Start Erzgebirge Corona-Krise: Der Mittelstand schlägt Alarm!
Artikel von: Sven Günther
31.03.2020

Corona-Krise: Der Mittelstand schlägt Alarm!

Hilfsprogramme kommen bei mittelständischen Firmen nicht an oder sind nicht wirkungsvoll! Foto: pixabay.com

Der vergessene Mittelstand!

Region. Die Corona-Krise trifft die Wirtschaft. Hotels und Gaststätten bleiben geschlossen, Lieferketten wurden unterbrochen, die Reisefreiheit eingeschränkt, Kurzarbeit bestimmt das Bild.
Gleichzeitig verkünden Politiker in Pressekonferenzen und Talk Shows umfangreiche Rettungsschirme. Erste Großunternehmen wie die TUI wurden mit Beihilfen von 1,8 Mrd. Euro bedacht, ebenso stellen Bund und Länder nicht rückzahlbare Zuschüsse für Kleinunternehmen und Soloselbstständige bereit. Ziel ist es, die wirtschaftlichen Folgen weitgehend zu schmälern.

Rene Lang, der Chef des Reiseunternehmens LANG Reisen: „Leider kommt beim Mittelstand nichts an!“

Auch die Aussagen der Politik auf die bereits vielfach gestellten Anfragen reichen von nebulös bis nichtssagend. So wird immer wieder auf die verabschiedeten Programme der Förderbanken verwiesen. Lang: „Diese treffen aber auf die Unternehmen auf Grund ihrer Größe nicht zu oder sind inhaltlich am Bedarf vorbei orientiert.“

Am 27. März riefen die drei Unternehmer Ulrike Schröder, Schuhorthopädietechnik Schwarzenberg, Marco Ullmann, Reisebüro Ullmann Schwarzenberg sowie René Lang, LANG Reisen die Initiative „Der vergessene Mittelstand“ ins Leben.

Schnell schlossen sich fast 30 Unternehmen mit über 1000 Mitarbeiter in der Region an. Sie stehen dabei exemplarisch für eine Vielzahl unterschiedlichster Branchen und verdeutlichen, dass die komplette Bandbreite des Mittelstandes von den Hilfsmaßnahmen der Politik nicht berücksichtigt wird. Dazu zählen Autohäuser ebenso wie Hotels- und Beherbergungsbetriebe, IT- Dienstleister, Speditionen, Modegeschäfte, die Möbelindustrie, Friseure und Baubetriebe, das Handwerk ebenso wie Dienstleister. Sie waren bis vor einigen Tagen das Rückgrat der regionalen Wirtschaft.

Sie alle stellten bis vor einigen Tagen das Rückgrat der regionalen Wirtschaft dar. Zahlten Steuern vor Ort, stellten Ausbildungsplätze zur Verfügung und unterstützten örtliche Vereine.

Für die eingeleiteten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung besteht ausnahmslos vollstes Verständnis und auch die Unterstützung, durch den Verzicht auf die eigene Geschäftstätigkeit die Verbreitung der Virus- Pandemie so gut wie möglich einzudämmen.

Allerdings erwarten sie auch die notwendige Unterstützung, ihre Unternehmen ebenfalls durch die Krise führen zu können.

Der aktuell angebotene KfW- Kredit stellt für die meisten von Ihnen das falsche Mittel dar, da man von Krediten bereits genug bedienen müsse. Zudem müssten Sicherheiten geleistet werden, die gerade in Dienstleistungsunternehmen nicht in ausreichender Höhe vorhanden sind und Kreditraten innerhalb von vier Jahren bedient werden, welche nur schwer zu erwirtschaften sind.

Das eine einheitliche Lösung nicht möglich sein wird, da die Herausforderungen in jeder Branche unterschiedlich sind, darüber herrscht Einigkeit. Man erwartet von der Landes- und Bundespolitik in Anlehnung an die Forderungen der jeweiligen Verbände und Branchenvertreter schnelle unbürokratische Soforthilfen, zugeschnitten auf die jeweilige Unternehmensgröße, eine Haftungsfreistellung von 100 Prozent, sowie die Vergabe von langfristigen zinsgünstigen Krediten orientiert am derzeitigen Kapitalmarkt vergleichbar dem ERP Programm. Dabei wären realistische Rückzahlungszeiträume von 15- 20 Jahren und eine individuelle Tilgungsfreistellung von bis zu 7 Jahren möglich. Das, so die Unternehmen würde nicht nur dazu beitragen, den aktuellen Liquiditätsengpass durchzustehen, sondern gleichzeitig auch eine Zukunftsperspektive ermöglichen.

Ein Blitzumfrage der IHK bestätigt: 85 Prozent der Firmen rechnen mit gravierenden Umsatzrückgängen!

Jedes vierte Unternehmen befürchtet sogar Rückgänge von mehr als 50 Prozent. Das größte Problem ist dabei die schwindende Liquidität – und diese Gefahr nimmt weiter zu und gefährdet die Existenz zahlreicher Betriebe: Fast jedes fünfte Unternehmen sieht sich akut von der Insolvenz bedroht. „Damit spitzt sich die Krise dramatisch zu, denn aktuell erwirtschaften viele Unternehmen so gut wie keinen Umsatz”, sagt Hans-Joachim Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz. Äußerst bedenklich ist, dass sich 22 Prozent bereits von einer Insolvenz bedroht sehen, während in der Vorumfrage lediglich zwölf Prozent diese erwartet hatten. Besonders mau sieht es aktuell im Einzelhandel, in der Reisebranche sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe aus.

Auch die IHK sieht die Problem des Mittelstandes! In einer Mitteitung heißt es: Es tut sich aber noch eine gefährliche Lücke insbesondere bei mittelständischen Unternehmen auf.
Dort kann die Liquiditätslücke bei aktuellen Umsätzen nahe Null und absolut unsicherer Perspektive nicht mit Kreditprogrammen im banküblichen Verfahren geschlossen werden. „Deshalb fordern wir ein sächsisches Zuschussprogramm für den Mittelstand“, so Wunderlich weiter.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass staatliche Unterstützungsleistungen dringend benötigt werden. Die bereits verabschiedeten Hilfsmaßnahmen zur Beschäftigungs- und Liquiditätssicherung haben aus Sicht der Unternehmen hohe Relevanz. „Vor allem beim Kurzarbeitergeld – nicht zuletzt für Azubis – sehen die Betriebe mittelfristig noch Nachbesserungsbedarf. Wichtig ist es, dass die Hilfen unbürokratisch und schnell bei den Unternehmen ankommen. Zudem brauchen wir dringend einen intensiven Austausch mit der Landesregierung zur Abstimmung von Ausstiegsszenarien,“ macht Wunderlich klar.