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Artikel von: Sven Günther
04.12.2015

Datenschutz vs. Fotofahndung

Fpto: pixabay.com

 

Hermann Hesse und die Polizei
Von Sven Günther
Will man einen Verzweifelten beschreiben, lohnt ein Blick in Hermann Hesses Geschichte „Klein und Wagner“, in der der Protagonist, in einem Abteil sitzend, sein Ebenbild in der Fensterscheibe des fahrenden Zuges erblickt und denkt: „Was tun? Wozu noch leben? Mit der Stirn in dies bleiche Fratzenbild hinein, sich in diese trübe blöde Scheibe stürzen, sich ins Glas verbeißen, sich am Glas den Hals abschneiden. Mit dem Kopf auf die Bahnschwellen schlagen, dumpf und dröhnend, von den Rädern der vielen Wagen aufgewickelt werden, alles zusammen, Därme und Hirn, Knochen und Herz, auch die Augen – und auf den Schienen zerrieben, zu Nichts gemacht, ausradiert. Das war das einzige, was
noch zu wünschen war, was noch Sinn hatte.“
Gewiss, die Darstellung hat einen Hang zur Dramatik und spielt in einer Zeit, in der Anstand und Moral höhere Wertigkeiten besaßen. Aber sie
beschreibt wunderbar, welche Mächte in einem Verzweifelten wüten können. Der von Hesse Beschriebene ist ein Mann auf der Flucht, sich
in ein neues Leben sehnend, nachdem er die Familie verlassen, Geld unterschlagen hat.
Ein Vergleich zu unseren Polizisten scheint weit hergeholt. Aber schwer betrübt müssen die Beamten ganz sicher sein. Das ist gewiss! War es dem Fahnder schon bislang ein Graus, dass er wochen- und monatelang warten musste, bis sich ein Richter dazu durchringen konnte, Fotos von Überwachungskameras zur öffentlichen Fahndung freizugeben, so muss er jetzt völlig der Verzweiflung anheim fallen.
Der Grund: Sachsens Innenminister und der Datenschutzbeauftragte möchten nicht, dass die Fotos gesuchter Halunken auch im Internet gezeigt
werden. Das gilt nicht für Kapitalverbrechen. Aber den Kleinkriminellen, den Gaunern, die Rentner ausnehmen, den Betrüger und Dieben
wird zugestanden, dass eine Online-Fahndung ihre Persönlichkeitsrechte beschädigen könnten.
Wir vergessen auf www.wochenendspiegel. de Datenschutz und Innenminister und hören darauf, was das Volk sagt, wenn es um Ganoven
geht: „Wer nicht hören will, der muss fühlen!“ Wir veröffentlichen die Fotos einfach weiter!