Start Chemnitz Blackbox-Pflicht für alle neuen Autos
Artikel von: Sven Günther
11.01.2024

Blackbox-Pflicht für alle neuen Autos

Sind wird auf dem Weg zum “gläsernen Auto”? Ab Juli wird es eine Blackbox-Pflicht für alle Neuwagen geben. Der Name: Event Data Recorder (EDR). Die Aufgabe: Aufzeichnen aller Fakten vor und nach einem Unfall. Foto: pixabay.com

Wissen “SIE” dank Blackbox bald alles?

Region. Wetten, dass wir bald eine Diskussion über dieses Thema in allen Medien hören, sehen und lesen werden? Ab Juli ist Blackbox für alle Neuwagen Pflicht. Der Name: Event Data Recorder (EDR). Die Aufgabe: Aufzeichnen aller Fakten vor und nach einem Unfall. Gut so, werden die einen meinen. Endlich gibt es keine Zweifel mehr, ob ein Blinker blinkte oder wie hoch die Geschwindigkeit war.

Jetzt wissen “SIE” alles, glauben die anderen. Zwar sollen nur fünf Sekunden vor und 300 Millisekunden nach dem Crash Daten gesammelt werden. Laut Dekra erfolgt das Auslesen der Daten in aller Regel auch nur auf Anordnung eines Richters oder der Staatsanwaltschaft, wobei ein Unfall-Sachverständiger mit der Klärung des Unfallhergangs beauftragt wird. Doch das werden Skeptiker in Frage stellen, von totaler Überwachung sprechen. 

Glaubensfragen in Sachen Blackbox

Es stellen sich Glaubensfragen, die nicht belegbar zu beantworten sind.

Wer ist “SIE”?

Wenn interessiert, wer innerhalb der Legalität wohin fährt?

Warum ein Auto überwachen, wenn man Handys überwachen könnte?

Wer kontrolliert, dass tatsächlich nur vor und nach dem Unfall gespeichert wird?

Wer garantiert, dass die Daten im Auto bleiben und nicht online gezogen werden?

Wie wird das in Zukunft, wenn man theoretisch “in jedes Auto schauen” kann?

ADAC-Fakten zur Blackbox

Die Blackbox zeichnet kontinuierlich die Fahrzeugdaten auf, speichert sie aber erst dann, wenn eine bestimmte Auslöseschwelle überschritten wird, die Sensoren also einen Unfall registrieren oder Umstände, die dazu führen können. Konkret: Der Event Data Recorder springt an, wenn er eine Geschwindigkeitsänderung in Quer- oder Längsrichtung von mehr als 8 km/h innerhalb von 150 Millisekunden registriert, beim Auslösen von Gurtstraffern oder Airbags sowie beim Auslösen einer aktiven Motorhaube. Letzteres wäre bei einer Kollision mit einem Fußgänger der Fall.

Der EDR ist meistens Teil des Airbagsteuergeräts. Dort laufen ohnehin die Informationen von Beschleunigungssensoren zusammen, die für das Auslösen der Airbags relevant sind. Auch der EDR greift darauf zurück.

Schaut “Big Brother” bald in unsere Autos? Fakt ist, dass in alle Neuwagen eine Blackbox eingebaut werden muss. Foto: DEKRA

Welche Daten speichert die Blackbox wo?

Die Blackbox speichert nur die Daten, die im Falle eines Unfalls von Interesse sein können:

Fahrdynamik-Daten vor dem Crash: Geschwindigkeit, Motor-Drosselklappe/Gaspedalstellung, Status der Bremse, Zündzyklus beim Crash, Motordrehzahl, Aktivität von ABS und Stabilitätskontrolle, Lenkwinkel. Fahrdynamik-Daten nach dem Crash: Geschwindigkeitsänderung in Längs- und Querrichtung. Informationen zu Rückhaltesystemen: Anschnallstatus von Fahrer und Beifahrer, Airbag-Warnleuchte, Auslösezeitpunkt der Airbags für Fahrer und Beifahrer (Front, Seite, Curtain-Airbags).

Die Daten werden ausschließlich lokal im Fahrzeug gespeichert, können also nicht via Online-Verbindung “over-the-air” in fremde Hände geraten. Ausgelesen werden die Daten entweder über die OBD-Schnittstelle im Auto oder direkt über das Airbag-Steuergerät, sollte die OBD beim Crash zerstört worden sein.

Wem gehören die Daten der Blackbox?

Die Daten der Blackbox gehören grundsätzlich dem Fahrer bzw. dem Halter. Weil alle Datenschutzgesetze eingehalten werden müssen, dürfen zum Beispiel keine personenbezogenen oder personenbeziehbaren Daten gespeichert werden, zum Beispiel die vollständige Fahrzeug-Identifikationsnummer.

Vor einer Überwachung muss sich ohnehin keiner fürchten, da der EDR nicht dauerhaft Daten speichert und auch nicht jeder ohne Zustimmung des Fahrers/Halters das Recht hat, diese über die OBD-Schnittstelle abzugreifen. Auf der anderen Seite muss den Betroffenen klar sein, dass bei jeder HU-Prüfung oder jedem Werkstatt-Aufenthalt ein Auslesen der EDR-Daten theoretisch möglich ist.

Wer darf wann die Blackbox-Daten auslesen?

Ein beauftragte Sachverständiger kann die Blackbox-Daten auslesen. Die EDR-Daten stellen eine von vielen möglichen Quellen bei der Unfallrekonstruktion dar, die mit fachkundiger Expertise interpretiert und validiert werden. Das Spurenbild am Unfallort, die Lage des Fahrzeugs und deren Deformationen stellen aber meist die Hauptquellen für ein Unfallgutachten dar.

Muss der Fahrer zustimmen?

Es kann sein, dass das Interesse an der Strafverfolgung höher gewichtet wird als das Interesse am individuellen Datenschutz. Dann kann der Fahrer/Halter das Auslesen der Blackbox-Daten nicht verhindern. Dies kann etwa der Fall sein, wenn geklärt werden muss, wie ein Unfall mit Schwerverletzten und Getöteten zustande gekommen ist.