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Artikel von: Sven Günther
16.04.2020

Corona-Krise: Wünsche und Wirklichkeit

Busreiseunternehmer René Lang macht seinen Kampf ums Überleben seiner Firma öffentlich. Foto: Privat

Der Lange Weg zu staatlicher Hilfe

Von Sven Günther
Schwarzenberg. Er war einer der ersten, der warnend den Finger hob. René Lang, der Chef des Busunternehmens LANG-Reisen formierte schon am 27. März zusammen mit Ulrike Schröder (Schuhorthopädietechnik Schwarzenberg) und Marco Ullmann (Reisebüro Ullmann Schwarzenberg) die Initiative „Der vergessene Mittelstand“.

Schnell schlossen sich über 35 Unternehmen mit über 1500 Mitarbeiter in der Region an.

Die Motivation erklärt Lang: “Immer wieder auf die verabschiedeten Programme der Förderbanken verwiesen. Dies treffen aber auf mittelständische Unternehmen aufgrund ihrer Größe nicht zu oder sind inhaltlich am Bedarf vorbeiorientiert.“ Handwerkskammern und IHK kritisierten im selben Duktus, fordert für den Mittelstand nicht nur Kredite, sondern auch Zuschüsse, die nicht zurückzuzahlen sind.

Die Sächsische Landesregierung reagierte. Sie beschloss, dass bestehende Programm „Sachsen hilft sofort“ bei der SAB für eine deutlich größere Zahl an Unternehmen (bis 100 Mitarbeiter) zu erweitern. Die Rückzahlung kann in Härtefällen ausgesetzt werden.

Gleichzeitig wurde durch den Bund der KfW- Schnellkredit ins Leben gerufen und pressewirksam kommuniziert.

René Lang: “Die von vielen Verbänden geforderte Haftungsfreistellung von 100 % wurde ebenso umgesetzt wie eine Verlängerung der tilgungsfreien Zeit und eine Rückzahlungsfrist von 10 Jahren.

ABER: Der Zinssatz von drei Prozent beim KfW- Schnellkredit wirkt wie ein Schlag ins Gesicht. Er liegt deutlich über dem aktuellen Kapitalmarktzins. Für mich sieht es so aus, dass der Staat die unverschuldete Notlage der Unternehmen schamlos ausnutzt wie ein Kredithai. Bei einem Kapitalbedarf von 500.000 Euro bedeutet das nichts anderes, als das ca. 100.000 Euro an Zinsen zusätzlich innerhalb von 10 Jahren erwirtschaftet und getilgt werden müssen.“

Seinen Unmut teilte er den regional zuständigen Politikern mit, bekam Antwort vom CDU-Landtagsabgeordneten Eric Dietrich, der ihm in einer E-Mail auf das Programm “Sachsen hilft sofort” verwies, weitere Hilfe anbot.

Weil Lang, um sein Unternehmen zu retten, keine andere Wahl hatte, beantragte er am 9. April 11.54 Uhr bei der Erzgebirgssparkasse einen KfW-Schnellkredit über 500.000 Euro.

UND ER MACHTE SEINEN ANTRAG ÖFFENTLICH!

Kreditantrag René Lang

Die Adressaten:
– Bundeswirtschaftsministerium
– Bundesfinanzministerium
– Ministerpräsident Sachsen
– Wirtschaftsminister Sachsen
– Mitglieder des Bundestages
– Mitglieder des Landtages
– Landrat Erzgebirgskreis
– Vorstandsvorsitzender Erzgebirgssparkasse
– Div. Branchenverbände und Wirtschaftsvertreter
– Div. Pressevertreter

Noch am 9. April wurde 18.37 Uhr der Eingang des Antrages vom zuständigen Geschäftskundenberater bestätigt, eine Prüfung angekündigt.

Am 14. April 19.35 Uhr kam folgende Mitteilung:

“Wir erhielten heute die Information, dass die KfW technisch spätestens ab dem 28.04.2020 Anträge für den KfW-Schnellkredit seitens der Kreditinstitute empfangen und bearbeiten kann. Bis dahin werden wir Ihren Antrag entsprechend prüfen und uns diesbezüglich mit Ihnen in Verbindung setzen.”

Sätze, die René Lang wütend machen. Er schrieb am 15. April 17.47 Uhr zurück: “Ich habe es gar nicht glauben können und mir diese Info von der KfW bestätigen lassen. Ich persönlich finde es unglaublich, wie sich Politiker im Angesicht des Überlebenskampfes von Unternehmen vor der Presse für ‘weitreichende’ Entscheidungen rühmen können in dem Wissen, dass die versprochenen Kredite erst in 3 Wochen zur Verfügung stehen werden. Ich habe mein Unverständnis dafür bei der KfW bereits deutlich zum Ausdruck gebracht. Aber ändern wird das wohl eher weniger.”

20.20 Uhr erhielt Lang eine E-Mail von Marco Wanderwitz, dem CDU-Bundestagsabgeordneten aus Stollberg, Parlamentarischen Staatssekretär und Ostbeauftragten der Bundesregierung. Inhalt: “Die neuen KfW-Kredite stehen bereits seit heute zur Verfügung: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/20200414-kfw-schnellkredit-fuer-den-mittelstand-startet-morgen.html, weniger als eine Woche nach der beihilferechtlichen Genehmigung.”

Lang antwortete am 16. April 8.13 Uhr, schrieb: “Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort und die Übersendung der Pressemitteilung vom 14.04.20. Diese steht jedoch im Widerspruch zu den die Vorgänge tatsächlich bearbeitenden Stellen vom 15.04.20. Da die Praxis also nicht wie geplant funktioniert, muss der Fehler in der Theorie liegen.”

Er verweist auf das die Kommunikation mit der Erzgebirgssparkasse und folgert:

“Aus meiner Sicht und der Sicht vieler mittelständischer Unternehmen gibt es daher aufgrund
– der langen Vorlaufzeit, bis überhaupt die „Mittelstandlücke“ erkannt wurde und die Kompetenzen zwischen den Ländern und dem Bund geklärt wurden
– der Dauer von 15 Tagen bis überhaupt Anträge angenommen werden können ausgehend vom 14.04.20

aktuell nicht wirklich eine Basis bereits von einem Erfolg zu sprechen. In dieser Zeit werden Unternehmen, welche bis Ende Februar über Jahre solide in Ihrem Markt agiert haben mangels Liquidität verschwinden, da sie z.T. dann bereits seit fast 2 Monaten von jeglichen Einnahmen abgeschnitten sein werden.”

Doch der Busreise-Unternehmer Lang kämpft weiter, versucht am 16. April mit der SAB wegen eines Darlehns aufzunehmen.

8.46 Uhr schreibt er: “Aktuell hänge ich in der Warteschleife der SAB seit 40 Minuten, da das Programm „Sachsen hilft sofort“ zwar bis 100.000,-€ bei bis zu 100 Mitarbeitern beschlossen wurde, eine Antragstellung, welche eigentlich hätte seit gestern 16.00 Uhr hätte möglich sein sollen, unverändert aber nicht funktioniert…”

Am 16. April 10.15 Uhr meldete sich erneut Marco Wanderwitz per E-Mail:

“Als Starttermin für die Antragstellung über die Vertriebs- und Serviceplattform wurde ursprünglich spätestens! der 28.4. in Aussicht gestellt. Dies wurde mittlerweile bereits auf den 22.4. vorgezogen, d.h., dass Kreditanträge ab dem 22.04.2020 bei der KfW gestellt und zugesagt werden können.
Für die Zwischenzeit wurde zudem als Übergangslösung vereinbart, dass Hausbankkredite, die den Förderkriterien des KfW-Schnellkredits 2020 entsprechen und zwischen dem 15.04.2020 und 21.04.2020 durch die Hausbanken gewährt werden anschließend über den KfW-Schnellkredit 2020 refinanziert werden können, sofern der Kreditantrag bis einschließlich 29.04.2020 bei der KfW gestellt wird. Die KfW arbeitet mit Hochdruck daran, die neuen Möglichkeiten ebenfalls zügig umzusetzen.”

Rene Lang antwortete 10.32 Uhr

“Werter Herr Wanderwitz,
vielen Dank für die Ergänzung. Das wäre eine schnelle Lösung im Sinne der Unternehmen. Da die Erzgebirgssparkasse ebenso im cc unseres email- Verkehrs ist, gehe ich davon aus, dass der aufgezeigte Weg geprüft und wenn möglich umgesetzt wird.”

Der WochenENDspiegel wird weiter über den Überlebenskampf des Unternehmers berichten.