Start Chemnitz Detlef Müller (MdB, SPD): Wollen wieder stärkste Partei werden
Artikel von: Sven Günther
09.03.2018

Detlef Müller (MdB, SPD): Wollen wieder stärkste Partei werden

Detlef Müller (MdB, SPD) beantwortet die Fragen von www.wochenendspiegel.de zur GroKo

Detlef Müller: Kein Einstieg in den Ausstieg aus der Zweiklassen-Medizin

Region. Deutschland bekommt seine Regierung. Der 177 Seiten lange Koalitionsvertrag ist beschlossen. Nach dem sich die Jamaika-Pläne in Qualm auflösten, einigten sich CDU/CSU und SPD auf eine neue große Koalition. Weil CDU-Delegierte und sozialdemokratische Basis (zum Teil missmutig murrend) zustimmten, wird am Mittwoch (14. März) im Bundestag Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt, sie und das GroKo-Kabinett vereidigt.
Auf den blauen Politikerstühlen sitzen auch elf Menschen, die die Interessen Südwestsachsens in der Hauptstadt vertreten. WochenENDspiegel wollte u.a. wissen, wie sie die neue GroKo und den Koalitionsvertrag bewerten.

Hier antwortet Detlef Müller (SPD/Wahlkreis Chemnitz)

Der Koalitionsvertrag trägt die Überschrift: “Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land”. Natürlich musste es Kompromisse geben. Welche sind Ihnen die unerfreulichsten oder sehen Sie das Ergebnis durchweg positiv?

Natürlich ist der Koalitionsvertrag ein Kompromiss, insgesamt ist er aber positiv zu bewerten. Bedauerlich ist, dass es keinen ambitionierten Einstieg in den Ausstieg aus der Zweiklassenmedizin gibt. Da hätte ich mir mehr gewünscht, beispielsweise die Wahlfreiheit zwischen GKV und PKV bei Beamtinnen und Beamten analog dem Hamburger Modell.

Glauben Sie, dass eine Beitragssenkung von 0,3 Prozent bei der Arbeitslosenversicherung angesichts eines Überschusses von fast 6 Mrd. Euro bei der Arbeitsagentur nicht zu gering ist?

Ich rate hier zur Vorsicht und Zurückhaltung. Denken Sie an die Ankündigungen Donald Trumps zu Handelssanktionen bzw. Strafzöllen. Wir leben in einer instabilen Welt, wir sollten nicht zu freigebig mit Überschüssen sein, die wir möglicherweise in Kürze bitter brauchen könnten.

Im Vertrag steht, dass man nach zwei Jahren Bilanz zieht. Welche Maßnahmen müssen bis dahin aus Ihrer Sicht unbedingt umgesetzt sein, damit diese positiv ausfällt?

Aus meiner Sicht müssten die Umsetzung der Begrenzung sachgrundloser Befristungen, des Rückkehrrechts von Teilzeit in Vollzeit, des Programms „Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle“, des Programms „Ganztagsschule/Ganztagsbetreuung“, sowie der Wohnungsbauförderung angefangen, angestoßen oder gesetzliche Regelungen hierzu abgeschlossen worden sein.

Olaf Scholz sprach davon, dass die SPD anstrebt, stärkste Partei zu werden. Ist er ein Utopist – oder welche Schritte sind notwendig, dieses Ziel zu erreichen?

Olaf Scholz ist sicherlich kein Utopist, es muss aber natürlich unser Anspruch sein, wieder stärkste Partei zu werden. Wir brauchen geschlossenes und entschlossenes Auftreten, eine selbstbewusste Partei, die einen fortschrittlichen Zukunftsentwurf erarbeiten und dafür kämpfen kann; eine Partei, die sich um die Themen Digitalisierung, Zukunft der Arbeit, Migration und Verteilungsgerechtigkeit intensiv kümmert und Lösungsansätze erarbeitet, ist auch in Deutschland durchaus mehrheitsfähig.