Start Darum verschenken wir Milliarden Euro
Artikel von: Sven Günther
01.02.2024

Darum verschenken wir Milliarden Euro

Aktuell werden von Deutschland weltweit 8.095 Vorhaben in 109 Ländern mit 61 Milliarden Euro gefördert. Im WochenENDspiegel erklärt ein Politiker, warum das aus seiner Sicht wichtig ist. Foto: Tobias Kuhn
Aktuell werden von Deutschland weltweit 8.095 Vorhaben in 109 Ländern mit 61 Milliarden Euro gefördert. Im WochenENDspiegel erklärt ein Politiker, warum das aus seiner Sicht wichtig ist. Foto: Tobias Kuhn

Herr Körber, warum gehen 61 Milliarden Euro ins Ausland?

Region. 24.977 Mitarbeiter in 120 Ländern, Geschäftsvolumen 3,7 Milliarden Euro. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist eine unbekannte Riesen-GmbH, die nur Insider kennen. Seit 2018 sitzt der Zwickauer CDU-Bundestagsabgeordnet Carsten Körber im Aufsichtsrat, erklärt im WochenENDspiegel-Interview, warum es aus seiner Sicht wichtig ist, Milliarden von Euro an Entwicklungshilfe zu zahlen.

61 Milliarden für 8.095 Projekte

Aktuell werden von Deutschland weltweit 8.095 Vorhaben in 109 Ländern mit 61 Milliarden Euro gefördert, von denen schon 32,46 Milliarden ausgegeben wurden. Das Thema wurde vom WochenENDspiegel hier thematisiert.

WOCHENENDSPIEGEL:
Können Sie verstehen, warum aktuell Stimmen laut werden, die nach Kürzungen bei der Entwicklungshilfe rufen?

CARSTEN KÖRBER:
Ja, das kann ich. Gerade in Zeiten einer angespannten Haushaltslage ist es von größter Bedeutung, mit knappen Steuergeldern sorgfältig umzugehen. Dies gilt ohne Abstriche für alle Politikbereiche.
Gerade die Entwicklungspolitik, deren Arbeit nicht unmittelbar Deutschland und seinen Bürgerinnen und -bürgern zugutekommt, steht dabei unter einem besonderen Rechtfertigungsdruck. Entwicklungszusammenarbeit dient neben dem Gebot, Bedürftigen zu helfen, mittelbar aber auch unseren eigenen Interessen. Wenn wir helfen, Krisen und Konflikte, Armut und Hunger zu bekämpfen, verhindern wir beispielsweise, dass Menschen zu uns flüchten. Zudem stärken wir im zunehmenden Wettstreit mit illibertären Regimen, wie in Russland, China, der Türkei oder den arabischen Staaten, unsere internationalen Partnerschaften und werben, neben dem Ausbau unserer Wirtschaftsbeziehungen, letztlich auch für unser freiheitliches und offenes Weltbild.

Kritik an den Milliarden-Projekte

WOCHENENDSPIEGEL:
Wie stehen Sie dazu? Wie erklären Sie es protestierenden Bauern oder Ihren Zwickauer Wählern?

CARSTEN KÖRBER:
Unbestritten ist, dass es angesichts der Vielzahl von Entwicklungsprojekten, die mit Steuergeldern gefördert werden, immer wieder auch solche geben wird, die zu Recht kritisiert werden können. Sei es, weil das Projekt von Anfang fragwürdig war oder weil das Projekt keinen nachhaltigen Erfolg hatte.
Daher muss die Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen und in Zeiten, in denen das Geld knapp wird, sich auf die Projekte fokussieren, die besonders in unserem eigenen nationalen Interesse liegen.
Das heißt auch, Projekte in Entwicklungsländern zu streichen, die für uns nicht die allererste Priorität haben, die man sich in guten Zeiten aber leisten konnte, damit wir für die notwendigen Aufgaben in Deutschland die nötigen Mittel, etwa zur Unterstützung unserer einheimischen Bauern, zur Verfügung haben.

WOCHENENDSPIEGEL:
Alles der Ampel in Schuhe zu schieben, ist aber auch nicht richtig, weil die CDU über Jahre regiert hat. Was haben die Christdemokraten falsch gemacht?

CARSTEN KÖRBER:
Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist unter der vorherigen, unionsgeführten Bundesregierung deutlich aufgewachsen. Das erfolgte aber in Zeiten, in denen finanzielle Situation des Bundes eine deutlich bessere war als heute.
Daher ist eine gute Bundesregierung, und die Ampel ist leider keine gute, gehalten, ihre Ausgaben regelmäßig zu überprüfen. Und wenn die Zeiten schlechter werden, muss man auch die Kraft aufbringen, den Gürtel, auch in der Entwicklungspolitik wieder enger zu schnallen. Das aber macht die Ampel nicht. 

Eine GmbH für die Milliarden-Projekte

WOCHENENDSPIEGEL:
Warum muss es neben dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch noch die GIZ GmbH mit fast 25.000 Mitarbeitern geben?

CARSTEN KÖRBER:
Jedes Bundesministerium bestimmt, lenkt, kontrolliert und verwaltet ein bestimmtes Politikfeld. Bei der Umsetzung der jeweiligen Politik werden Ministerien von sogenannten nachgeordneten Behörden unterstützt.
Das Bundesinnenministerium beispielsweise ist unter anderem für die innere Sicherheit zuständig. Diese auf unseren Straßen tatsächlich zu gewährleisten, ist Aufgabe der über 50.000 Bundespolizisten. Das Bundesverkehrsministerium bedient sich unter anderem des Kraftfahrt- oder des Eisenbahn-Bundesamtes. Und einen Teil der Projekte des BMZ setzt die GIZ um. 

WOCHENENDSPIEGEL:
Sie sitzen im Aufsichtsrat, müssen Projekten zustimmen. Warum ist bspw. die Einführung eines mobilen Bezahlsystems in Jordanien für Deutschland wichtig?

CARSTEN KÖRBER:
Der Aufsichtsrat einer Organisation, wie der GIZ oder auch eines Wirtschaftskonzerns, hat die Aufgabe, den Vorstand und seine Amtsführung zu kontrollieren. Er hat also die Verpflichtung, die Geschäftspraxis auf Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Dabei geht es nicht um die Kontrolle vereinzelter Projekte, sondern darum, zu überwachen, ob die strategische Ausrichtung und die damit verbundenen Richtlinien insgesamt eingehalten werden.  
 
WOCHENENDSPIEGEL:
Wie wird denn die Position als GIZ-Aufsichtsrat eigentlich bezahlt?

CARSTEN KÖRBER:
Die Tätigkeit als Mitglied im Aufsichtsrat der GIZ wird mir als Bundestagsabgeordnetem grundsätzlich nicht vergütet. Ich nehme diese Mitgliedschaft wahr infolge meiner Zuständigkeit als Berichterstatter meiner Fraktion im Haushaltsausschuss für den Etat des BMZ. Sofern mir durch Aufsichtsratssitzungen Fahrt- oder Übernachtungskosten entstehen, die nicht über mein Bundestagsmandat gedeckt werden, kann ich mir diese von der GIZ rückerstatten lassen. Das entspricht aber dem üblichen Standard, wie er in derartigen Gremien üblich ist.