Start Zwickau Balladen-überwiegendes tolles Konzert
Artikel von: Redaktion
21.11.2016

Balladen-überwiegendes tolles Konzert

Die Frontleute von Gleis 8 - Timo Dorsch, Sängerin AnNa R und Manne Uhlig (dr) - werden wohl damit leben müssen, oft mit Rosenstolz in Verbindung gebracht zu werden.  Foto: tsc
Die Frontleute von Gleis 8 – Timo Dorsch, Sängerin AnNa R und Manne Uhlig (dr) – werden wohl damit leben müssen, oft mit Rosenstolz in Verbindung gebracht zu werden. Foto: tsc

Zwickau. Nachdem das im Frühjahr schon lang ersehnte Konzert von AnNa R. und ihrer neunen Band Gleis 8 sehnsüchtig erwartet und dann kurzfristig wegen eines Bandscheibenvorfalls des Drummers beim Technikausladen verschoben werden musste, war es nun soweit. Somit bekamen der Tournee- und CD-Titel sowie das Konzertdatum einen mehrfachen Sinn – „Endlich“!

Gut 600 Gäste hatten sich vergangenen Sonntag „am Neue Welt-Gleis“ eingefunden, um AnNa R. und ihre neue Band live zu erleben. Spannung und Vorfreude waren förmlich zum Greifen. Wie würde sich die Berlinerin, die über gut zwei Jahrzehnte auch mit ihrer Stimme Rosenstolz einen festen Platz in den deutschen Charts garantierte, mit Gleis 8 präsentieren? Wie gewohnt! Ihre tiefe kraftvolle, eben unverwechselbare Stimme ist nach wie vor präsent und kommt insbesondere in den das Profil dieser Band überwiegend dominierenden Balladen noch bemerkenswerter zur Wirkung. Es scheint also alles beim Alten, außer dass die Frontfrau etwas fülliger geworden ist, was die „ehemaligen Rosenstolz-“, „ewigen AnNa R-“ oder „begeisterten Gleis“-Fans zwar verwundert, allerdings auch egal ist. Die Art der Musik und diese urige Stimme zählen.

So wird Andrea Natalie Neuenhofen auch gebührend empfangen. Beifallsteppich, Blumen, durch die Luft schwingende Hände, eigenständiger oder geforderter Chor, sich wiegende Körper (denn das Stehkonvent lässt im Parkett noch ausreichend Platz zum Tanzen) – die immerhin schon 46-Jährige fühlt sich wohl. Relativ flott (Wach auf) kommt die erste Nummer des Abends, der nur wenige wirklich poppige folgen. Timo Dorsch (an den Tasten und als „zweiter Schlagwerker“) und Manne Uhlig (dr) geben den Takt vor, müssen wie alle anderen Background-Musiker (Gitarrist Jürgen Scholz bei „Zeit“) die Saxophonparts des verstorbenen Lorenz Allacher kompensieren. Da werden mit Alberto Sanchez an der Harfe auch manche Titel verständlicherweise „getragener“. Ein „Trommelaufmarsch“ (Eine Sekunde) a la Rosenstolz scheint nach einigen Stücken aus den ersten beiden Gleis-Alben doch ein stilles Fortleben altbewährter Stilmitteln in Erinnerung rufen zu wollen – was den sich ständig aufdrängenden Vergleich erzwingt. Dabei ist Gleis 8-Musik durchgängig gemütsnäher. Manch Titel lässt zwar hoffen, jeden Moment „richtig loszugehen“, wird aber kurz davor eingefangen. Meist auf einem Hocker sitzend, landet der Song (Wer ich bin; Du lachst mich aus; Ich lieb dich nicht; Dunkelrot) tief im Seelenleben und erhält brandenden Applaus. So die Rammstein-Cover-Version „Engel“, die zwar von der ursprünglichen Härte nichts mehr hat, aber eben genau diesen irgendwie einmaligen Rosenstolz-Gleis 8-, diesen AnNa R.-Sound. Erst Recht nach drei Zugaben (Lass mal probieren; Geh nicht; Lied zum Schluss) ist endgültig klar: Eine zweifelsohne beeindruckende Sängerin ist bei Titeln mit tiefgehenden und echten Gefühlen am besten aufgehoben. tsc