Start Erzgebirge Deutschkurse als Erstorientierung
Artikel von: Andre Kaiser
25.02.2016

Deutschkurse als Erstorientierung

Täglich Vokabeln und Redewendungen pauken steht auf der Agenda der zwölf Teilnehmer am Sprachkurs im EURAKA Bildungsverein in Zschopau. Hier im Bild Dozent Wolf Drechsel mit syrischen und kurdischen Schülern. Foto: Jana Kretzschmann

Zschopau. “Solche hochmotivierten Schüler zu unterrichten, wie wir sie in unserem derzeitigen Kurs haben, ist der Traum eines jedes Lehrers”, freute sich Dr. Peter Neubert vom EURAKA-Bildungsverein Zschopau e. V., welcher Lernwilligen umfangreiche Möglichkeiten zur persönlichen Weiterbildung bietet. Derzeit besuchen dort zwölf junge Männer im Alter von 19 bis 38 Jahren einen 320 Stunden umfassenden Deutsch-Kurs. Täglich sechs Stunden drücken die aus dem Irak und Syrien stammenden Flüchtlinge dort die Schulbank, um schnellstmöglich die deutsche Sprache insoweit zu beherrschen, um im Alltag ihrer jetzigen Wahlheimat klarzukommen und für den Arbeitsmarkt fit zu werden. Zweifelsfrei handelt es sich dabei um eine Vorzeigegruppe, denn ihr gehören sechs Abiturienten und sechs Leute mit Realschulabschluss an, z. T. mit abgeschlossenem Studium (z.B. Soziologie, Ökonomie und Innenarchitektur) und Berufsausbildungen, wie Schneider und drei Köche. “Jedem Einzelnen von ihnen ist klar, dass es das A und O ist, umfassende Kenntnisse in Deutsch zu erlangen, um hier auch Fuß fassen zu können, sprich eine Arbeit zu finden. Sie sind fleißig, wissbegierig und pünktlich”, lobte Dozent Wolf Drechsler die Truppe.

Siegfried Bäumler, Leiter der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz Foto: BA
Siegfried Bäumler, Leiter der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz
Foto: BA

Mit dem Besuch des Kurses befinden sich die Flüchtlinge nun auf dem Weg in die richtige Richtung. Unterstützung gibt es von der Agentur für Arbeit, welche gegenwärtig 37 Anfängerkurse bei zwölf Bildungsträgern im Erzgebirge unterhält. Anteilig entfallen davon auf Stollberg und dem Mittleren Erzgebirgskreis jeweils 30 Prozent, Aue-Schwarzenberg 24 Prozent und Annaberg-Buchholz 16 Prozent. “Wir investieren bis zu 1 Million Euro in den Spracherwerb für Menschen aus Syrien, Eritrea, Irak und dem Iran. Die tatsächlichen Kosten können erst nach Abrechnung der Bildungseinrichtungen ermittelt werden”, sagte Agenturchef Siegfried Bäumler. Nach Beendigung der oben genannten max. 320 Unterrichtsstunden befinden sich die Teilnehmer allerdings erst auf niedrigstem deutschen Sprachniveau, welches u. a. beim Einkaufen oder nach dem Weg fragen, hilfreich ist. Weiterführende Kurse sind also in den allermeisten Fällen unumgänglich. Sie werden zu 100 Prozent aus Mitteln der Bundesagentur gefördert, das entspricht ca. 4 bis 4,50 Euro pro Teilnehmer und Stunde.

Um sich das täglich Brot selbst zu verdienen, ist es für Asylbewerber generell ein weiter Weg, denn aktuell kommen ca. 60 Prozent ohne eine Berufsausbildung nach Deutschland. Dazu sagte der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses der Annaberger Arbeitsagentur, Steffen Zschocke: “Bis ein Asylbewerber einen Berufsabschluss und eine Stelle gefunden hat, dauert es im günstigsten Fall fünf, im ungünstigsten bis zu acht Jahre. Man dar also nicht zu viel erwarten und muss Geduld und Ruhe bewahren”.
Um das Ganze voranzutreiben, wurde das Projekt “Perspektive für Flüchtlinge” ins Leben gerufen. Dabei soll während Probearbeiten in Betrieben herausgefunden werden, welche Fähigkeiten und Talente der Asylbewerber mitbringt. “Wir brauchen dringend auch Arbeitgeber, die sich darauf einlassen”, so Frank Reißmann, Abteilungsleiter in der Kreisverwaltung und zuständig für Asylbewerber.

Autorin: Jana Kretzschmann