Start Erzgebirge Asylbewerberheim in Hüttengrund geöffnet
Artikel von: Sven Günther
14.09.2015

Asylbewerberheim in Hüttengrund geöffnet

So wohnen die Asylbewerber in Hüttengrund. Wenn möglich sollen Familienangehörige zusammen untergebracht werden. Fotos: Jana Kretzschmann

Ein Tropfen auf den heißen Stein!

Von Sven Günther und Jana Kretzschmann
Erzgebirge. Im Landratsamt des Erzgebirgskreises richtet man sich darauf ein, dass in diesem Jahr 3600 Asylbewerber aufgenommen werden müssen. “Das Ganze ist eine riesengroße Herausforderung für uns alle. Positiv zu werten sind die zahlreichen Unterstützungen von engagierten Bürgern unseres Landkreises, immer im Fokus, den Menschen den Einstieg in ihr neues Leben ein Stück weit  erleichtern zu wollen”, so Landrat Frank Vogel.
Wie es mit den Unterbringungen weitergehen wird, sieht auch er mit Sorge: “Wir bekommen die Aufgabe zugewiesen, haben sie zu erfüllen. Zuerst wird weiterhin geprüft, inwieweit dies in landkreiseigenen Immobilien erfolgen kann. Ist das erschöpft, werden wir Sporthallen in Augenschein nehmen müssen. An Zelten brauchen wir in unserer Region angesichts des bevorstehenden Winters nicht zu denken. Weiterhin könnten Containerlösungen zum Tragen kommen. Außerdem wird privaten Angeboten Augenmerk geschenkt”, so der Landrat weiter. Auf die Frage, ob etwas dran wäre, dass in Zschopau die Volkshochschule sowie die Musikschule  zugunsten ankommender Flüchtlinge geräumt werden sollen, entgegnete er: “Ich gebe keine Antwort mehr auf Gerüchte”.

In wie weit die beschlossenen Grenzkontrollen zu einer Abschwächung des Zustromes von Asylbewerbern führen, kann noch nicht eingeschätzt werden.

Fest steht, dass man im Landratsamt im Moment davon ausgeht, dass die Unterbringung von 2200 Asylsuchenden trotz aller Bemühungen nicht gesichert ist. Darum werden ständig Wohnungsangebot geprüft, Immobilien gesichtet. Auch der Containerstandort in Jahnsdorf und die Gemeinschaftsunterkunft in Johanngeorgenstadt bleiben weiter im Blickfeld. Vogel: “Es gibt in den Kommunen rein rechnerisch 3300 leerstehende Wohnungen, deren Qualität aber sehr unterschiedlich ist. Darum werden wir in kurzer Zeit Gemeinschaftsunterkünfte schaffen müssen.” Dabei soll möglichst eine Grenze von 150 Personen nicht überschritten werden.

Aktuell sind 1400 Asylsuchende in Wohnungen untergebracht, 583 in den Gemeinschaftsunterkünften. Die Kosten: 8700 Euro je Asylbewerber pro Jahr. Bislang sind vom Freistaat Sachsen 7600 Euro vorgesehen. Landrat Vogel: “Ich fordere eine Ist-Abrechnung, eine Übernahme der tatsächlichen Kosten.” Erste Schritte sind getan: Für 2015 und 2016 stehen je 30 Millionen Euro bereit, dazu kommen 175 Millionen Euro für Investitions-Maßnahmen im Zusammenhang mit den Asylbewerbern. Vogel: “Wir rechnen für den Kreis in diesem Jahr mit einem Defizit von 4,5 Millionen, im nächsten mit 12 bis 13 Millionen Euro.” Vorausgesetzt, die Entwicklung ändert sich nicht gravierend. Einsparungen an geplanten Investitionen werden ausgeschlossen, weil man davon ausgeht, dass die Kosten von Bund und Land übernommen werden.

Kosovo vor Syrien – Nur elf anerkannte Asylbewerber im Landkreis

Nach wie vor kommen die meisten Asylbewerber, die im Erzgebirgskreis leben, vom Balkan. Kosovo führt die Liste an, gefolgt von Syrien, Albanien, Libyen und Serbien. Der Landrat: “Oft ist es so, dass die Menschen den Erzgebirgskreis verlassen, wenn sie ihren Asylantrag genehmigt bekommen haben. Aber inzwischen gibt es auch immer mehr, die hier bleiben wollen.” Laut der Antwort auf eine Anfrage der AfD-Kreistagsfraktion, leben derzeit allerdings nur elf Menschen mit einem genehmigten Asylantrag im Erzgebirgskreis. 510 sind da, deren Antrag abgelehnt worden ist.

Die Statistik des Landratsamtes gibt Auskunft, woher die Asylbewerber im Erzgebirgskreis kommen. Grafik: Agentur ERZart
Die Statistik des Landratsamtes gibt Auskunft, woher die Asylbewerber im Erzgebirgskreis kommen.
Grafik: Agentur ERZart

 

Platz für 100 Asylbewerber in Hüttengrund

Am Wochenende wurde das Asylbewerberheim in Hüttengrund geöffnet. Frisch saniert, vom Keller bis ins Dachgeschoss – aufgeteilt in 34 Bewohnerzimmer, sechs Gemeinschaftsküchen, einen  Quarantäneraum, einen Waschmaschinenraum und zwei Gemeinschaftaufenthaltsräumen – wurde das ehemalige Obdachlosenheim, Hüttengrund 8, jetzt seiner neuen Bestimmung als künftige Asylbewerberunterkunft übergeben. Vergangenen Samstag hatten interessierte Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, das Gebäude vor seiner Belegung in der 38. KW (Nationen unbekannt), zu besichtigen.

 

Schon vor Öffnung der Türen standen die Leute auf der Straße in langer Schlange.
Schon vor Öffnung der Türen standen die Leute auf der Straße in langer Schlange.

Obwohl dafür nur zwei Stunden – von 11 bis 13 Uhr – vom Landratsamt Erzgebirgskreis festgelegt worden waren, riss der Besucherstrom nicht ab. Dichtes Gedränge auf den Gängen und in den Räumlichkeiten, kontroverse Diskussionen auf allen Etagen, auch der dazugehörige Spielplatz wurde unter die Lupe genommen.
Während einerseits Meinungen wie: “Fast wie im Knast, aber zweckmäßig” oder “Hier möchte ich keine 24 Stunden bleiben”, aufkamen, wurden andererseits Stimmen wie: “Warum kommen nicht mehr gebrauchte Möbel, Geschirr etc. zum Einsatz?, Luxus hat hier nichts verloren” laut.
Fakt ist: Laut Vorschrift müssen jedem Asylbewerber ein Bett, ein Schrank, ein Stuhl, Tisch und Kühlschrank zur Verfügung stehen.

Einrichtung und Unterbringung
Die Zimmer wurden so eingerichtet, dass Familien bzw. Gruppen, weitestgehend zusammen bleiben können. Die Betten, zum Teil Etagenbetten werden mit je einem Kopfkissen, einer Steppdecke sowie Bettwäsche (Tuch, Bezüge) komplettiert. Zum Waschen und Duschen liegt für jedem Flüchtling Hand-, und Duschtuch bereit. Wassergläser, Teller, Tassen, Töpfe, Pfannen, Besteck etc. sind in den Zimmern vorhanden und müssen zum Kochen mit in die Gemeinschaftsküche genommen werden. Was Ordnung und Sauberkeit angeht, sollen dies die Flüchtlinge künftig in Eigenregie erledigen.

Warum Hüttengrund?
Warum das Objekt, Hüttengrund 8, als Asylbewerberunterkunft dienen soll, ist des derzeitigen Flüchtlingsstroms gen Deutschland geschuldet.  Ziel ist es, den Menschen auch hier Behausungen anzubieten, in denen sie ein Dach über dem Kopf haben, sicher und warm wohnen und sich selbst versorgen können. Das Objekt wurde 2014 vom Erzgebirgskreis erworben, welcher damit als Besitzer fungiert und lt. Gesetz für die Unterbringung von Flüchtlingen zu sorgen hat.
In Hüttengrund kümmern sich zudem ein Heimleiter, ein Haustechniker und eine soziale Betreuung mit 20 Wochenstunden in Regie des diakonischen Werkes Marienberg um die Belange der Neuankömmlinge.