Start Chemnitz FRAUENRECHTE – REGIONAL ZEICHEN SETZEN FÜR FRAUEN
Artikel von: Redaktion
09.03.2018

FRAUENRECHTE – REGIONAL ZEICHEN SETZEN FÜR FRAUEN

Für Frauenrechte sollte sich vor allem regional stark gemacht werden. Wie das geht, machen einige aktuelle Beispiele deutlich. fotolia.de © krisana (#190900190)

Die Debatte um die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau war lange nicht mehr so brisant wie in diesen Tagen. Vor allem der #metoo-Skandal löste weltweit wieder Diskussionen aus, zahlreiche Frauen trauten sich, von persönlich traumatischen Erfahrungen, von Sexismus, Unterdrückung und Ungerechtigkeiten zu erzählen. Viele strengt die Debatte mit all ihrer viralen Kraft inzwischen mehr an, als dass sie einer erneuten und produktiven Beschäftigung mit der Thematik zuträglich wäre. Dennoch scheint es noch immer ein Bedürfnis gerade vieler Frauen zu geben, zu betonen, dass in einigen Belangen Frauen immer noch ungleich behandelt werden – vor allem natürlich auch in weniger gut entwickelten Ländern, die man gerne vergisst. Wo kurze Postings auf Twitter, Facebook & Co. wohl eher oberflächliche Auseinandersetzungen verursachen, kann es auch anders gehen. Zeichen für Frauenrechte können auch regional und im kleineren Kreis gesetzt werden.

Gezielte Aktionen sorgen für Aufmerksamkeit

Ziellose Proteste, Demonstrationen und leere Phrasen verderben vielen Leuten das Interesse an einer Sache, die im Kern vielleicht einen wichtigen Inhalt hat. Einzelne, gezielte Aktionen hingegen können dafür sorgen, dass die Relevanz des Themas und nicht die Relevanz der Aufdringlichkeit der Vermittlung im Vordergrund steht. Gerade auch hinsichtlich einer extrem kontrovers diskutierten Sache, wie den #metoo-Skandalen und dem dahinterstehenden großen Thema der Gleichberechtigung von Mann und Frau, sind solche subtilen und effektiven Aktionen deutlich sinnvoller.

Glücklicherweise verstehen auch regionale Politiker genau diesen Punkt von Zeit zu Zeit und beteiligen sich an entsprechend sinnvollen Aktionen. So unterstützt etwa die Stadt Chemnitzer gemäß eines Stadtratsbeschlusses aus dem vergangenen Jahr 2017 die internationale Kampagne „Fairtrade-Towns“ und bemüht sich um den in Deutschland von TransFair e.V. verliehenen Titel „Fairtrade-Town“. Dabei wirbt Chemnitz um die Beteiligung diverser Akteure aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.

Am 4. März 2018 waren im Zuge dieser Kampagne die beiden Afrikanerinnen Esther Nyambura, eine Blumenarbeiterin aus Kenia und Serah Mwangi, Referentin für Geschlechtergerechtigkeit bei Fairtrade Africa in der Kirchgemeinde Pauli-Kreuz in Chemnitz zum Kirchenkaffee zu Gast. Die beiden Frauen erzählten in einer Gesprächsrunde darüber, wie der Lebensalltag als Blumenarbeiterin in Kenia aussieht und wie die Unterstützung von Fairtrade sich auch auf die Stärkung von Frauenrechten auswirken kann.

Wer Fairtrade-Blumen kauft, macht sich mitunter für die Frauenrechte stark. fotolia.de © Ronstik (#157319789)

Nyambura, alleinerziehende Mutter zweier Töchter, berichtete von ihrer Arbeit auf der Fairtrade-zertifizierten Blumenfarm Bigot Flowers. Fairtrade ist im Blumensektor aktiv, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen gerade auch der vielen Frauen zu verbessern, die hier aktiv sind. Es wird sich für Arbeitsverträge, Mutterschutz usw. eingesetzt.

Gemeinschaftliche Aktionen wie diese klären Verbraucher darüber auf, dass beispielsweise auch Dinge, wie fair gehandelte Blumen und Pflanzen für viele VerbraucherInnen eine bessere Alternative sind und dass es sich damit ganz direkt für Frauenrechte stark machen lässt.

Zeichen setzen liegt im Trend

Ähnliche „Aufklärungsarbeit“ muss übrigens nicht nur in von Politik organisierten und durchgeführten Aktionen stattfinden. Auch im kreativen Bereich und in der Kunst nämlich spielt wahre Emanzipation und nicht nur bloßes #metoo-Phrasengedresche eine mitunter nicht unbedeutende Rolle.

So entdeckt beispielsweise die Modebranche eine feministische Farbe wieder: Lila, die Farbe der Gleichberechtigung und des Frauenrechts schlechthin ist so modern, wie kaum zuvor – läuft man etwa durch die Chemnitzer oder Zwickauer Innenstadt, begegnet man der Farbe in unzähligen Schaufenstern. Bereits Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger Jahre galt Lila als die Farbe des Feminismus. Das Bild entstand durch die Aneignung und das protesthaft-bewusste Tragen von lila Latzhosen in einigen Frauengruppierungen. Jene Latzhosen galten bis dahin als männliches, proletarisches Kleidungsstück, als Hose der Arbeiter. An Frauen jedoch verdeckte sie nun Hüften und Brüste – Weiblichkeit sollte eben nicht mehr über den Körper definiert werden. Auch Plakate zum Internationalen Frauentag wurden oftmals in lila gestaltet. Als die „erste richtige“ Feminismuswelle jedoch wieder abklang, verschwand der Farbcode wieder. Nun scheint die Farbe aber wieder einen wirklichen Aufschwung zu erleben. Sogar das PANTONE® Color Institute betitelte Lila als DIE Farbe für 2018, was Stil und Modewelt betrifft – und wer sonst, als diese Autorität in Sachen Trendfarbenprognose könnte den Zahn der Zeit genauer treffen? Bleibt abzuwarten, ob die Farbe auch im Sinne der ehemaligen Bedeutung vor allem in regionalen Kreisen und nicht nur im Netz dazu genutzt wird, über die Debatte angemessen zu reden und ein Statement zu setzen.

Dass Kunst und Kreativität auch dazu genutzt werden können gegen zu starken und direkten Feminismus zu protestieren, bzw. eine andere Herangehensweise an das Thema zu finden, beweist beispielsweise der deutsche Dramaturg und Schriftsteller John von Düffel, der sich am Theater Chemnitz in seinem Stück „Der dressierte Mann“ der Frage widmet, ob es denn wirklich sinnvoll ist, als Frau die Opferrolle in der Gesellschaft zu betonen. Er bedient sich dabei der Thesen der Autorin Esther Vilar, die sich mit ihrer Streitschrift, die eben jenen Titel „Der dressierte Mann“ trug, für die Würde der Frauen stark machte und die Meinung vertrat, Feminismus sollte auch die Mechanismen und Möglichkeiten weiblicher Machtausübung mit in ihre Überlegungen einbeziehen. Von Düffels Stück lässt sich bis Ende Mai im Theater Chemnitz bestaunen.

Ein Kampftag für Frauenrechte

Einige Regionalpolitiker betonen, dass es keinen Grund dafür gibt, dass Frauen häufig immer noch weniger verdienen, als Männer. fotolia.de © euregiocontent (#141355861)

Der jährlich stattfindende Frauentag am 8. März, den damals lila Plakate begleiteten, ist heute oftmals nur ein genauso oberflächlicher Tag, wie viele Statements in sozialen Medien leere Phrasen sind. Ein einfaches „Glückwunsch zum Weltfrauentag“ und ein kurzer Gedanken an die Frauen dieser Welt – wem soll das eigentlich etwas bringen?

Viel sinnvoller ist es dagegen, auch solche „Aktionstage“ für aufklärerische Zwecke zu nutzen. So macht es im besten Fall auch die lokale Politik, indem beispielsweise die Frauen Union Kreisverband Erzgebirge, die sich für Interessen der Frauen innerhalb des Erzgebirgskreises, auf Landesebene und ebenso innerhalb der Union einsetzt, über das Potenzial des Weltfrauentages heute aufklärt. Zwar habe man inzwischen eine Bundeskanzlerin und viele Frauen in Führungspositionen von Wirtschaft, Kultur und Kirche, die Anliegen des Weltfrauentages haben sich allerdings noch immer nicht erledigt. Denn in Deutschland blieben „Familie und Beruf für junge Frauen immer noch ein Spagat. Sie finden keine geeignete Kinderbetreuung.“ Außerdem sei es „nicht zu akzeptieren, dass berufliche Leistungen „weniger wert“ sind, nur weil sie von Frauen erbracht werden. Frauen verdienen in Deutschland durchschnittlich fast ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen. […] Ich kann es nicht für gerecht halten, dass eine Frau 23 Prozent weniger verdient, wenn sie die exakt gleiche Arbeit tut wie ein Mann.“, so die Politikerin Lilly Vicedom.

Auch Die Linke nutzt im Erzgebirge Anlässe wie den Weltfrauentag, um zu betonen, dass dieser Tag weltweit weiterhin hochaktuell sei. Klaus Tischendorf, Landtagsabgeordnete und gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion erklärt, ebenfalls vor allem in Bezug auf die Unterschiede im Lohnsektor: „Der Kampf um die Gleichberechtigung ist noch lange nicht zu Ende, wie die Lohnunterschiede von bis zu 22% bei gleicher Arbeit beweisen. Auch die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen sind immer noch eingeschränkt. Ein großes Thema für den internationalen Frauentag bleibt der Kampf um den Frieden. Die Kriege in dieser Welt müssen endlich, auch im Namen der Frauen, Mütter und Großmütter beendet werden!“

Jährlich verteilt die Partei an diesem Tag Blumen zu Ehren der Frauen und ihrer Rechte und möchte damit auch ein sichtbares Zeichen setzen– vielleicht handelt es sich dabei ja sogar um Fairtrade-Blumen.

Wenn Städte Frauengeschichte würdigen

Wirklich produktiv lassen sich Gelegenheiten wie der Frauentag dann nutzen, wenn sie dazu dienen, Aufklärungsarbeit bezüglich der Rolle der Frauen in der Geschichte zu leisten, die vorher so vielleicht noch nicht geleistet wurde und die einen neuen Blick auf die Dinge ermöglicht.

Silva Teichert, Leiterin des Zwickauer Stadtarchivs etwa, möchte mit einer Tagung am Internationalen Frauentag das lückenhafte Wissen über den weiblichen Anteil an der Stadtgeschichte Zwickaus schließen: Da Bertha von Groitzsch der Stadt 1118 die Marienkirche stiftete, wurde das »territorio Zcwikaw« zum ersten Mal urkundlich erwähnt – und daher feiert Zwickau 2018 genau 900-jähriges Jubiläum. „Wir möchten zeigen, dass es schon ganz früh Frauen gab, die ihre Spuren hinterlassen haben – sie waren in einer von Männern dominierten Welt nur lange nicht sichtbar«, so Teichert zum Jubiläum der Stadt und der Rolle, welche die Frauen für sie spielten.