermessensspielraum bei der außenpolitischen Darstellung zu – allerdings ist es auch ihre Aufgabe, daraus erwachsende innenpolitische Komplikationen, die deutlich absehbar waren, durch flankierende Maßnahmen einer Lösung zuzuführen.

Der Kreistag fordert daher ein Regelungspaket, das Stellung bezieht zu den dringlichsten kommunalen Aufgaben, nämlich Unterbringung, Beschäftigung sowie Schulbesuch der unterzubringenden Menschen. Die Bundesregierung soll dabei auch deutlich zum Ausdruck bringen, ob und mittels welcher Maßnahmen die Kommunen die Integration der Flüchtlinge fördern sollen. Insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der allgemein schwierigen kommunalen Haushaltslage ist es unerlässlich, dass auch die Kostenerstattung geregelt wird.

Der Kreistag erklärt, dass er grundsätzlich über die Gewährung von Asyl hinaus auch die Aufnahme von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen als nationale Aufgabe ansieht und deren Bewältigung im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsordnung ausdrücklich unterstützt. Allerdings bedeutet es eine unzumutbare Konstellation, wenn die Bundesregierung weit über die grundgesetzlichen Regelungen hinaus Menschen mit Hoffnung auf dauerhaftes Bleiben in Deutschland zum Zuzug motiviert und die daraus folgenden Problemlagen in den Kommunen zu einem immer größer werdenden Teil faktisch der ehrenamtlich tätigen Bürgerschaft überantwortet werden bzw. wo diese das nicht mehr leisten kann, Flüchtlinge sich selbst überlassen bleiben.

Wer das grundgesetzliche Asylrecht zu einer tatsächlichen unkontrollierten Zuwanderung verkehrt, muss auch das übrige Regelungswerk und die finanziellen Folgen bedenken und vor allem regeln.

Der Kreistag sieht auch die demografische Entwicklung im Erzgebirge und den künftigen Bedarf an Facharbeitern. Gerade vor diesem Hintergrund ist es allerdings notwendig, hier ankommende Flüchtlinge, soweit geeignet, zeitnah in Qualifizierung und Beschäftigung zu bringen. Unsere Region ist glücklich darüber, in den letzten Jahren deutliche Rückgänge in der Arbeitslosigkeit verbuchen zu können. Wir sehen es als deutliche Gefahr sozialen Sprengstoffes an, Menschen, die ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben, hier ohne Beschäftigung von Tag zu Tag leben zu lassen, bzw. Kinder am Schulunterricht teilnehmen zu lassen, ohne dass sie eine realistische Chance auf Lernen haben, weil sie der Sprache nicht mächtig sind und die Schulen nicht über Lehrpersonal verfügen, das diese Aufgabe zusätzlich bewältigen kann.

Wir sind der Überzeugung, dass Integration nicht angeordnet werden, sondern nur dann gelingen kann, wenn unsere Mitbürger erleben, dass Bund, Länder und Kommunen die Aufgabe gemeinsam koordiniert lösen, Ressourcen im Voraus geplant und zur Verfügung gestellt werden und klare Ziele definiert werden.

Davon sind wir derzeit ein gutes Stück entfernt. Fehlende Regelungen einerseits, stetig steigende Zuwanderungszahlen andererseits und faktisch unkontrollierte Einreise in unser Land stellen ein Informationsgemisch dar, das die Menschen vor Ort verunsichert und damit Ängsten Vorschub leistet. Ein solches politisches Klima begünstigt erfahrungsgemäß die äußeren außerhalb der politischen Mitte tätigen Kräfte und gefährdet damit den inneren Frieden unserer Bürgerschaft. Die hier lebenden Menschen haben, sofern alt genug, vor 25 Jahren den Zusammenbruch eines Staates über Nacht erlebt, der einige Tage zuvor noch Ewigkeitsanspruch erhoben hatte. Möglicherweise sind die Menschen, die im Ostteil unserer Heimat lebten, dadurch stärker sensibilisiert und zugänglicher für Ängste vor solchen Konstellationen. Diesen Ängsten begegnen wir am nachhaltigsten dadurch, dass die Bürgerschaft eben konzertiertes Vorgehen aller staatlichen Bereiche und klare Strukturen erlebt.

Antrieb dieses Beschlusses ist unsere Liebe zu unserer Heimat und unsere Zufriedenheit mit dem, was unser Volk im Kreise unserer europäischen Nachbarn und Freunde geschaffen hat. Wir sorgen uns darum, all das Erreichte und gerade auch den europäischen Zusammenhalt gefährdet zu sehen. Wir sind zuversichtlich, dass es gelingt, das Vertrauen unserer Bürgerschaft zu stärken und auch zurück zu gewinnen.“