Start Chemnitz Der Problem-Verbrenner
Artikel von: Sven Günther
30.06.2022

Der Problem-Verbrenner

Nahezu klimaneutrales E-Fuel Racing efuel98 feiert Weltpremiere beim 24h-Rennen am Nürburgring und erreicht mit Toyota GR Supra GT4 den 3. Platz in seiner Kategorie Alternative Kraftstoffe. Foto: TGR-E

CAC verwandelt Problem-Stoff CO2 in sauberen Sprit

 

Von Sven Günther
Chemnitz. Er ist etwas ganz Besonderes. Lässig nimmt der Toyota GR Supra GT4 des Teams TGR-E United die leichte Linkskurve auf dem Nürburgring. Fünfter Gang, sechster Gang. Vollgas! Der seriennahe Dreiliter-Sechszylindermotor lässt seine 430 Pferdestärken los, schießt den Sportwagen in der Grünen Hölle dem Sonnenaufgang entgegen.

Das Außergewöhnliche: Der seriennahe Motor wird mit nahezu CO2-freiem Benzin gefahren – eine Weltpremiere!

Die Chemnitzer Firma CAC verwandelt den Klimaaufheizer und Problemstoff CO2 aus der Luft oder Industrieabgasen zusammen mit Wasserstoff zu Methanol, aus dem dann CO2-neutraler, synthetischer Kraftstoff hergestellt wird. Der Fachbegriff: Racing eFuel98.

Beim Rennen auf dem Nürburgring wurde mit dem Toyota GR Supra GT4 bewiesen, dass dieser Sprit voll konkurrenzfähig ist: „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagt Jörg Mertin, Teammanager TGR-E United. „Wir sind begeistert, wie tadellos die Vortests und das Rennen selbst gelaufen sind. Es gibt keinen Unterschied zu fossilem Benzin.“
Mit den E-Fuels können Autos, Lkw, Flugzeuge, Schiffe oder Heizungen – alles, was einen Verbrennungsmotor hat – klimafreundlich betrieben werden. Kommen sie in Reinform zum Einsatz, lassen sich die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent gegenüber mineralischen Kraftstoffen verringern.

Antje Wappler, die Pressesprecherin der Firma Chemieanlagenbau Chemnitz (CAC), erklärt: „Wir sind inzwischen technisch in der Lage, E-Fuels problemlos herzustellen. Mit unserer Demonstrationsanlage in Freiberg, die in etwa so groß ist wie zwei Einfamilienhäuser, könnten wir im Dauerbetrieb eine Million Liter pro Jahr herstellen.“
Ein weiterer Vorteil: E-Fuels können über das bestehende Tankstellennetz an alle Pkw, weltweit 1,4 Milliarden, verteilt werden. Die aktuell hohen Kosten liegen unter anderem an noch geringen Herstellungsmengen.

Sie lassen sich aber mittelfristig auf zwei Euro je Liter und langfristig auf voraussichtlich unter einen Euro reduzieren, wenn in eine entsprechende industrielle Produktion investiert wird, und zwar dort, wo sich grüner Strom als wesentlicher „Rohstoff“ reichlich und damit günstig erzeugen lässt. Und das ist dort der Fall, wo viel Wind weht oder die Sonne scheint, etwa in Saudi-Arabien.
Die Technologie steht zur Verfügung, der politische Wille, den sauberen Sprit einzusetzen, fehlte bislang.Jetzt scheint es auch auf dieser Ebene grünes Licht zu geben.
Die Ampel-Koalition hat sich auf eine gemeinsame Position beim möglichen Aus von Verbrennungsmotoren in Europa geeinigt. Demnach sollen Autos auch nach 2035 mit Verbrenner zugelassen werden können, wenn sie sogenannte E-Fuels nutzen. Die EU-Kommission wird dazu dem EU-Ministerrat einen Vorschlag für PKW und leichte Nutzfahrzeuge unterbreiten.

Gerade der deutsche Mineralölmittelstand trommelt mächtig für die klimaneutralen E-Fuels, in der Politik, aber auch in der breiten Öffentlichkeit. „Denn darum geht es: Wir müssen E-Fuels bei den Menschen bekannt machen, ihnen zeigen, dass es nicht nur ein Elektroauto braucht, um emissionsarm unterwegs zu sein“, erklärt Karl-Uwe Wehrend von der Firma NORDOEL, die das das vom CAC hergestellte synthetische E-Benzin zum Super-Benzin eFuel98 für das Rennen auf dem Nürburgring veredelt hat.
Es ist dieser technologieoffene Ansatz, der perspektivisch auch den Verkehr sauberer macht: „Der Mix macht’s“, macht er es plakativ. „Eine eindimensionale Ausrichtung der individuellen Mobilität ausschließlich auf das Elektroauto führt in die Sackgasse.“
Den Ausweg zeigte der seriennahe Toyota GR Supra GT4 auf dem Nürburgring, der Platz 3 in der Kategorie Alternative Kraftstoffe einfuhr. Fünfter Gang, sechster Gang, Vollgas.