Start Erzgebirge Debatte um Merkel: Wird "Mutti" jetzt "Oma"?
Artikel von: Sven Günther
19.02.2019

Debatte um Merkel: Wird “Mutti” jetzt “Oma”?

2014 war Angela Merkel im Landtagswahlkampf in Annaberg-Buchholz. Mit auf dem Foto von links: Ex-Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Alexander Krauß, Rico Anton, Ronny Wähner, Marco Wanderwitz (verdeckt), Erzgebirgslandrat Frank Vogel und Staatssekretär Dr. Günther Schneider (damals MdL). Foto: Andres Kaiser

Hilft der Sachsen-CDU eine Wahlkämpferin Merkel?

Von Sven Günther
Region. Das Zitat im “Spiegel” sorgt für politische Debatten im Freistaat. “Ein Wahlkampfauftritt der Bundeskanzlerin wird uns in Sachsen nicht helfen”, sagte Matthias Rößler, Landtagspräsident in Dresden, dem Nachrichtenmagazin.

Der Konter kam von Ministerpräsident Michael Kretschmer via Twitter: “Angela #Merkel schließt Wahlkampfveranstaltungen aus, weil sie keine Parteivorsitzende mehr ist. Sie wird häufig nach #Sachsen kommen. Darüber freue ich mich. Die #Bundeskanzlerin ist herzlichen Willkommen. Wir arbeiten an gemeinsamen Zielen. Ihre Unterstützung ist wichtig!”

Helfen Auftritte der Bundeskanzlerin der Sachsen CDU beim Landtagswahlkampf? Oder wird aus “Mutti” eine Wahlkampf-Oma im Rentnerdasein?

Der WochenENDspiegel fragte CDU-Mandatsträger aus Südwestsachsen nach ihren Meinungen.

Frank Heinrich (MdB)

Foto: CDU

“Mein Eindruck ist, dass Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer bisher sehr gute Arbeit leistet und dabei ist, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Da die Landtagswahl, wie der Name schon sagt, reine Ländersache ist, sollten man die Entscheidung, ob und wie Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf aktiv werden soll, der sächsischen CDU überlassen.”

 

Carsten Körber (MdB)

Foto: CDU

“Die Bundeskanzlerin ist die mit Abstand einflussreichste und wichtigste Politikerin unseres Landes. Selbstverständlich ist sie jederzeit in Sachsen willkommen. Schließlich ist es gerade auch in unserem Interesse, mit ihr in engem Austausch zu bleiben.”

Marco Wanderwitz (MdB, Parlamentarischer Staatsekretär):

Foto: CDU

“Ich teile die Sicht des Ministerpräsidenten.”

Veronika Bellmann (MdB):

Foto: CDU

“Das müssen die sächsischen Mandatsträger und Kandidaten des Europaparlaments, der Landtags- und den Kommunalparlamente ggf. mit ihren Kreisverbänden entscheiden, denn deren Wahlen stehen bevor.
Dazu gibt es meinem Eindruck nach unterschiedliche Auffassungen bei den Betreffenden. Die meisten hätten statt eines allgemeinen Signals in die Vergangenheit, dann doch lieber eins in die Zukunft und wollen die neue CDU-Bundevorsitzende AKK als Wahlkampfunterstützung. Andere würden ganz gerne Friedrich Merz haben wollen.
Manche haben betreffs der besonderen Verantwortung und der Alleingänge von Frau Merkel bezüglich Energiewende, Eurorettung und Migrationskrise und deren Auswirkungen bis in die Kommunen hinein allerdings Bauchschmerzen, die ehemalige CDU-Bundesvorsitzende zum Wahlkampf nach Sachsen zu holen.
Aber die Bundeskanzlerin hat natürlich trotz allem oder gerade deshalb noch Anhänger bei den Kandidaten und in den Kreisvorständern. Wenn sie meinen, ein Wahlkampfauftritt von Frau Merkel könnte hilfreich für ihr Wahlergebnis sein, sollten sie sie einladen. Vielleicht hilft dabei die Meinung einer Bürgerin aus Ostrau, die ich vor einiger Zeit in einem Gespräch zu hören bekam: ‘Hat sie uns die Suppe eingebrockt, soll sie sie mit uns gemeinsam wenigstens versuchen, auch wieder auszulöffeln.'”

Alexander Krauß (MdB)

Foto: CDU

 

“Ich würde es begrüßen, wenn Angela Merkel nach Sachsen kommt.
Vor zwei Jahren war der sächsische Wahlkampf-Auftakt zur Bundestagswahl in Annaberg-Buchholz mit Angela Merkel. AfD und NPD hatten Seit an Seit versucht, die Veranstaltung von Anfang bis Ende zu stören. Während die AfD immer postuliert, für die Meinungsfreiheit einzutreten, hat sie dort ihr wahres Gesicht gezeigt: Genau wie die Antifa ging es der AfD darum, andere am Reden zu hindern.
Ich glaube, dass das vielen im Erzgebirge damals die Augen geöffnet hat. Das mangelnde Demokratieverständnis der AfD und anderer Rechtsextremer zeigte sich glasklar. Vielen Menschen ist klar geworden, dass man solchen Leuten unser Land nicht überlassen kann.
Auch aus diesem Grund war der Besuch von Angela Merkel damals sehr hilfreich. Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich habe nichts gegen Proteste, von mir aus auch am Rande von Wahlveranstaltungen anderer Parteien. Wenn man aber über die gesamte Länge der Veranstaltung versucht, andere vom Zuhören abzuhalten, dann ist das ungehörig. Besser wäre es im Übrigen gewesen, wenn die AfD ihre eigenen Veranstaltungen organisiert hätte.”

Alexander Dierks (Sachsens CDU-Generalsekretär, MdL)

“Angela Merkel ist Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und damit Regierungschefin. Sie muss und braucht sich nicht verstecken. Deshalb wird es von Angela Merkel in ihrer Funktion als Bundeskanzlerin in diesem Jahr auch einige Auftritte in Sachsen geben, in den geeigneten Formaten. Wir haben einiges mit ihr zu besprechen, gerade auch was die Ergebnisse der Kohlekommission angeht.”

Sören Voigt (MdL):
„Große Wahlkampfveranstaltungen halte ich für nicht zeitgemäß. Insofern muss prinzipiell geschaut werden, in welcher Form externe Unterstützer eingebunden werden können.
Unser Ziel muss es sein, den Neustart, den wir in Sachsen gewagt haben, auch zu untermauern.“

Rico Anton (MdL)

Foto: CDU

“Am 1. September wählen wir Sachsen einen neuen Landtag und deshalb sollten die Landespolitik und Landespolitiker im Fokus des Wahlkampfes stehen. Wahlkampfauftritte wie Kundgebungen auf Marktplätzen oder ähnliche Formate mit der Bundeskanzlerin halte ich vor diesem Hintergrund nicht für sinnvoll, denn die Bundespolitik steht schlichtweg in diesem Jahr nicht zur Abstimmung.
Unser Ministerpräsident und Spitzenkandidat heißt Michael Kretschmer und mit ihm gemeinsam werden wir um das Vertrauen der Menschen in Sachsen werben. Darüber hinaus ist Angela Merkel in Sachsen selbstverständlich stets ein gern gesehener Gast. Gerade wenn es um die Durchsetzung sächsischer Interessen auf Bundesebene geht, hat die Bundeskanzlerin mehrfach wertvolle Unterstützung geleistet.”

Peter Patt (MdL)

“Angela Merkel ist die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
Mancher tut sich -wie ich – schwer mit der Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Justiz in Bezug auf solche Flüchtlinge, die diesen Status zu unrecht beanspruchen, sich nicht an unsere Regeln halten und entsprechende Rùckkehrbescheide nicht befolgen. Diese Schwierigkeiten werden der Kanzlerin angelastet und sie steht dafür auch ein. Zur Erklärung der internationalen Zusammenhänge in der Migrationsfrage und zur Diskussion der in der sächsischen Bürgerschaft über Grenzen der Integrationsbereitschaft ist die Kanzlerin jederzeit eingeladen.”

Ronny Wähner (MdL)

Foto: CDU

“Da die Landtagswahl erst am 1. September stattfindet, halte ich eine Debatte über mögliche Wahlkampfauftritte von wem auch immer und deren Wirkung, zum jetzigen Zeitpunkt für überflüssig.”

Thomas Colditz (MdL)

 

Foto: CDU

“Frau Merkel ist nach wie vor die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind auch zukünftig landespolitisch auf die Unterstützung der Bundesregierung bei der Lösung anstehender Aufgaben und Herausforderungen angewiesen, etwa bei der strukturellen Bewältigung des Kohleausstieges ,der in der Lausitz zu Herausforderungen führt oder bei der Verbesserung der Pflegesituation im Land. Alles Aufgabenstellungen, die wir mit der Bundesregierung und der Regierungschefin lösen wollen und werden.
Ich glaube,die CDU tut gut daran , diese Fragen mit der Kanzlerin auch im Wahlkampf zu diskutieren und sie in die Mitverantwortung zu nehmen.Im übrigen hat eine kritische Aufarbeitung der Entscheidungen von 2015 stattgefunden und Korrekturen wurden vorgenommen . Zudem ist es mir einfach zu billig und schon gar nicht glaubwürdig, Frau Merkel allein für die damals entstandenen Probleme verantwortlich zu machen.
Letztlich geht es in einer politischen Demokratie nicht um einzelne Personen allein, sondern um eine Politik, die zwar nicht unfehlbar ist , aber dem Gemeinwohl verpflichtet sein muss und von der Mehrheit der Bevölkerung verstanden und mitgetragen wird. Das ist die Herausforderung, der wir uns im Wahlkampf stellen müssen, egal in welcher Funktion. Ehrlich und ohne Populismus.”

Andreas Heinz (MdL)
“Ich würde Wahlkampfauftritte von Angela Merkel begrüßen.”

Gerald Otto (MdL)
“Ich finde bei der Landtagswahl müssen wir unsere Verantwortungsträger zuallererst den Wählern nahe bringen, was ja bereits sehr intensiv geschieht. AM als Bundeskanzlerin ist ja auch nicht mehr Parteivorsitzende und ein Einsatz von AKK ist da sicher eher angebracht.
Es hängt aber auch an aktuellen Entwicklungen, ob ein Einsatz von AM in Sachsen notwendig oder gar geboten ist.”