Start EHV Aue: Das Ritual
Artikel von: Sven Günther
10.11.2018

EHV Aue: Das Ritual

Kevin Roch (hier im Spiel gegen Emsdeten) kämpft sich mit einer Verletzung durch das Sachsenderby, warf den letzten Treffer. Foto: Birgit Hiemer

EHV Aue gewinnt Derby gegen HC Elbflorenz 25:23

Von Sven Günther
Lößnitz. Es gäbe viele Geschichten zu erzählen vom Sachsenderby in der 2. Handball-Bundesliga, das der EHV Aue gegen den HC Elbflorenz mit 25:23 vor 2020 Fans gewann. Nehmen wir den Auer Keeper Erik Töpfer, der eingewechselt mit mehreren starken Paraden sein Team erst im Spiel hielt und dann 20 Sekunden vor Ultimo mit einer reflexartig zuckenden linken Hand den Ball auf dem Weg in den Winkel bremste, dass Unentschieden verhindernd.
Oder man betrachtet Marc Pechstein. Der Rückraum-Riese war vor der Saison von Aue nach Dresden gewechselt, bugsierte das Spielgerät in der letzten Minute völlig unbedrängt und grundlos dem Auer Mindaugas Dumcius in die Hände. Pass auf Meinhardt. 24:23 Führung.
Es würde auch ein Blick auf die EHV-Aushilfs-Flügelzange lohnen. Sebastian Naumann und Pascal Ebert waren gefordert, machten ihre Sache gut, warfen je zwei Tore.
Wie in den bisherigen Auer Saisonspielen könnte auch Eric Meinhardt im Mittelpunkt des Interesses stehen, der gegen Dresden mit zehn Treffern beste Auer und mit 92 Toren erfolgreichste Werfer der 2. Bundesliga. Wir aber erzählen die Geschichte von Kevin Roch.

Das Siebenmeter-Ritual von Eric und Kevin

Die Szene ist immer und immer wieder zu beobachten: Kevin Roch hält den Ball nach dem Siebenmeterpfiff in den Händen, knetet ihn regelrecht, tippt ihn dann zu Eric Meinhardt. Der geht nicht eher zum Punkt, bis er seinen Unterarm mit dem des Kameraden Roch kreuzt. “Das Ritual hat sich bei uns eingeschliffen”, lacht Kevin Roch, “direkt ausgedacht haben wir es uns nicht, es hat sich so ergeben.” Aber es scheint einen Zauber zu verbreiten. Meinhardt ist sicher vom Punkt, hat eine Quote von 84 Prozent und traf vom Strich gegen Dresden vier Mal. Einen Ball konnte der vor allem in der ersten Halbzeit starke Dresdner Keeper Mario Huhnstock parieren.

Der Gästetorwart war auch der Grund dafür, dass der EHV in der ersten Halbzeit immer wieder einem Rückstand aufholen musste. Huhnstock hielt Würfe von Naumann, Roch, Dumcius. Dazu den Siebenmeter von Meinhardt.

Da konnte Vilius Rasimas im Auer Kasten nicht mithalten, wurde in der 20. Minute gegen Erik Töpfer getauscht, der in den nächsten Minuten zwei Bälle des besten Dresdner Werfers Gabor Pulay (6 Tore) entschärfen konnte.
Als dann in der 25. Minuten Bengt Bornhorn nach schönem Anspiel von Jort Neuteboom vom Kreis traf, glich der EHV Aue zum 10:10 aus. Danke zweier weiterer Töpfer-Paraden gegen Pechstein und Auer Toren von Meinhardt und Benas Petreikis hieß es zur Pause 12:12.

Bis dahin hatte Kevin Roch noch mit voller Kraft spielen können. Das sollte sich ändern. Der EHV-Linksaußen: “In dieser Woche bin ich im Training auf einen Ball getreten, umgeknickt. Die medizinische Abteilung hat es geschafft, mich bis zum Spiel wieder fit zu machen. Aber in der 2. Halbzeit wurden die Schmerzen immer schlimmer.”
Nur zehn Minuten schafft er es unter Volllast, konnte dann nur noch in der Abwehr eingesetzt werden, musste das Siebenmeter-Ritual einmal sogar Bengt Bornhorn überlassen, weil er nicht auf dem Feld stand. Roch: “Die Mannschaft und die Fans haben mich die Schmerzen vergessen lassen. Aber im Angriff ging es bei mir wirklich nicht.”
Dort sorgte in der 34. Minute Dumcius für die erste 2-Tore-Führung, warf das erste “leichte” Tor für den EHV, dessen Akteure bis dahin jeden Treffer kraftraubend herauskombinieren mussten. Weitere Paraden von Töpfer (überragen in der 42. Minute gegen Nils Holger Kretschmer) und Tore u.a. von Ebert und Meinhardt (wunderbarer Überkopfwurf a la Talant Dujshebaev zum 21:17) sorgten für Jubel.
Doch die Vier-Tore-Führung in der 46. Minute war noch längst nicht der Sieg. Der EHV kassierte Zweiminuten-Strafen, traf den Pfosten, scheiterte am Gästekeeper.
Die Entscheidung fiel in den letzten Sekunden. Pechstein beging seinen kapitalen Fehler – Meinhardt traf zum 24:23 – Töpfer glänzte mit einer Wahnsinnsparade – und zum Schluss traf Kevin Roch von seiner Linksaußenposition. EHV-Trainer Stephan Swat hatte ihn in den letzten hektischen Minuten dort hingestellt. Roch: “Wie gesagt, die Mannschaft und die Fans haben mich die Schmerzen vergessen lassen. Es war ein wichtiger Sieg vor einer grandiosen Kulisse. Ich hoffe, dass ich am Sonntag gegen Großwallstadt wieder spielen kann. Im Moment kann ich mir das noch nicht vorstellen.” Wichtig wäre es  – nicht nur wegen des Siebenmeter-Rituals…

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