Start Zwickau Individualität bringt Erfolg
Artikel von: Uwe Wolf
01.12.2016

Individualität bringt Erfolg

Jobs gibt es viele. Die Firmen suchen händeringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Auch Helferstellen können kaum noch besetzt werden. Foto. Uwe Wolf
Jobs gibt es viele. Die Firmen suchen händeringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Auch Helferstellen können kaum noch besetzt werden. Foto: Uwe Wolf

Zwickau/Kertzsch. Rund 4500 Langzeitarbeitslose gibt es im Bereich der Arbeitsagentur Zwickau. Viele sind schon zwei bis vier Jahre arbeitslos. Zu ihnen gehörte bis vor einiger Zeit auch Andreas Borgwardt aus Weidensdorf. Er hat seit dem 1. November über das Projekt “Coaching Center” einen neuen Job im Autohaus Socke in Kertzch gefunden.

“Es kommt bei dem Projekt nicht auf die Dauer der Arbeitslosigkeit ein. Die Arbeitsvermittler schlagen uns die Leute vor. Diese werden dann informiert und bekommen von uns eine Einladung ins Coaching Center”, sagte dessen Mitarbeiter Markus Tröger. Dann erfolgt eine Intensivbetreuung. Da der Kundenstamm viel kleiner als bei einem Arbeitsvermittler ist, gibt es einen sehr engen Kontakt und eine individuelle Betreuung. “Das heißt nicht, dass die Leute ständig zu uns kommen müssen. Es wird auch telefoniert und gemailt”, meinte Tröger.

Andreas Borgwardt ist einer der ersten, der durch diese Betreuung einen neuen Job gefunden hat. Der gelernte Agrotechniker stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und war fünf Jahre ohne Arbeit gewesen, hatte sich schon fast aufgegeben. Aber er wollte unbedingt arbeiten, weshalb er sehr gut für das “Coaching Center” geeignet war. Neben der intensiven Betreuung wurden seine Stärken herausgearbeitet, wurden diese gefördert. Im Autohaus Socke fand man auch einen Arbeitgeber, der einen Job zur Verfügung gestellte. Inhaber Hans-Uwe Socke ist mit seinem neuen Mitarbeiter, der zur Zeit vorwiegend im Lager vor allem mit der Reinigung und Sortierung von Reifen beschäftigt ist, sehr zufrieden. Wie Socke erklärte, soll der Kollege später auch Räder auswuchten und das Aufziehen der Räder auf Fahrzeuge mit durchführen. .

Glücklich über die Entwicklung ist natürlich auch Andreas Borgwardt. “Ich danke Herrn Socke für die Befreiung von der Arbeitslosigkeit und für das Vertrauen, dass er in mich setzt. Es ist alles schön hier”, freut sich Borgwardt.

Wie Raimund Becker, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit, bei einem Besuch im Autohaus Socke sagte, ist die Zahl der Arbeitslosigkeit in den vergangenen zwei Jahren um rund 15 Prozent zurückgegangen. Allerdings nehme die Zahl der Langzeitarbeitslosen nur gering ab. “Deshalb müssen wir neue Wege gehen und Spezialisten einsetzen, die sich den Langzeitarbeitslosen widmen”, sagte Raimund Becker. “Diese sind wichtige Resourcen für den Arbeitsmarkt und die gilt es zu mobilisieren. Das Projekt zeigt, dass wir Erfolg damit haben.”

Die Betreuung im “Coaching Center Projekt” ist sehr intensiv. Der zuständige Vermittler geht unter Umständen auch beim Vorstellungsgespräch mit, man sucht gemeinsam Arbeitgeber, versucht das Selbstvertrauen der Langzeitarbeitslosen, das meistens schon in die Brüche gegangen ist, wieder aufzubauen. “Der Aufwand pro Fall wird mehr. Aber das ist die Zukunft. Wir müssen kreativer werden, um Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu bringen. Angesichts der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels gibt es dazu keine Alternative”, stellte Becker fest.

“Die Betreuung ist sehr zeitaufwendig und auch kostenintensiv”, sagte Arbeitsvermittlerin Katrin Welker von der Agentur für Arbeit Zwickau. “Aber es lohnt sich. Und das freut uns.”

Auch die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (DIE LINKE), begrüßt das Projekt. “So muss Vermittlung aussehen. Nur eine intensive Betreuung führt zu einer Integration in den Arbeitsmarkt”, erklärte sie. “Eigentlich müsste jeder Arbeitslose so betreut werden. Deshalb wird mehr Personal in den Jobcentern benötigt. Leute wie beispielsweise Herr Borgwardt gehören nicht auf das Abstellgleis sondern in Lohn und Brot.”

Allerdings kostet mehr Personal auch mehr Geld. “Da liegt der Ball in Berlin. Die Frage ist, wie viel Geld dem Träger diese Leistung wert ist”, meinte Becker. uw

 

Autohauschef Hans-Uwe Soche (2.v.l.) im Gespräch mit den Vertretern der Agfentur für Arbeit. Foto: Uwe Wolf
Autohauschef Hans-Uwe Soche (2.v.l.) im Gespräch mit den Vertretern der Agentur für Arbeit. Foto: Uwe Wolf