Start Erzgebirge Der EHV und eine Frage der Solidarität
Artikel von: Sven Günther
18.02.2021

Der EHV und eine Frage der Solidarität

EHV-Präsident Lutz Lorenz. Foto: EHV Aue

“Wir spielen eine grandiose Saison”

Von Sven Günther
Lößnitz. In der deutschen Sprache gibt es Worte, die von der Geschichte eine Färbung bekommen haben. Kaum einer sagt noch Volk, alle reden von der Bevölkerung, obwohl hier der gleiche Unterschied vorhanden ist wie zwischen Wasser und Bewässerung. Auch die Vokabel Solidarität hat für viele einen Treffer weg, erinnert sie doch an Parolen, die in der DDR gerufen wurden.
Schaut man aber in den Duden, liest man „Solidarität, die – Substantiv, feminin – Bedeutung: a) unbedingtes Zusammenhalten mit jemandem aufgrund gleicher Anschauungen und Ziele. Erst unter b) folgt ein Hinweis auf den Gebrauch des Wortes in der Arbeiterbewegung.
Unbedingtes Zusammenhalten. Das gibt es beim EHV Aue. Im Interview mit dem WochenENDspiegel geht Präsident Lutz Lorenz darauf ein.

WOCHENENDSPIEGEL:
Wie schätzen Sie die bisherige Saison ein?

LUTZ LORENZ:
Wir erleben eine ungewöhnliche Spielzeit, die von einer großen Unsicherheit geprägt ist. Nachdem die letzte Saison abgebrochen werden musste, gingen die Zahlen der Corona-Fälle zum Glück zurück, sodass der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden konnte, wenn auch ohne Zuschauer.
Man kann sich als Außenstehender nicht vorstellen, wie groß der Aufwand ist, der betrieben werden muss, um ein Hygienekonzept zu erstellen und alle Auflagen zu erfüllen.

Dazu bedurfte es einer engen Abstimmung zwischen Verein und der ‚Marketing- und Spielbetriebsgesellschaft‘. Das Vereinsrecht ist ja während der Corona-Pandemie nicht außer Kraft gesetzt. Es müssen Beschlüsse gefasst, Lizenzen beantragt werden, damit der Verein weiter handlungsfähig bleibt.
Auch das war in Zeiten der Kontaktsperre nicht unproblematisch. Die großen Herausforderungen sind von der Marketing- und Spielbetriebsgesellschaft unter Führung von Rüdiger Jurke erstklassig bewältigt worden.

Als Fazit kann man sagen, dass mit viel Engagement alle Probleme innerhalb unserer großen Handball-Familie gelöst wurden. Das macht mich glücklich.“

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WOCHENENDSPIEGEL
Freuen Sie sich auch über die sportlichen Leistungen?

LUTZ LORENZ:
Dass wir sportlich bisher eine sehr gute Saison gespielt haben, freut mich sogar außerordentlich. Ich denke, wir haben vom Leistungspotenzial den besten Kader der letzten Jahre. Die Saison begann dann ja auch mit 10:4 Punkten richtig gut.
Nach dem HSV-Spiel traf dann Corona die Mannschaft, was zu Spiel- und Trainingsausfällen führte und dazu, dass im Dezember extrem viele Begegnungen absolviert werden mussten.
Man muss bedenken, dass es ja nicht nur um die 60. Minuten Handball geht. Vorbereitung, Hin- und Rückreisen sowie Auswertungen kosten ebenfalls Zeit, Kraft und Konzentration. Man konnte erwarten, dass die Mannschaft in dieser Situation Rückschläge wird hinnehmen müssen.
Dazu kam die schwere Erkrankung von Stephan Swat, die alle im Verein mitgenommen hat. Es war für mich die schönste Nachricht des Jahres, als ich hörte, dass es ihm wieder besser geht und er die Intensivstation verlassen kann.

Die Tatsache, dass Runar Sigtryggsson schnell seine Zusage gegeben hat, dem EHV zu helfen, rechne ich ihm hoch an. Das zeigt, dass der EHV Aue im deutschen Handball eine Adresse ist, von der man weiß, dass dort ordentlich miteinander umgegangen wird.
Vor dem Hintergrund, dass wir viele Spiele auch haarscharf verloren haben, sage ich: Wir spielen eine grandiose Saison.
Die Mannschaft konnte im Januar trainieren, sich mit den Vorstellungen von Runar auseinandersetzten. Ich denke, wir können optimistisch in die Rückrunde gehen.

WOCHENENDSPIEGEL
Optimistisch auch im Hinblick auf die Sponsoren?

LUTZ LORENZ:
Nicht nur optimistisch, sondern auch dankbar und glücklich. Corona bleibt natürlich weiter ein Thema. Durch die fehlenden Zuschauer büßen wir dringend benötigte Einnahmen ein. Letztlich ist auch das zweimalige Testen pro Woche, die Prozedur ist ja immer noch aktuell, eine Belastung für die Spieler und für die Vereinskasse. Auch hier kann ich mich nur beim gesamten Betreuerteam um Dieter Weiß und Matthias Bausch bedanken.
Fest steht: Ohne staatliche Unterstützung hätten wir den Spielbetrieb nicht aufrechterhalten können. Allein die Kurzarbeitergeld-Regelung hat uns sehr geholfen. Die Frage nach Soforthilfen, Fördermitteln oder Erstattungen ist ein fließender Prozess und ich hoffe, dass wir hier seitens der Staatsregierung noch weitere Hilfen bekommen werden.

Vor unseren Sponsoren kann ich nur mit größter Dankbarkeit den Hut ziehen. Obwohl alle Branchen Schwierigkeiten haben, standen und stehen die Sponsoren fest an der Seite des EHV Aue, machen mit ihrem Engagement Zweitligahandball im Erzgebirge möglich.
Das reicht von den Hauptsponsoren bis hin zu den Dauerkartenbesitzern, die zum Beispiel kein Geld für ausgefallene Spiele zurück haben wollten, obwohl sie vielleicht aufgrund von Kurzarbeit selbst finanzielle Einbußen hinnehmen mussten. Hier zeigt sich Solidarität im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Trainer Runar Sigtryggsson schnell zusagte, dem EHV nach der Erkrankung von Stephan Swat zu helfen, ist für Präsident Lutz Lorenz Solidarität im wahrsten Sinne des Wortes. Foto: Manja Gehlert/sport-concepte Bad Schlema