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Artikel von: Sven Günther
25.07.2018

Bruttoverdienst: Erzgebirger ganz hinten

Nach neusten Zahlen des Statistischen Landesamt bekommt ein Arbeitnehmer im Erzgebirge pro Monat 730 Euro weniger als im Bundesdurchschnitt. Symbolfoto: pixabay.com

Pro Monat 730 Euro weniger Bruttoverdienst!

Von Sven Günther
Erzgebirge. 24. 541 Euro! Wenn die Realität zum Wunschgedanken wird…
Die neuesten Zahlen des Statistischen Landesamtes Kamenz belegen: Das Erzgebirge ist bei den Bruttogehältern weiter das Schlusslicht in Sachsen. 24 541 Euro verdiente jeder Arbeitgeber im Jahr 2016. Die Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor, weil u.a. auf die Einkommenssteuer-Daten der Finanzämter zurückgegriffen wird.
Zum Vergleich: Der Durchschnitt in Sachsen liegt bei 28.051 Euro, deutschlandweit sogar bei 33.304 Euro. Dem kommt im Freistaat die Stadt Dresden mit 31.385 Euro am nächsten. Immerhin: Seit 2010 gab es eine Verdienststeigerung von 20 Prozent. Nimmt man alle sächsischen Arbeitnehmer zusammen, bekommen sie 51 Milliarden Euro pro Jahr.

24.541 Euro! 2045 Euro pro Monat! Hinter der Höhe des statistischen Bruttoverdienstes bleiben im Erzgebirge viele Menschen zurück.
24.541 Euro, in die auch die Gehälter von Geschäftsführern, hohen Beamten, Richtern etc. eingerechnet werden. Und: Viele Firmen bezahlen inzwischen auch im Erzgebirge ordentlich, weil sie sonst keine Fachkräfte mehr bekommen!

Ralf Hron, DGB-Chef von Südwestsachsen, sagt trotzdem: “Obwohl es mit 33 Prozent Fertigungsdichte im Landkreis überdurchschnittlich viel Industrie gibt, liegen die Löhne auch hier besonders tief. Dazu kommt, dass es im Vergleich wenig Betriebe mit Tarifbindung gibt. Wir brauchen mehr tarifgebundene Unternehmen. Das gehört übrigens auch zur Marktwirtschaft.
Außertarifliche Bezahlung bedeutet eben auch meist: kein Urlaubsgeld, kein Weihnachtsgeld. Hinzu kommen viele Teilzeitjobs und Leiharbeit, Aufstocker.”

Voll beschäftigt, aber nicht vollbeschäftigt

Ein Beispiel: Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jetzt forderte, Pflegekräfte müssten Gehälter bis zu 3000 Euro im Monat und damit deutlich mehr als derzeit bekommen, reagierte die Diakonie Sachsen, meldete: Unsere Gehälter haben Vorbildcharakter in der Branche. Der aktuelle Monatslohn würde am 1. Dezember von 2952,74 auf 3014, 75 Euro steigen. Dazu gäbe es Sozialleistungen, wie z. B. Kinderzuschlag, zusätzliche Altersversorgung.

Der Minister und die Diakonie vergessen etwas zu erwähnen: Von 6.133 Mitarbeitern im Bereich Pflege sind in stationären Einrichtungen 81 Prozent Teilzeitbeschäftigte, bei ambulanten Pflegediensten sind es immer noch 71 Prozent. Die Dunkelziffer, wie viel Menschen trotz Teilzeitbezahlung die volle Stundenzahl leisten, ist hoch.

Hron: “Wir sehen eine Teilzeitfalle. Es ist sehr lobenswert, wenn Familien sich entscheiden, für die Zeit der Kindererziehung weniger zu arbeiten. Aber es muss ihnen der Weg geebnet werden, aus dieser Teilzeit ohne Probleme wieder in Vollzeit zu wechseln.”

Sigrid Winkler-Schwarz, Pressesprecherin der Diakonie Sachsen: „Ein Grund für die hohe Teilzeitquote ist der gesetzlich vorgegebenen Personalschlüssel und der damit verbundenen Refinanzierung durch Kranken- und Pflegekassen.“
Stirbt zum Beispiel in einer Einrichtung ein Bewohner mit einem Pflegegrad 5 und sein Platz wird mit einem Bewohner mit Pflegegrad 2 belegt, hat die Einrichtung rechnerisch einen Personalüberhang.
Winkler-Schwarz: „Deshalb muss die Einrichtung flexibel reagieren können. Hätte sie nur Vollzeitkräfte wäre das nicht möglich. Auch überraschende Personalausfälle (etwa durch eine Grippewelle, Langzeitkrankheit usw.) können besser kompensiert werden, wenn nicht alle Mitarbeitenden in Vollzeit angestellt sind.“
Die Pressesprecherin nennt auch andere Gründe: „Viele junge Menschen wollen nicht in Vollzeit arbeiten. Zudem ist die Arbeitsverdichtung in der Pflege so hoch, da ‚reichen‘ vielen sechs Stunden“.

Fazit: 24.541 Euro durchschnittlicher Bruttoverdienst im Erzgebirge. “Der Dorfteich war im Schnitt ‘nen Meter tief – und trotzdem ist die Kuh ersoffen…”

So viel verdienen die Sachsen: