Start Erzgebirge Der EHV und eine Frage des Kopfes
Artikel von: Sven Günther
28.10.2021

Der EHV und eine Frage des Kopfes

Reine Kopfsache: Die Schiedsrichter gaben Bengt Bornhorn nach diesem Siebenmeter die Rote Karte, weil sie meinten, Torhüter Marion Mallwitz habe sich nicht bewegt, als ihn der Ball am Kopf traf. Foto: www.sportdeutschland.tv

Und er bewegt sich doch…

Von Sven Günther
Lößnitz. Beginnen wir mit einer Frage. Schauen Sie sich das Foto genau an. Sieht so ein Torhüter aus, der keinerlei Bewegungen macht, räuchermännchengleich sowie salzsäulenartig erstarrt ist? Das linke Bein hochgerissen, die Arme himmelwärts gereckt, den orangefarbig bedressten Leib nach rechts geneigt?

Die Antwort der Schiedsrichter lautete: JA, Marino Mallwitz hat sich NICHT bewegt, als ihn der von Bengt Bornhorn vom Siebenmeterpunkt geworfene Ball an der Stirn traf. Ihre Konsequenz: Rote Karte für den EHV-Kreisläufer beim Stand von 14:16 in der 33. Minute. Eine exklusive Sichtweise der Unparteiischen Matthes Westphal und Partick Arndt aus Gommern bei Berlin.

Eine Szene, die exemplarisch war für das Zweitligaspiele der EHV-Handballer gegen die Deutsche-Jugend-Kraft (DJK) Rimpar, dem Team, das sich “Die Wölfe” nennt. Mit 30:34 mussten sich die Gastgeber geschlagen geben. Eine Niederlage, die nicht nur wegen Bengts Stirntreffers eine Frage des Kopfes war…

Erstmals in dieser Saison ging der EHV als Favorit in ein Spiel. Nach den teilweise sehr guten Partien gegen Absteiger, Aufstiegsaspiranten und dem Derby gegen Dresden, sollten gegen Rimpar zwei sicher geglaubte Punkte einfahren werden. Doch diese Konstellation saugte den Spielern offensichtlich den Kampfeswillen aus den Köpfen.

Natürlich fehlten Kevin Roch und Kevin Lux in der Abwehr. Sicher waren die schnellen 2×2 Minuten von Franz Schauer hinderlich. Klar machte sich das Fehlen von Adrian Kammlodt und Nico Schneider im Angriff bemerkbar.
Probleme, aber keine Gründe für ein derart lasches Abwehrverhalten, das Trainer Stephan Swat auch in der Halbzeit-Analyse auf www.sportdeutschland.tv im Internet mit deutlichen Worten kritisierte. Der Coach: “Rimpar kann alles machen, als wären unsere Verteidiger nur Airbodys, die im Training aufgestellt werden. Es sieht aus, als wären wir auf einem schönen Mittwochabendausflug, bei dem wir ein bisschen Handball spielen. Das hat was von Kindergeburtstag, aber nichts von Arbeit.”

Mit 13:15 ging es in die Pause nach der ersten Halbzeit, in der die EHV-Keeper Petursson und Bochmann KEINEN Ball hielten, sich allerdings auch meist völlig frei werfenden Rimparianern gegenüber sahen. Swat: “Da kann ich mit den 13 Toren im Angriff – dazu kamen noch drei Pfostentreffer von Arni – einigermaßen leben.”

Nach dem Wechsel kam Erik Töpfer – der in der Woche zwei Tage das Bett hüten musste – ins EHV-Tor, konnte auch die ersten Würfe der Gäste parieren, insgesamt acht Paraden zeigen. Für eine Wende im Spiel reichte es nicht. Nur in der Anfangsphase gelang es den Erzgebirgern in Führung zu gehen. In der gesamten zweiten Hälfte lief man einem Rückstand hinterher, kassierte 34 Tore, warf selbst nur 30, was auch daran lag, dass man 20 Fehlwürfe produzierte. Auch eine Frage des Kopfes…

Sieben Treffer gelangen warf Goncalo Ribeiro. Die anderen Torschützen: Lux 6, Paraschiv 4, Halfdansson 4, Bornhorn 3, Slachta 2, Egilsnes 1. Foto: Manja Gehlert

Dort hakte es, was wohl auch mit folgendem psychologischen Phänomen in Zusammenhang steht: Wenn sich eine Mannschaft erst einmal damit beschäftigt, was die Schiedsrichter pfeifen, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht als Sieger vom Platz gehen.

In der Tat war es am Mittwochabend in der Erzgebirgshalle so, dass die Unparteiischen irgendwie im Mittelpunkt standen. Die Auer Spieler monierten die – zugegebenermaßen oft kleinlichen und manchmal auch falschen (Rot gegen Bornhorn) – Entscheidungen von Westphal/Arndt. Wenn es laut wurde bei den 768 Zuschauern, dann nur, weil sie ein ungerechter Pfiff in Wallung brachte. Selbst Katja Lippmann-Wagner und Kevin Lux, die das Spiel für den erkrankten Jörg “Jockel” Meinhardt auf www.sportdeutschland.tv sehr gut und kurzweilig moderierten, verloren viele Worte über die Schiedsrichter.

Wieder ein Beweis der Formel: Gedanken bei den Schiedsrichtern = Punkte beim Gegner!

EHV-Trainer Kirsten Weber: “Sarkastisch könnten man sagen, dass man bei 34 Gegentoren immer noch 35:34 gewinnen kann. Aber unsere neu formierte 6:0-Abwehr greift nicht so, wie wir uns das vorstellen, ist zu wenig emotional, auch wenn wir das in den letzten Tagen immer wieder eingefordert haben. Wir sind nicht in der Lage, in Stoppfouls hineinzugehen, um das Spiel zu unterbrechen. Jetzt bleibt uns nur wenig Zeit, die Köpfe wieder freizubekommen, damit wir am Samstag in Coburg das Bestmöglich herausholen können.”