Start Erzgebirge Domenico Tedesco kehrt ins Lößnitztal zurück
Artikel von: Redaktion
27.07.2018

Domenico Tedesco kehrt ins Lößnitztal zurück

Der FC Schalke 04 kommt am Sonntag ins Erzgebirgsstadion. Foto: Schalke 04

Domenico wer? Die Frage stellten selbst Sportjournalisten, als Präsident Helge Leonhardt den damals 31-jährigen Fußballlehrer am 8. März 2017 als neuen Chefcoach des FC Erzgebirge präsentierte. Nur gut zwei Monate später kannte den Namen jeder Fußballfreund im Land, denn unter seiner sportlichen Führung schaffte die Mannschaft, was ihr zu Jahresbeginn nur kühnste Optimisten zugetraut hatten: den Klassenerhalt in der 2. Liga. Spitzenklubs wie der FC Schalke 04 wurden auf den jungen Mann aufmerksam und so nahm der Deutsch-Italiener das Angebot, in die Bundesliga zu wechseln, mit Beginn der Saison 2017/18 an. Bereits im ersten Jahr wurden die Königsblauen mit ihm Deutscher Vizemeister, erreichten das DFB- Pokalhalbfinale. Vor dem Spiel beider Kumpelvereine zur offiziellen Eröffnung des Erzgebirgsstadions am 29. Juli, 15 Uhr, sprach Olaf Seifert mit dem Schalke-Cheftrainer.

Mit Domenico Tedesco schafft der FC erzgebirge Aue in der Saison 2016/2017 den Klassenerhalt. Foto: Schalke 04

Domenico, was empfinden Sie am 29. Juli im Erzgebirgsstadion. Wie haben Sie das Wachsen des Erzgebirgsstadions seinerzeit in Aue erlebt?
Das ist auch für mich sehr emotional. Ich habe ja mitbekommen, wie das Stadion Stück für Stück gewachsen ist. Es ist ein echtes Schmuckkästchen geworden. Was ich in meiner Zeit in Aue ebenso erlebt habe: Es wird bei aller Wertschätzung auch künftig nicht die Architektur sein, die das spezielle Flair ausmacht – es sind die Fans. Wie sie uns damals unterstützt haben, das war Gänsehaut pur. Da gibt es große Parallelen zu Schalke. Für solche Fans arbeiten zu dürfen, das empfinde ich als Privileg.

Was hätten Sie im Erzgebirge gerne angeschaut, aber zeitbedingt nie geschafft?
Das gab es schon einige Dinge – aber gerade in der Schlussphase einer Saison bist du schon im Tunnel. Trotzdem habe ich das Gefühl, viel aus dem Erzgebirge mitgenommen zu haben. Ich weiß, dass das oft gesagt wird: Aber dieser Verein wird wirklich immer etwas Besonderes für mich bleiben.

Was bedeutet die Station FC Erzgebirge für Ihren sportlichen und persönlichen Weg? Haben Sie noch Kontakt zu Weggefährten in Aue, wem bleiben Sie verbunden?
Natürlich gibt es noch Kontakte, da sind echte Freundschaften entstanden. Für mich persönlich war Aue natürlich ein absoluter Glücksfall, menschlich und sportlich. Ohne den FC Erzgebirge wäre ich heute ganz sicher nicht Trainer beim FC Schalke 04. Es hat schon Mut gebraucht, einem damals 31-Jährigen in so einer schwierigen Situation zu vertrauen. Dafür bin ich Präsident Helge Leonhardt und allen im Club sehr dankbar. Auch dafür, mit welcher Offenheit und Herzlichkeit sie mir begegnet sind. Das war alles andere als selbstverständlich.

Wo sehen Sie die Gründe für den Auer Klassenerhalt im Mai 2017, welche Tugenden zeichnen die Veilchen aus?
Wir waren eine echte Einheit. Und damit meine ich nicht nur die Mannschaft. Dazu gehören auch Fans und alle Mitarbeiter des Clubs. Das hat uns enorm viel Kraft gegeben, das hat uns getragen.

Was sagen Sie zum neuerlichen Klassenerhalt der Auer 2018, wenn auch erst nach Relegation?
Ich hätte es nett gefunden, wenn die Jungs das Ganze etwas nervenschonender gestaltet hätten (lacht.). Ich habe mir das Hinspiel ja im Stadion in Karlsruhe angeschaut. Und wenn Sie wissen wollen, wie sehr ich mitgefiebert habe: Fragen Sie meine Tribünennachbarn. Ich habe mich unglaublich gefreut, als es geschafft war.

Den FC Erzgebirge nennt mancher Schalke des Ostens, was haben beide Vereine gemeinsam und zeichnet ihren neuen Verein S04 aus?
Natürlich ist auf Schalke vieles eine Nummer größer. Aber im Kern sind sich beide Clubs sehr ähnlich. Beides sind Kumpelvereine, die Identifikation der Fans mit den Clubs ist enorm hoch. Man merkt, dass der Fußball geliebt und gelebt wird. Ich mag das sehr.

Wie beurteilen Sie Ihre erste Saison auf Schalke. Was lief nach Wunsch, was nicht optimal?
Natürlich kann man sich immer verbessern, das ist auch unser Ziel. Aber insgesamt waren wir mit dem Verlauf der Saison natürlich sehr zufrieden.

Und wie beurteilen Sie den Verlauf der Vorbereitung bisher? Weshalb wurden weite Wege – nach China – nicht gescheut?
Wir haben ein gutes Gefühl. Aber von 18 Bundesliga-Trainern werden Ihnen auf diese Frage wahr-scheinlich 18 das Gleiche sagen. Wie gut eine Vorbereitung war, sieht man erst, wenn sie vorbei ist und es ernst wird. Die Reise nach China ist fester Bestandteil unserer Vorbereitung. Unter ande-rem auch, weil wird dort auch Kooperationspartner Hebei China Fortune FC sind.

Welchen Stellenwert besitzt der Test am Sonntag in Aue, was erwarten Sie von Ihrer Mannschaft?
Für uns ist das der vorletzte Test vor dem Start. Deshalb hat er natürlich schon auch sportlich einen gewissen Stellenwert. Und ohne da zu sehr ins Detail zu gehen: Mir ist es wichtig zu sehen, dass die Mannschaft die gestellten Aufgaben gut umsetzt.

Ein paar Worte kurz zu Schalkes bisherigen Verpflichtungen, wo liegen die besonderen Qualitäten der Neuen?
In erster Linie haben wir natürlich auf die sportliche Qualität geachtet. Suat Serdar, Mark Uth, Salif Sane, Omar Mascarell kennen die Bundesliga und haben gezeigt, dass sie dort eine gute Rolle spielen können. Steven Skrzybski ist nach starken Leistungen in der zweiten Liga unheimlich ehrgeizig, nun auch in der Bundesliga den Durchbruch zu schaffen. Uns war auch sehr wichtig, dass sie charakterlich ins Teamgefüge passen. In beiden Bereichen sind wir bisher sehr zufrieden.

Welche sportlichen Herausforderungen sind die anspruchsvollsten in der kommenden Saison, wo legen die Verantwortlichen die Messlatte?
Unser Ziel ist es, uns kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das ist ein Prozess, den wir gar nicht so sehr nur an einer bestimmten Platzierung festmachen. Auch wenn wir wissen, dass Fußball am Ende natürlich ein Ergebnissport ist.

Für Schalke geht es um Meisterschaft und Champions League, für die Auer um den Klassenerhalt. Sollte man das „kleine Ziel” in Aue trotzdem nicht geringschätzen oder auch mal mutiger sein?
Ich finde es absolut herausragend, was in Aue geleistet wird. Der Club entwickelt sich Schritt für Schritt weiter – dafür ist der heute Tag mit der offiziellen Stadioneinweihung ja das beste Beispiel. Da sehe ich auch eine Parallele zwischen Aue und Schalke: mit der entsprechenden Entwicklung kommen die sportlichen Ergebnisse.