Start Erzgebirge Ausbildung: Fünf Fragen, fünf Antworten
Artikel von: Andre Kaiser
30.06.2021

Ausbildung: Fünf Fragen, fünf Antworten

Sven Schulze, Chef der Annaberger Arbeitsagentur. Foto: André Kaiser

Annaberg-Buchholz. In wenigen Wochen endet ein, bedingt durch die Corona-Pandemie, ungewöhnliches Schuljahr. Für viele junge Menschen beginnt dann mit dem Eintritt ins Berufsleben ein neuer Lebensabschnitt. Gute Voraussetzungen für den Start bieten dabei derzeit knapp 800 unbesetzte Ausbildungsstellen – für die Berufsberater der Annaberger Arbeitsagentur eine Herausforderungen. Wo jetzt die Prioritäten liegen, unter anderem darüber sprachen wir mit Arbeitsagentur-Chef Sven Schulze.

WochenENDspiegel:
Ein Ausbildungsvertrag für jeden Schulabsolventen im Erzgebirge bis zu den Sommerferien: Hand aufs Herz! Ist das ein realistisches Ziel?

Sven Schulze:
Bis zu den Sommerferien werden noch nicht alle Jugendlichen ihren Traumberuf gefunden haben, aber unser Ziel für das aktuelle Ausbildungsjahr ist klar definiert: Keiner darf auf der Strecke bleiben.
Es muss uns gelingen, den Berufsstart für Jugendliche auch 2021 sicherzustellen Ein Ausbildungsplatz ist die sicherste Garantie für eine berufliche Laufbahn. Mit Blick auf die Demografie gehen dem erzgebirgischen Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren tausende Beschäftigte verloren. Die Nachwuchssicherung bleibt elementar für den Wirtschaftsstandort und die Attraktivität des Erzgebirges.

WochenENDspiegel:
Kein Schulunterricht, kein persönlicher Kontakt zu den Jugendlichen, keine Präsenzmessen zur Berufsorientierung. Die letzten Monate waren sicher für ihre Berufsberater schwer. Wie konnten Sie dennoch die Jungen und Mädchen erreichen?

Sven Schulze:
Die Berufsberater*innen haben den Kontakt zu den Schüler*innen aufrecht gehalten und waren über die ganze Zeit telefonisch, per Video, online und auch schriftlich erreichbar. Im Einzelfall waren auch persönliche Gespräch möglich. Auch die gute Zusammenarbeit mit den Partnern an den Schulen (Klassenlehrer, BO-Lehrer, Praxisberater und Schulsozialarbeiter) und die Aktivitäten in den Fachkräfte-Netzwerken hat dazu beigetragen, die Schüler zu erreichen und zu beraten. Als wichtige Ratgeber für die Berufswahl wurden auch die Eltern über digitale Formate (digitale Elternstunde) eingebunden.

WochenENDspiegel:
Nun scheint sich ja die Infektionslage deutlich zu entspannen. Bis zu den Sommerferien ist jedoch nicht mehr viel Zeit. Greifen Sie jetzt noch einmal an?

Sven Schulze:
SELBSTVERSTÄNDLICH, darauf liegt in den kommenden Monaten unser Fokus. Wir haben im Juni den „Sommer der Berufsausbildung“ * gestartet und werden unsere Ressourcen nutzen, den bislang noch unversorgten Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten. Auch die Unterstützung der Arbeitgeber bei der Besetzung ihrer offenen Ausbildungsstellen bleibt für unseren Arbeitgeberservice Schwerpunkt.
Durch die sinkenden Inzidenzwerte können die Berufsberater*innen auch wieder an den Schulen präsent sein und bieten dort sofort Sprechzeiten für die Schüler*innen an, die bislang noch ohne Ausbildungszusage sind.

* Der „Sommer der Berufsausbildung“ ist eine gemeinsame Initiative der Allianz für Aus- und Weiterbildung, in der sich alle Partner von Juni bis Oktober durch Themenaktionstage und -wochen sowie Veranstaltungen gezielt für duale Berufsausbildungen einsetzen.

WochenENDspiegel:
Und in welchen Berufen hat man im Moment noch besonders gute Chancen, in diesem Jahr einen Ausbildungsvertrag zu bekommen bzw. wo ist es aussichtslos?

Sven Schulze:
Aktuell bietet der Einzelhandel, die Metallbranche und die Pflege gute Chancen. Gleiches gilt für Elektroniker, Bäcker und die gesamte Bandbreite der Gastronomie (Köche, Kellner, Servicekräfte).
Ein Gespräch beim Berufsberater gibt Aufschluss über die aktuell noch 794 offenen Ausbildungsmöglichkeiten.

WochenENDspiegel:
Ein Fallbeispiel: Klassensprecherin Mandy (Name frei erfunden) hat die Realschule mit Bravour gemeistert, bekam durch die Bank gute Noten. Sie weiß, ihr schulischer Weg endet in wenigen Wochen, da weder Abitur noch Studium für sie infrage kommen. Über eine Ausbildung oder ein FSJ konnte sie sich bisher auch noch keine Gedanken machen. Jetzt steht sie da und weiß nicht, wie es weiter geht. Was würden Sie diesem Mädchen raten?

Sven Schulze:
Nach unserer Erfahrung dürfte es ein solches Beispiel nicht geben, denn diese Schüler entwickeln meist selbst einen Plan für ihre berufliche Laufbahn. Wer aber aktuell noch Beratungsbedarf hat und noch ohne Ausbildungszusage ist, sollte umgehend einen Termin bei der Berufsberatung vereinbaren.
Der schnellste Weg: Den Berufsberater über die Website der Jugendberufsagentur Erzgebirge kontaktieren.