Start Erzgebirge Der EHV und die verloren gegangene Zeit
Artikel von: Sven Günther
21.12.2020

Der EHV und die verloren gegangene Zeit

Ratlos! Auch Keeper Sveinbjörn Pétursson konnte die deutliche Niederlage in Lübeck nicht verhindern. Foto: Manja Gehlert/sport-Concepte Bad Schwartau

Erst Rezar, jetzt Klockmann

Von Sven Günther
Lößnitz/Lübeck. Seit die Menschen denken, beschäftigen sich Kluge mit dem Thema Zeit. Wissenschaftler untersuchten das Phänomen, Einsteins geniale Relativitätstheorie befasst sich damit und fast jeder kennt das Sprichwort: “Kommt Zeit, kommt Rat!”
Ob der Umkehrschluss lautet: Fehlt die Zeit, fehlt der Rat?
Wäre es so, hätte EHV-Trainer Runar Sigtryggsson es einfach, dass Komplettversagen seiner Mannschaft beim Auswärtsspiel in Lübeck-Schwartau zu erklären. Mit 34:25 gingen die Erzgebirger an der Ostsee unter und während der gesamten 60 Minuten war die Zeitanzeige in der FL-Arena verschwunden.
Ein zweites Zeitproblem: Das Spiel wurde 13 Uhr angeworfen, was für alle Beteiligten ungewöhnlich war. Nur kamen die Gastgeber damit klar, die Spieler des EHV nicht. Von Anfang an gab ein Festival an Fehlwürfen, technischen Fehlern und leichten Ballverlusten im Auer Angriff, ein schläfriges Agieren in der Abwehr.
Manager Rüdiger Jurke: “Dabei sind wir extra einen Tag eher angereist, haben im Hanse-Hotel Warnemünde übernachtet, sind zeitig aufgestanden und waren auch zeitig in Lübeck.” Vielleicht ein schlechtes Omen: Die Zeit des Hotels ist abgelaufen. Es schließt nach 30 Jahren am 23. Dezember seine Türen für immer.
Nach einem morgendlichen Badegang (zusammen mit Co-Trainer Kirsten Weber und Physiotherapeutin Kristin Schirbock) in der sieben Grad kalten Ostsee, musste Jurke eine erste Halbzeit des EHV sehen, die zeitig zeigte, wer die Halle als Sieger verlassen würde. Die Erzgebirger waren den Gastgebern in allen Belangen unterlegen. Und wenn es doch zu Abschlüssen kam, stand da ein Dennis Klockmann zwischen den Pfosten des Vereines für Leibesübungen (VfL), der mit seinen 2,10 Metern Körperlänge die Bälle serienweise wegfischte. Bei der Niederlage in Nettelstedt raubte TuS-Keeper Aljosa Rezar mit 15 Paraden Runar Schützlingen den Nerv – Klockmann brachte es auf 20 gehalten Bälle und eine Quote von 44 Prozent.

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So ist das Spiel schnell erzählt. Nach 17 Minuten führte Lübeck schon mit 11:6, zur Pause stand es 18:10. Eine kurze Zeit nach dem Wiederanpfiff sah es so aus, als könnten die Gäste die Partie wieder offen gestalten. Maximilian Lux traf in der 36. Minute zum 20:15. Doch schon knapp zehn Minuten später hieß es 24:17 – der Drops war gelutscht.
Rüdiger Jurke: “Runar hat in Angriff und Abwehr alles ausprobiert, verschiedene Defensiv-Varianten spielen lassen, vorn unterschiedliche Aufstellungen versucht. Es hat nichts funktioniert.” Zeitweise schüttelte der Manager auch den Kopf über die Schiedsrichterleistung der nur 60 Kilometer entfernt wohnenden Matthias und Sebastian Klinke aus Kiel. “Das ist keine glückliche Ansetzung”, murrte Jurke, der aber auch einräumte, dass es nicht an den Schiedsrichter liegt, wenn man mit neun Toren verliert. Jurke. “Vielleicht fehlt langsam die Kraft. Wir haben jetzt fünf Spiele in 16 Tagen hinter uns. Bietigheim geht es ähnlich und die haben in Gummersbach 31:17 verloren.” Nur Pascal Bochmann (6 Paraden) und Adrian Kammlodt (6 Tore) hörten positive Worte des Managers.
Der Trainer des VfL Lübeck-Schwartau dagegen war zufrieden. Auf www.liquimoly-hbl.de liest man: „Wir waren heute von Beginn an aggressiv, genauso wollten wir auftreten“, resümierte VfL-Trainer Piotr Przybecki. „Wirklich alle haben heute ihren Teil dazu beigetragen, egal wer auf dem Feld stand oder auf der Bank saß. In der zweiten Halbzeit haben wir vielleicht etwas zu statisch gespielt, aber insgesamt haben wir sehr gut gespielt und verdient gewonnen.“
Für den EHV gibt es zeitnah keine Entspannung: Schon am Mittwoch (23. Dezember) kommt Fürstenfeldbruck nach Lößnitz, dann geht es für die Spieler nach Emsdetten (26. Dezember) und schließlich empfängt man Hamm (29. Dezember) drham. Die Spieler werden die Zähne zusammenbeißen, die erlittenen Blessuren wegstecken und Schmerzen ertragen müssen. Erst im Januar kommt die Zeit, die Wunden zu heilen…