Start Zwickau Beweg was in deiner Stadt
Artikel von: Redaktion
15.10.2015

Beweg was in deiner Stadt

Zwickau. Wie war das? Die Jugend ist faul und interessiert sich nur für ihren eigenen Kram? Faul ist sie gewiss nicht und dass jede Altersgruppe ihre eigenen Interessen hat, ist doch völlig normal. Man will den Zwickauer „Jungspunden“ nun sogar ein Sprachrohr geben – auch wenn es dazu Jahre gedauert hat.
Wie das aussehen könnte, soll jetzt erarbeitet werden. Der Stadtrat gab in seiner jüngsten Sitzung mit lediglich zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen seine Zustimmung zur Unterstützung auf diesen Weg dahin. Ein Konzept soll im April stehen.

Nimmt die Jugend bald Platz im Rathaus ein? Wenn es nach Tina Krüger geht, dann ja. Nun gilt es, alles Kräfte zu bündeln, um nach einem jahrelangen Kampf ein Jugendgremium zu gründen.  Foto: Alice Jagals
Nimmt die Jugend bald Platz im Rathaus ein? Wenn es nach Tina Krüger geht, dann ja. Nun gilt es, alles Kräfte zu bündeln, um nach einem jahrelangen Kampf ein Jugendgremium zu gründen.
Foto: Alice Jagals

Doch schon ein erstes Treffen Ende August dieses Jahres im Alten Gasometer zeigte, dass die Lust auf Mitbestimmung unter den Jugendlichen recht begrenzt ist. Zwar waren alle Stühle besetzt, allerdings vordergründig von Mitgliedern anderer Jugendparlamente der umliegenden Städte, die ihre Erfahrungen weitergeben konnten. „Ich sehe kaum neue Gesichter. Hier fehlt einfach der Pepp. So bewegt man doch nichts und schon gar nicht die Jugendlichen“, so das Resümee von Tina Krüger, einer 18-Jährigen Zwickauerin.
Laut Koordinator Matthias Bleyl habe man die Information, dass ein erstes Orientierungstreffen stattfindet, an alle Schulen verschickt. Wie die Schulleitung damit umgegangen ist, habe man allerdings nicht verfolgt.

Immerhin: Die Jugendlichen, die am besagten Tag im Alten Gasometer waren bemängelten unter anderem einen fehlenden Informationsfluss, zu wenig Jugend-Angebote.
Das muss anders gehen. „Bei einem Folgetreffen müssen die Schülersprecher darüber informiert werden. Auch eine Mitteilung in den Schülerzeitungen halte ich für wichtig“, meint Tina, die seit dem Wintersemester Europastudien in Chemnitz studiert.

Doch wer sollen die Jugendlichen überhaupt sein, die sich zu einem Gremium bilden? Und an wen genau können sich die Jugendlichen wenden?
Die Beschlussvorlage verrät darüber nicht viel. Außer, dass sie im Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ etabliert werden und ihnen somit jährlich 5.000 Euro aus dem dort integrierten Jugendfonds  zur Verfügung stehen. Die Netzwerk- beziehungsweise Koordinierungsstelle selbst ist der Verein Alter Gasometer e.V. in dem auch das Bündnis integriert ist. Der Verein sei nun federführend für den Findungsprozess. Mit der Zustimmung aller Parteien – außer der AfD – hat sich jeder Stadtrat zudem bereit erklärt, den Jugendlichen auf diesen Weg dahin zu unterstützen.

Das Nein der AfD
„Die Erklärung ist, dass wir schon damals nicht der Programmbeteiligung zugestimmt haben, da es ausschließlich ein Programm gegen Rechts, aber eben nicht gegen Links ist“, erklärt Frank Forberg, Geschäftsführer der AfD Zwickau. „Das heißt aber nicht, dass wir die Jugendlichen nicht unterstützen würden. Doch wir wollen ihnen nichts aufzwingen. Sie wissen selbst am besten, was sie wollen. Wenn der Stadtrat und damit die Vertreter von Parteien auf sie zukommen, empfinde ich es in dieser Form als aufgesetzt. Dabei sollte die Hilfe Partei unabhängig sein.“

Dass die Jungen und Mädchen selbst entscheiden sollen, wie ihr Weg weiter geht, meint auch Friedrich Hähner-Springmühl (CDU),  der unter anderem bereits über 20 Jahre im Jugendhilfeausschuss des Landkreises tätig ist. Zunächst muss die Form geklärt werden, also ob Jugendparlament, – gremium oder – beirat. Weiterhin muss geklärt werden, in welchen Sitzungen sie ihr Mitspracherecht wahrnehmen können.

„Ich denke, der Kulturausschuss würde sich ganz gut anbieten. In diesem könnten sie als beratende Bürger mit Recht auf Anfragen, aber ohne Stimmrecht, teilnehmen. Aber das ist nur eine Variante“, so der Stadtrat.  Doch auch er sagt: „Werde ich in den nächsten Wochen und Monaten von den Jugendlichen eingeladen, werde ich auch kommen. Diesen ersten Schritt müssen sie allerdings selbst machen.“

Auch René Hahn (DieLinke) setzt sich seit mehreren Jahren mit dem Thema auseinander. Klar, dass auch er sich Gedanken über die Struktur eines soclhen Gremiums gemacht hat: „Die Jugendlichen werden zu den Themen die sie betreffen angehört und können zu Projekten selbst Anträge an den Stadtrat stellen.
Außerdem sollte ihnen ein Budget zur Verfügung stehen, mit dem sie selbstständig kleine Projekte, u.a. zur Begegnung und Mitwirkung, organisieren können. Denn einfach nur über trockene Sitzungen mit viel Bürokratie wird es uns nicht gelingen junge Leute wieder mehr für Politik zu begeistern.

Und was will die Jugend eigentlich?
„Eine Mitspracherecht im Stadtrat ist sicherlich utopisch“, meint die 18-jährige Tina Krüger. Auch, wenn sie seit einem Jahr Mitglied in der CDU Zwickau-Mitte ist, sieht sie Parteidenken bei der Jugend als nicht empfehlenswert. Ein Gegeneinander wie bei den „Großen“ sei fehl am Platz.

„Ein Rede- oder auch Anhörungsrecht wäre schön. Ob im Stadtrat selbst oder eben in einen der Ausschüsse sollte das machbar sein. Wichtig ist in erster Linie, dass die Jugendlichen auch mal ernst genommen werden. Wir wollen ein lebendigeres jugendlicheres Zwickau. Für Leute wie mich ist es noch recht einfach, in eine andere Stadt zu ziehen. Wenn wir dort einmal Fuß gefasst haben, ist der Drang zurückzukehren, sicher gering. Darüber sollten sich die Politiker ernsthaft im Klaren sein.“

Leitfaden als Unterstützung
„Der Stadtrat an sich ist sehr kompliziert“, sagt Tina weiter. Schon allein der Aufbau eines solchen Gremiums und selbst die Kenntnis darüber, dass es auch in Zwickau Untergruppen für Jugendliche gibt, wissen die meisten gar nicht“, erzählt sie. Und Tina sollte das durchaus einschätzen können. Sie gibt nämlich auch Seminare an Schulen, in denen sie aufzeigt, welche Rechte und welches Mitspracherecht Kinder und Jugendliche in ihren Schulen haben.

Fazit
In welcher Art auch immer sich ein Jugendbündnis bilden wird, ist klar, dass die jungen Leute an die Hand genommen werden müssen und wollen. „Regelmäßige Gespräche mit der Stadtspitze oder den anderen beiden Bürgermeistern ist daher ein weiterer Wunsch der jungen Studentin. aj