Start Mittelsachsen "Ihn lehrt das Beispiel Gorbatschow"
Artikel von: Redaktion
27.10.2015

“Ihn lehrt das Beispiel Gorbatschow”

Im Abschluss des Forum signierte Gerd Ruge sein Buch “Politische Erinnerungen an seine Fans. Foto: St. Ulbricht

Ihn lehrt das Beispiel Gorbatschow“

Gerd Ruge im Tivoli : Russlandsanktionen diskutiert – Unterschiede in der West-Ost-Wahrnehmung

Freiberg. Die durch die Ukraine-Krise ausgelösten EU-Sanktionen gegenüber Russland setzen Sachsens Wirtschaft weiter unter Druck. Die aktuelle, per 31. August vorgelegte Exportbilanz des Freistaates mit Vergleich zu Ende August 2014, spricht eine deutliche Sprache.

Außer der Sparte Kfz-Export verzeichneten sämtliche anderen Bereiche ein deutliches Minus. Allein der Sachsen prägende Maschinenbau sackte um 38 Prozent auf 113 Millionen Euro ab. Zwar schlagen die Verbände schon seit geraumer Zeit Alarm, doch ficht das die EU-Politik bisher nicht an.

Zu diesem und anderen Russland affinen Fragen passte am 26. Oktober die dritte Folge der von “WochenENSpiegel Freiberg initiierten  “Freiberger Runde”. Zu Gast war diesmal der bekannte Journalist Gerd Ruge. Vor etwa 140 Zuschauern und der Moderation von Andreas Mann beantwortete er detailliert Fragen.

Eines wurde aber auch klar, die Betrachtung zwischen Ost und West ist auch bei der Thematik verschieden. Im Forum selbst, Gerd Ruge, las auch ein Stück seines Werkes „Unterwegs – politische Erinnerungen“ kamen natürlich viele Fragen zu Russland.

Ruge selbst war bereits 1956/59 in der Sowjetunion, kannte den damaligen KPdSU-Chef Nikita Chrustschow („Wenn er zu uns Journalisten kam, machte er erstmal Krach“) und damit auch die unabdingbaren Regeln für jeden Staatsführer im Kreml.

Speziell zu Putin meinte er: „In seiner ersten Amtszeit war er zivilisierter und konnte es auch sein. Doch haben sich an seinen Landesgrenzen zwischenzeitlich viele Dinge ereignet. Und ihn lehrt das Beispiel Gorbatschow, lieber etwas mehr Härte als zu wenig zu demonstrieren. Und glaubt man den Umfragewerten, fährt er ganz gut damit.“

Viele Zuhörer bezweifelten in ihren Statements und Fragen, dass die Sanktionen auf Russland Auswirkungen hätten: „Die EU war wohl noch nie hinterm Ural, die haben doch unbeschränkte Ressourcen.“ Dem wollte sich Gerd Ruge nicht so ganz anschließen: „Die sind aber auch schwer zu erschließen“, gab aber einem Zuschauer in Sachen russisch-amerikanisches Verhältnis recht: „Die Sanktionen sind auch teilweise Folge eines sehr schlechten menschlichen Verhältnisses zwischen Obama und Putin. Die beiden können einfach nicht miteinander.“

Eine Erkenntnis des Abends war, dass die Betrachtungsweise des Verhältnisses zu Russland im deutschen Osten ganz anders als im Westen ist. Die Freiberger Bundestagsabgeordnete Dr. Simone Raatz fragte: „Wie kann ich meinen Westkollegen mal begreiflich machen, dass auch das Thema Russland Deutschland spaltet und Sanktionen der falsche Weg sind?“

Dem konnte sich Ruge nicht anschließen; „… man müsse schon etwas Druck ausüben, um die Balance zu halten.“ Ansonsten blieb der journalistische Altmeister cool und gab auch einige Anekdoten zum besten.

Nur bei der letzten Frage – zum Gerücht „Kanzlerakte“- wurde er etwas ungehalten: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sowas gibt.“  ULB