Start Erzgebirge Corona: ERZ-Bürgermeister sehen Handlungsbedarf
Artikel von: Sven Günther
27.01.2021

Corona: ERZ-Bürgermeister sehen Handlungsbedarf

Die 59 Bürgermeister und Oberbürgermeister der erzgebirgischen Städte und Gemeinden haben einen Brief an Ministerpräsidenten Michael Kretschmer geschrieben. Im Foto Alexander Troll, Bürgermeister der Stadt Lößnitz und Vorsitzender des Kreisverbandes Erzgebirge des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Foto: Stadt Lößnitz

Akzeptanz für Corona-Schutz-Maßnahmen nimmt ab

Erzgebirge. „Wir sehen Handlungsbedarf“ erklärt Alexander Troll, Bürgermeister der Stadt Lößnitz und Vorsitzender des Kreisverbandes Erzgebirge des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. „Die Bürgermeisterinnen und (Ober-)bürgermeister unserer Städte und Gemeinden führen in den letzten Wochen und Monaten eine Vielzahl von Gesprächen mit Menschen, die eine Infektion mit Covid-19 hinter sich gebracht haben, mit ortsansässigen Händlern und Gewerbetreibenden, mit Eltern der Kindergartenkinder und Schüler und zahlreichen Bürgern. Wir wissen deshalb recht genau, wie die Menschen vor Ort die aktuelle Situation wahrnehmen und mit ihr umgehen.“ erklärt Troll.

Sinkende Akzeptanz

„Wir sind als Bürgermeister deshalb zu der Entscheidung gekommen, unsere Eindrücke zu Papier zu bringen und dem Ministerpräsidenten zu übermitteln.“
Aus dem Schreiben wird deutlich, dass die aktuell gültigen Corona-Schutz-Maßnahmen zu immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung führen. Die Bürgermeister tragen vor, dass für die Mitwirkungsbereitschaft der Menschen klar strukturierte und nachvollziehbare Regelungen erforderlich sind. Inzwischen seien die Bestimmungen für viele nicht mehr überschaubar.

Kritisch prüfen, Lösungen anbieten

Auch müssten die Effekte von Einschränkungen kritisch geprüft und gleichzeitig Lösungen angeboten werden. Wenn Schulen geschlossen würden, müssten umgehend alle Schritte unternommen werden, um den Schülern auch unter Pandemiebedingungen durch Digitalangebote eine bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Die Bürgermeister sehen auch den rein branchenbezogenen Ansatz für Geschäftsschließungen als nur eingeschränkt geeignet.

„Gerade in den Kommunen des Erzgebirges wäre die Umsetzung von Hygienekonzepten mit einer Minimierung von Kontakten in den Ladengeschäften gut möglich – wie uns auch die Gewerbetreibenden schildern.“. Es müsse deshalb mehr das konkrete Infektionsrisiko, anstatt die reine Branchenzugehörigkeit für notwendige Maßnahmen ausschlaggebend sein. Wenn trotzdem im Zuge der Pandemie mit dem Ziel einer Kontaktminimierung Schließungen verfügt würden, müssten den betroffenen Unternehmen Unterstützungsmöglichkeiten angeboten und vor allem zugesagte Finanzhilfen auch zuverlässig und zügig ausgezahlt werden.
„Viele Einwohner unserer Städte und Gemeinden sind in den vergangenen 30 Jahren ein unternehmerisches Risiko eingegangen und haben ein kleines Geschäft, eine Gastronomie, einen Friseursalon, ein Fitness- oder Kosmetikstudio oder ein anderes Unternehmen aufgebaut bzw. in nächster Generation fortgeführt. Sie tragen damit zur Vielfalt in unseren Orten bei – im ländlichen Raum oft in einem nicht einfachen Umfeld. Wir stehen deshalb an der Seite der Einwohner unserer Orte und erwarten zielgerichtete und angemessene Lösungen, die zu einer Entspannung des Infektionsgeschehens einerseits, aber ebenso zu funktionierenden und nachhaltigen Ergebnissen für alle Betroffenen führen.“ so übereinstimmend die Bürgermeister.

Kontaktbeschränkung waren notwendig

Die Situation in den erzgebirgischen Krankenhäusern, insbesondere auf den Intensivstationen, hatte sich unter Berücksichtigung der Patientenzahlen in den letzten Monaten des Jahres 2020 zugespitzt. Maßnahmen der Kontaktbeschränkung sind deshalb notwendig gewesen. Diese haben inzwischen zu einer deutlichen Reduzierung, nahezu Halbierung, der Fallzahlen in den Kliniken und auf den Intensivstationen geführt. „Dann sollte man den Menschen aber auch mitteilen, dass dies gemeinsam geschafft wurde und damit eine gute Basis für eine weitere strukturierte Vorgehensweise vorhanden ist.“ schildert Alexander Troll.

Keine schnelle Öffnung, aber Perspektiven

„Momentan sollte zur Vermeidung eines Rückschlages nicht vorschnell alles geöffnet werden, wichtig erscheint uns aber eine gezielte und zügige Immunisierung der besonders gefährdeten Gruppen durch die seit Dezember 2020 verfügbaren Impfstoffe, um zunächst das Risiko von Todesfällen und sehr schweren Verläufen so weit wie möglich zu senken. Dabei können wir Kommunen im Zuge der Umsetzung vor Ort mithelfen. Auf diesem Weg lässt sich eine nachhaltige Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems – was in unser aller Interesse ist – sicherstellen. Daneben muss aber den Bürgern, den Eltern, Schülern und Gewerbetreibenden eine greifbare Perspektive aufgezeigt werden, damit wir alle auch den Rest der vor uns liegenden Strecke gemeinsam meistern.“ sind sich die Bürgermeister einig. Sehr positiv nehmen Sie die Bereitschaft der Staatsregierung zur Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene auf. Dies ist eine gute Basis, um funktionierende Lösungen zu finden.