Start Zwickau Im Banne der Unterwelt
Artikel von: Uwe Wolf
10.03.2016

Im Banne der Unterwelt

Barbara Kümmer mit Besuchern in den Dienerschen Gängen. Foto: Uwe Wolf
Barbara Kümmer mit Besuchern in den Dienerschen Gängen. Foto: Uwe Wolf

Glauchau. Elf Meter unter der Stadt die Unterwelt erkunden. In den Dienerschen Gängen ist das möglich. Und dank eines Verbindungsganges zum Kellersystem unter dem Stadttheater kommt eine rund 460 Meter lange Strecke zustande, die erkundet werden kann.

Am 15. April von 19 bis 22 Uhr lädt der Fremdenverkehrsverein Schönburger Land e.V. wieder zu einem Besuch der Unterwelt ein. WochenENDspiegel hat die Unterwelt schon einmal erkundet. “Das Besondere ist, dass die Keller und Gänge in Rotliegendes gehauen wurden, allerdings nicht in Stein, sondern in Erde, die von Natur aus so verdichtet ist, dass die Kellergänge halten”, sagte Barbara Kümmer vom Fremdenverkehrsverein Schönburger Land. “Die Gänge sind freitragend und sehr stabil. Es wurde kaum etwas ausgemauert.”

Los gehts mit dem Aufsetzen eines Helmes. Den braucht man auch, denn oftmals geht es nur in gebückter Haltung voran. Nicht selten, kratzt der Helm an der Decke. Der erste Teil des Gangsystems ist beleuchtet. Zu ihm gehört auch ein großer Keller. Der und die Gänge wurden einst zur Lagerung von Bier und Lebensmittel verwendet. Außerdem dienten sie den Bewohnern als Versteck.

Wie alt die Gänge und Keller sind, weiß keiner. Sie wurden vor einigen hundert Jahren angelegt. Ihren Namen erhielten sie 1888, als eine Familie Diener das Anwesen über den Kellern erwarb und damit auch die Keller selbst. Die erste erhaltene Verkaufsurkunde ist mit 1576 datiert. In den Gängen erfahren die Besucher viel Wissenswertes über die Nutzung, das Erdmaterial und auch über Pilze, die im Innern wachsen und sogar essbar sind. Mit dabei ist in der Regel die Gangkatze, die alle begleitet.

Später übernimmt Harald Kümmer die kleine Gruppe. Er führt sie durch den Verbindungsgang zum Gangsystem unter das Theater. Der Gang war nur ein Kriechgang. Der wurde angelegt, weil im 2. Weltkrieg die Gänge unter dem Stadttheater als Luftschutzraum genutzt wurden. Ein zweiter Ausgang war da Pflicht.
Vor einigen Jahren wurde der Gang im Zuge von Beräumungs- und Sicherungsarbeiten erweitert, so dass er nun ohne große Probleme beschritten werden kann. Das Gangsystem unter dem Stadttheater wurde einst mit Spritzbeton verkleidet.

“1924 machten sich drei Glauchauer auf nach Berlin und informierten sich über das Torkretverfahren, das 1908 in den USA erfunden und seit 1919 auch in Deutschland angewendet wurde. Sie bildeten dann in Glauchau eine Brigade, kauften sich eine Torkretmaschine und spritzten die Gänge mit Beton aus”, erklärte Harald Kümmer. Er betonte, dass der Beton noch heute hält und noch nie nachgebessert wurde.

Später dann wird es dunkel, denn es gibt keine Beleuchtung mehr. Die vorher ausgegebenen Taschenlampen müssen angeschaltet werden. Nach einer kurzen Strecke heißt es aber Taschenlampen aus und ruhig sein. “Das ist eine richtige Dunkelheit, wo man wirklich nicht die Hand vor Augen sieht”, meinte Kümmer. “Im Freien gibt es das nicht mehr, Sterne, Straßenbeleuchtung, Fahrzeugscheinwerfer sorgen dafür, dass es keine richtige Dunkelheit mehr gibt. Und auch wirkliche Stille ist sehr selten geworden.”

Dann geht es weiter durch die Unterwelt, bis man einige Meter vom Eingang entfernt wieder ins freie kommt. Rund 6000 Meter erkundete Keller und Gänge gibt es in Glauchau. Es wird vermutet, dass es nochmals 6000 Meter unterirdische Anlagen gibt, die noch nicht bekannt sind. uw

Harald Kümmer führt die Besucher durch das Kellersystem unter dem Stadttheater. Foto: Uwe Wolf
Harald Kümmer führt die Besucher durch das Kellersystem unter dem Stadttheater. Foto: Uwe Wolf