Start Erzgebirge Der EHV und der Keeper, der kein Bier mag
Artikel von: Sven Günther
08.09.2021

Der EHV und der Keeper, der kein Bier mag

Erik Töpfer, hier im Spiel gegen Lübeck-Schwartau, freut sich auf die neue Saison. Foto: Manja Gehlert

Jaaaaaaaaaa!

Von Sven Günther
Lößnitz. Die Fäuste sind geballt, der ganze Körper ist angespannt. Erik Töpfer, der Torhüter des EHV Aue, schreit seine Freude heraus. Gerade hatte er mit einer starken Leistung geholfen, gegen den VfL Lübeck-Schwartau einen 34:26-Sieg einzufahren. Der Klassenerhalt war praktisch sicher.
Jetzt jubelt der Keeper erneut: Jaaaaaaaa! Der EHV startet in die beste 2. Handballbundesliga der Welt. Am 11. September empfängt das Team Bundesligaabsteiger TuSEM Essen. Nur eine von vielen Spitzenmannschaften, die in der Erzgebirgshalle in dieser Spielzeit zu Gast sein werden.
Manager Rüdiger Jurke: „Auf uns warten vier Absteiger aus der 1. Liga, Mit Essen, Nordhorn und Ludwigshafen spielen wir gegen drei gleich zu Beginn. Dazu kommen ambitionierte Aufsteiger aus Rostock und Hagen. Es wird die schwerste Saison seit langer Zeit. Aber ich denke, die Mannschaft ist gut vorbereitet und wird sich behaupten.“
Das Team ist eingespielt, hat sich mit Aki Egilsnes (Farör) auf halbrechts gut verstärkt und blieb in der Vorbereitung weitgehend von Verletzungen verschont. Nur Kevin Lux erwischte es wieder am Knie, sodass er länger ausfällt.

Von Sven Günther
Lößnitz. Die neue weltbeste 2. Handball-Bundesliga beginnt in wenigen Tagen. Der EHV Aue belegte in der letzten Saison den fünften Platz. Im Schluss-Drittel der Saison konnte der bis dahin verletzte Erik Töpfer im Tor sein Können unter Beweis stellen, zeigte in zwölf Spielen 91 Paraden und erreichte einen Wert von 38,6 Prozent gehaltener Bälle. Der zweitbeste Wert der Liga. Dem WochenENDspiegel gab er dieses Interview:

WOCHENENDSPIEGEL:
Wie verlief aus Deiner Sicht die Vorbereitung auf die neue Saison?

ERIK TÖPFER:
Es war nur eine kurze Pause, in der wir nach einer intensiven Athletik-Phase schnell zum Handball gegriffen haben. Wir haben viel an unserem Abwehrsystem gefeilt, neue Varianten geprobt und die auch schon gut in den Testspielen umgesetzt. Auch der Pokalsieg in Potsdam war darauf zurückzuführen.
Es geht darum, uns noch besser, noch individueller auf die Qualitäten des Gegners einstellen zu können. Ich denke, wir sind jetzt in der Lage, auf alle Herausforderungen zu reagieren. Und das sowohl mit taktischen als auch mit personellen Varianten. Wir haben viel Konzentration darauf gelegt, dass jeder Spieler zwei oder drei Positionen spielen kann. So können wir anders agieren, wenn es notwendig ist, Bälle des Gegners abzufangen und wieder anderes, wenn zum Beispiel mehr Härte gefragt ist.

WOCHENENDSPIEGEL:
Und im Angriff?

ERIK TÖPFER:
In einigen Spielen in der letzten Saison und auch in der Vorbereitung haben wir noch die nötige Konstanz vermissen lassen. Da gab es Phasen, in denen wir wirklich gut spielten. Dann gab es wieder Abschnitte, in denen wir richtigen Nonsens auf die Platte gebracht haben. Das wurde genau analysiert.
Wir haben die Fehler meiner Meinung nach gefunden und werden sie abstellen können.Wir haben einen breit aufgestellten Kader. Doch das hatten wir auch schon in der letzten Saison. Allerdings kamen meist nur neun bis zehn Spieler dauerhaft zum Einsatz, weil bei einigen noch Potenzial zum Beispiel im Abwehrverhalten brach lag. Durch unsere Vorbereitung ist das behoben worden, sodass die Trainer mehr Wechseloptionen haben werden.
Es ist unser Vorteil, dass wir eine eingespielte Mannschaft sind, die auch noch sehr jung und entwicklungsfähig ist. Wir arbeiten hart an den Abläufen, an der Abstimmung und merken, dass das Früchte trägt. Jeder Spieler hat sich aus meiner Sicht verbessert.

WOCHENENDSPIEGEL:
Klingt nach Jürgen Klinsmann, der einst sagte, er möchte jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen…

ERIK TÖPFER:
Und damit hatte er recht. Unsere Mannschaft und ich persönlich wollen immer und ständig besser werden. Es wäre ja auch schlimm, wenn es anders wäre.

WOCHENENDSPIEGEL:
Wie sieht Deine konkrete Vorbereitung aus?

ERIK TÖPFER:
Neben dem Torwarttraining, das uns generell fit und reaktionsschnell macht, schaue ich mir vor jedem Spiel drei Begegnungen des kommenden Gegners auf Video an, analysiere die Wurfmuster der Hauptakteure, also der Spieler, die sich in einer Partie etwa zehn Würfe nehmen. So bin ich bestens vorbereitet. Und wie immer gehe ich vor jeder Partie ausführlich spazieren. Das macht den Kopf frei.

WOCHENENDSPIEGEL:
Aber die Spieler können doch immer anders werfen?

ERIK TÖPFER:
Theoretisch schon. Jedenfalls, wenn sie noch bei Kräften sind und nicht unter Druck stehen. In den Phasen aber, in denen sich ein Spiel entscheidet, in denen es auf jeden Wurf ankommt, neigen die meisten Handballer dazu, in ihre Lieblingsecken zu werfen. Und da ist es hilfreich, wenn man die in seinem Kopf abgespeichert hat. So kann man den einen oder anderen Ball mehr halten.

WOCHENENDSPIEGEL:
Mehr gehaltene Bälle, mehr gewonnenen Spiele. Wo steht der EHV nach dieser Saison?

ERIK TÖPFER:
Für den Klub ist es wichtig, dass zunächst der Klassenerhalt klargemacht wird. Für mich und die anderen Spieler ist das Ziel ein einstelliger Tabellenplatz. Ich finde es wichtig, dass man sich Ziele setzt, die schwer zu erreichen sind. So kann man die letzten Reserven aus sich herausholen, ist immer hoch konzentriert und motiviert.

WOCHENENDSPIEGEL:
Konntest Du im Urlaub Kraft tanken?

ERIK TÖPFER:
Mein Urlaub bestand in erster Linie in Rehamaßnahmen, da ich mir am Ende der letzten Saison eine kleinere Muskelverletzung zugezogen hatte, die es auszukurieren galt. Deshalb war ich nur ein paar Tage am Königssee. Dafür bin ich jetzt fit und verletzungsfrei, hoffe auch, dass das so bleibt. Dafür investiere ich viel, bin beim Training meist der erste und der letzte Spieler in der Halle und achte sehr auf meine Ernährung
WOCHENENDSPIEGEL:
Vegetarier?

ERIK TÖPFER:
Nein. Aber es muss alles ausgewogen sein. Der Körper braucht Vitamine, Mineralien und genügend Kohlenhydrate um leistungsfähig zu sein. Fast Food ist da nicht der beste Weg. Und ich trinke kaum Alkohol, auch kein Bier.

WOCHENENDSPIEGEL:
Ein Handballer, der kein Bier trinkt. Was ist denn da nicht in Ordung..?

ERIK TÖPFER:
Naja. Ich bin schon ein wenig der Exot in der Kabine, wenn nach einem gewonnenen Spiel die Bier-Flaschen geöffnet werden und ich dankend ablehne. Aber mir schmeckt Bier nun einmal nicht.

WOCHENENDSPIEGEL:
Nicht mal ein Schlückchen mit Deinen Torhüter-Kollegen, die in einer Mannschaft ja meist nochmal eine kleine Extragruppe bilden.

ERIK TÖPFER:
Nee, auch mit denen nicht. Aber wir verstehen uns wirklich gut. Bubi war ja schon da, als ich in die erste Mannschaft gekommen bin, hat mich damals unter seine Fittiche genommen. Inzwischen sind wir auf Augenhöhe und freuen uns, Pascal Bochmann unterstützen zu können, der von unserer Erfahrung lernen kann.

WOCHENENDSPIEGEL:
Du bist jung, ehrgeizig, hast die richtige Größe und mit einem HPI* von 250 in der letzten Saison die Bestmarke gesetzt. Gibt es Ambitionen, einmal in der ersten Bundesliga zu spielen?

ERIK TÖPFER:
Der HPI interessiert mich nicht besonders, obwohl es natürlich schön ist, da einen guten Wert zu haben. Aber ich bin Profi und da hat man immer das Ziel und den Wunsch, in der höchst möglichen Liga zu spielen. Aber aktuell ist es für mich wichtig gesund zu bleiben und meine Leistung beim EHV Aue abzuliefern. Ich freue mich riesig auf die neue Saison und auf möglichst viele packende Spiele vor unseren einmaligen Fans.

*Der Handball Performance Index, der zur Saison 2020/21 für alle Spieler der LIQUI MOLY HBL eingeführt wird, dient zur transparenten und vergleichbaren Leistungsbewertung aller Akteure. Anhand diverser Statistiken, die je nach Position unterschiedlich gewichtet sind, kann jedem Profi-Handballer ein konkreter Index zugeschrieben werden. Der neutrale Ausgangswert vor Spielbeginn liegt bei allen Spielern bei 100. Davon ausgehend führen positive Aktionen auf dem Spielfeld (z.B. Tore, Assists, Paraden) zu Plus-, negative Aktionen (z.B. Technische Fehler, Fehlwürfe) zu Minuspunkten.