Start Erzgebirge FCE: Geschlossenheit im "Haifischbecken" 2. Liga
Artikel von: Sven Günther
15.12.2016

FCE: Geschlossenheit im “Haifischbecken” 2. Liga

Trafen sich auch in diesem Advent wieder zum Meinungsaustausch: die Fußballkumpel Bertram Höfer und Gerd Schädlich.Foto: Olaf Seifert

 

Von Olaf Seifert
Geplant ist ein Interview zur Bilanz der sächsischen Textil- und Modebranche, vereinbart in einem Restaurant im Chemnitzer Süden. „Anschließend treffe ich mich dort mit einem guten Freund. Lassen Sie sich überraschen…” weckt Bertram Höfer (64), Hauptgeschäftsführer des Verbands der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, kurz vti, vorab meine Neugier. Ehrenamtlich hatte sich mein Gesprächspartner zwischen 1990 und 2015 in verschiedenen Führungsgremien beim FC Erzgebirge Aue engagiert. Also heißt es zur Begrüßung Glückauf und die ersten Fragen haben mit Fußball zu tun.
Herr Höfer, die „Veilchen” haben eine überaus erfolgreiche Saison gespielt, sind in die 2. Bundesliga zurückgekehrt. Doch die Mitgliederversammlung im November offenbarte, der Verein ist gespalten. Was ist da los?
Ich bin tief betroffen, denn mein Herz hängt an meinem Verein. Wer wie ich den FC Erzgebirge nach der Wende mit aufgebaut hat – mein Mitgliedsausweis trägt die Nummer 2 –, 1993 den Sponsoren-Förderkreis mitgründete und mit dem vti und dem Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft (bsw) selbst langjähriger Sponsor ist, findet nun kaum Worte. Wir waren finanziell nie auf Rosen gebettet, haben uns mit ehrlicher Arbeit nach oben gekämpft, eben weil der Zusammenhalt und die Geschlossenheit unser größter Trumpf waren. Jetzt zieht sich ein Riss durch alle Bereiche, insbesondere im Förderkreis.
Sehen Sie eine Lösung?
Im Moment nicht, die Fronten sind verhärtet. Kritik ist wichtig, aber ein paar Regeln muss man schon einhalten, erst recht unter Kumpels und Sportfreunden. Ich weiß nur, dass der FC Erzgebirge schnell wieder zur Geschlossenheit finden muss. Sonst haben wir im „Haifischbecken” 2. Bundesliga keine Chance.
Wie reagieren Unternehmer Ihrer Branche, die Sie ja zahlreich für den FCE begeistern konnten?
Alle, mit denen ich in den letzten Tage sprach, wollen dem FC Erzgebirge weiter als Sponsoren helfen, in welcher Form auch immer. Ein Kollege sagte: „Von außen hat man den FC Erzgebirge nicht kleingekriegt, wir dürfen jetzt nicht zulassen, dass wir uns selbst schwächen.” Es wird Einschnitte geben, die wir bei einem Sponsorentreffen im Januar im Raum Chemnitz ausdiskutieren wollen.
Themenwechsel, wie lief das Jahr für die nordostdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie?
Der Umsatz wuchs um 3,1 Prozent, im Bereich Textil sogar um 4,4 Prozent. Beim Export gibt es ein Plus von 6,6 Prozent, die Textilausfuhren stiegen sogar um 8,1 Prozent. Die Mitarbeiterzahl stieg um 3,2 Prozent. Allerdings stammen die Angaben vom 30.9.2016, die Tendenz wird zum Jahresende aber nicht grundsätzlich anders sein. Wichtigster Treiber sind die Technischen Textilien. Die Hersteller profitieren hier von der starken Nachfrage der deutschen Industrie und der guten konjunkturellen Lage. Zufrieden sind viele Produzenten von Heim- und Haustextilien, Sorgen gibt es vor allem in der Modesparte. Dort machen uns die Russlandsanktionen des Westens und der schwache Rubel zu schaffen. Die ostdeutschen Hersteller sind besonders betroffen, weil die Handelskontakte hier traditionell besonders eng waren.
Der vti ist Interessenvertreter der regionalen Branche. Wo setzt der Verband Schwerpunkte?
Die demografische Entwicklung stellt unsere Betriebe vor Herausforderungen beim qualifizierten Berufsnachwuchs. In fast allen Textil- und Modebetrieben gibt es mehr offene Stellen als geeignete Lehrlinge. Der vti hat dazu im Oktober mit Partnern einen Bildungsgipfel in Plauen durchgeführt, wir sind im Internet und auf Ausbildungsmessen aktiv. Positive Effekte erwarten wir vom Beruflichen Schulzentrum e.o.plauen, wo jetzt die Ausbildung in unserer Branche konzentriert ist. Weitere Schwerpunkte sind Umweltfragen, Schutz vor Markenpiraterie, die Digitalisierung und Möglichkeiten der Energieeinsparung.
Stichwort Energie, besteht die Möglichkeit, bestimmte Betriebe von der EEG-Abgabe zu entlasten?
Nein, die Hürden sind hier extrem hoch und der vti hatte mit seinen Bemühungen keinen Erfolg. Fakt ist, dass die Betriebe der Textil- und Bekleidungsindustrie häufig technologisch bedingt sehr energieintensiv sind. Mit Erhöhung der EEG-Abgabe zur Finanzierung der Energiewende im neuen Jahr werden die Kosten darum weiter wachsen. Dem können wir nur durch Energieeinsparungen begegnen. Auf vielen High-Tech-Gebieten ist die nordostdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie Vorreiterin.
So ging in Gera vor wenigen Wochen Europas modernste Jacquardweberei in Betrieb. Gemeinsam mit dem Sächsischen Textilforschungsinstitut stfi wurde das Technologieprojekt futureTEX gestartet. Was auf diesen Strecken in unserer Branche passiert, dazu informieren wir auf den Fachmessen HEIMTEX im Januar und TECHTEX im Juni 2017 in Frankfurt am Main.
Im Übrigen kann man sich über Innovationen unserer sächsischen Textilindustrie im Foyer der Auer Stadtwerke zum Thema Gesundheitstextilien anschaulich informieren.
Am Schluss des Gesprächs kommen wir zurück auf den Fußball, denn Bertram Höfer trifft seinen alten Freund Gerd Schädlich, 1999 bis 2007 Trainer in Aue, einer der Aufstiegshelden von 2003 und heute tätig für den Halleschen FC.
„Seit damals gehen wir jedes Jahr an einem Abend im Advent schön essen”, sagt FCE-Ehrenmitglied Höfer. Der Zusammenhalt bei den Veilchen funktioniert eben doch noch.
Zumindest zwischen diesen beiden…