Start Erzgebirge Einer Geschichtsverfälschung auf der Spur
Artikel von: Judith Hauße
30.09.2019

Einer Geschichtsverfälschung auf der Spur

“Probeaufstellung” des Carillons aus dem Jahr 1939 in der Glockengießerei Franz Schilling & Söhne, Apolda. Foto: Stadt Lößnitz
BÜRGERMEISTER UND GEMEINDE WOLLEN GLOCKENSPIEL RETTEN

Tief ist die Verletzung der Lößnitzer, die durch propagandaheischende Medienberichte nicht mit dem „größten und am schönsten klingenden“, international bekannten Bronze-Carillon, sondern einem „Nazi“-Glockenspiel deutschlandweit in Verruf geraten sind. Das Carillon, bestehend aus 23 Glocken, war der Stadt 1938 anlässlich der 700 Jahrfeier von Clara Pfauter gestiftet worden, wobei 4 der Glocken nationalsozialistische Symbole und Inschriften tragen.

Während der geschichtlichen Aufarbeitung des Glockenspiels ist der Bürgermeister, Alexander Troll (CDU), einer Geschichtsverfälschung auf die Spur gekommen. „Bisher ging man davon aus, dass auf Glocke Fünf die Inschrift mit „Adolf Hitler Eger 23.10.1938“ abschließt“, so Alexander Troll. Tatsächlich fand der Bürgermeister während seiner Recherche zur Geschichte des Glockenspiels und seiner Stifterin heraus, dass das Datum „3.10.1938“ auf der Glocke eingraviert ist, der Tag, an dem Adolf Hitler in Eger einzog, um das Sudetenland einzuverleiben, welches ihm durch das Münchener Abkommen zugesprochen worden war.

Obwohl das Glockenspiel von Clara Pfauter kam, die einstige Geschäftsführerin der Hermann Pfauter Maschinenfabrik, die Anfang der 40er Jahre Zwangsarbeiter beschäftigte, entscheiden sich Gemeinde und Bürgermeister für den Erhalt des original Glockenspiels. „Ich werde dem Stadtrat meine Empfehlung aussprechen. Das Carillon ist von 1940 bis 1942 mühsam vor der Verwertung zur Kriegswaffe bewahrt worden. Es ist ein historisches Zeugnis“, so der Bürgermeister. Geplant ist eine Informationstafel, die aufklärt, mahnt und das historisch wertvolle Erinnerungsstück für die nachkommenden Generationen am Leben erhalten soll. „Wir können doch nicht alle historischen Dinge zerstören, sonst bleibt nichts übrig“, so der Kantor Jens Staude. sch