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Artikel von: Sven Günther
12.04.2018

Gefährliche Asylunterkünfte

Die Asylunterkunft in der Auer Siedlerstraße wird von der Sächsischen Staatsregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Juliane Nagel als gefährlicher Ort eingestuft. Foto: Daniel Unger

Neun Asylunterkünfte sind gefährliche Orte

Von Sven Günther
Region. Neun der 150 Asylunterkünfte in Sachsen sind laut Polizeigesetz „gefährliche Orte“!
Sechs liegen im Erzgebirge. Das geht aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) hervor. Die Politikerin zum WochenENDspiegel: „In Bayern wurden alle Asylunterkünfte prinzipiell als gefährliche Orte eingestuft. Ich wollte wissen, ob das im Zuge der Novellierung des Polizeigesetzes in Sachsen auch geplant ist.“ Die Entscheidung darüber steht noch aus.
Und Nagel wollte wissen, ob es aktuell in Sachsen nach Polizeigesetz deklarierte „gefährliche Orte“ gibt.
Gibt es! Von der Sächsischen Innenministerium werden neun Asylunterkünfte inklusive der gemeldeten Straftaten aufgeführt.

Chemnitz Bernsdorf:
Im dritten Quartal 2017 kam es am Objekt zu mehreren Sachbeschädigungen sowie Körperverletzungs delikten vor und im Objekt. Weiterhin wurden mehrere Tatverdächtige von Diebstahlsdelikten gestellt, die im Objekt wohnten. Dazu kommt ein sexueller Missbrauch und ein Drogendelikt.
Chemnitz Altchemnitz: In dem Wohnheim kommt es regelmäßig zu Straftaten aus den verschiedensten Deliktsbereichen. Zudem wurden bei Kontrollen im Stadtgebiet von Bewohnern der Unterkunft immer
wieder Verstöße gegen das BtMG festgestellt.

Freiberg Chemnitzer Straße:
Die Einrichtung hat sich als Schwerpunkt für Verstöße gegen das BtMG herauskristallisiert. Trotz der erfolgten Strafverfolgungsmaßnahmen dient diese Wohnheim für Asylbewerber Gemeinschaftsunterkunft nach wie vor als „Umschlag-und Lagerplatz“ für BtM. Des Weiteren zeichnete sich hier für den OT Fernesichen ein Kriminalitätsschwerpunkt für Raub-, Diebstahls- und Körperverletzungsdelikte ab: 25,4 Prozent aller im Jahr 2016 in diesem OT registrierten Diebstahlsdelikte entfielen allein auf diese Unterkunft sowie 9,8 Prozent der Gewaltkriminalität.

Aue Siedlerstraße:
Gegen mehrere Bewohner der Unterkunft werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG und wegen Diebstahlsdelikten geführt.
Weiterhin kam es im Objekt zu Körperverletzungsdelikten und Bedrohungen gegenüber dem Personal der Unterkunft sowie zu einem Verstoß gem. § 126 StGB – Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten.

Johanngeorgenstadt Schwefelwerkstraße:
Gegen mehrere Bewohner der Unterkunft werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG und zu Diebstahlsdelikten geführt. Im Objekt kam es zu mehreren Körperverletzungsdelikten, bei denen auch Bewohner anderer Unterkunftseinrichtungen beteiligt waren.

Jahnsdorf Wilhermsdorfer Straße:
In der Unterkunft kam es wiederholt zu Körperverletzungsdelikten zwischen mehreren Bewohnern unterschiedlicher Nationalität. Gegen Bewohner werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG sowie zu Diebstahlsdelikten, Sachbeschädigungen und Bedrohungen in Chemnitz und anderen Orten geführt.

Niederdorf Dorfstraße:
In der Unterkunft kam es wiederholt zu Körperverletzungsdelikten zwischen mehreren Bewohnern unterschiedlicher Nationalität. Gegen Bewohner werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG sowie zu Diebstahlsdelikten und Bedrohungen in Chemnitz und anderen Orten geführt
Meinersdorf Äußere Gewerbestraße: In der Unterkunft kam es wiederholt zu Körperverletzungsdelikten zwischen mehreren Bewohnern unterschiedlicher Nationalität und zu Bedrohungen gegenüber dem Personal der Unterkunft. Gegen Bewohner werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG sowie zu Diebstahlsdelikten geführt.

Oelsnitz/E. Badstraße:
Gegen Bewohner der Unterkunft werden Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG, zu Diebstahls- und Körperverletzungsdelikten sowie wegen Bedrohung geführt.

Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (DIE LINKE). Foto: DIE LINKE

Juliane Nagel: „Ich bin über die Antwort insofern überrascht, als das nur Geflüchtete als TäterInnen zur Begründung herangezogen werden.“ Sie verweist auf die Zahl von Angriffen auf Asylheime. 2015 gab es davon in Sachsen 118, im Jahr 2016 waren es 113. Schließlich wurden 2017 nur noch 20 Angriffe erfasst.

Allerdings: 2015 wurden 78, ein Jahr später 65 der Fälle eingestellt, weil u.a. kein Täter zu ermitteln war.

„Wenn Asylunterkünfte als ‚gefährliche Orte‘ gelten, werden viele Bewohnerinnen und Bewohner pauschal für die Straftaten einzelner bestraft, indem ihre Grundrechte verletzt werden. Dort darf die Polizei anlasslos und verdachtsunabhängig die Identität von Menschen feststellen und zu diesem Zweck auch Durchsuchungen vornehmen, sagt Juliane Nagel. „Die Unschuldsvermutung wird ausgehebelt.“
Die Linken-Politikerin weist darauf hin, dass die Umstände (Enge, Langeweile, Perspektivlosigkeit, Geldnot) in den Einrichtungen, der Nährboden für Straftaten und Drogenkonsum wären.