Start Zwickau Jäger: Ein Ehrenamt mit Risiko
Artikel von: Redaktion
07.04.2016

Jäger: Ein Ehrenamt mit Risiko

Gegenwärtig haben wir Schonzeit, da die Setz- und Brutzeit der Tiere begonnen hat. Foto: Franz-Heinrich Busch
Gegenwärtig haben wir Schonzeit, da die Setz- und Brutzeit der Tiere begonnen hat.
Foto: Franz-Heinrich Busch

Landkreis Zwickau. Die Jagdverbände schlagen Alarm: Es gibt immer mehr Schwarzwild in Deutschland. Und auch im Landkreis Zwickau steigt die Zahl, genau genommen um etwa 30 Prozent. Deutschlandweit sind es etwa zehn Prozent.

Der warme Winter hat den Tieren nicht gerade geschadet. Die Tiere laufen in sogenannten Rotten, die von den Bachen, also dem Muttertier, geführt werden. In der Regel kommen die Jungtiere im April zur Welt. „Normalerweise bestehen die Familien aus etwa sieben bis zehn Tieren“, erklärt der Dirk Thomas, Vorsitzender des Zwickauer Jagdverbandes. „Jetzt kann es passieren, dass auch 30 von ihnen gemeinsam unterwegs sind, sogenannte gemischte Rotten. Das ist eine große Gefahr und bedroht  die Existenz der Bauern, wenn man sich vorstellt, dass über Nacht gleich ein ganzes Fußballfeld umgegraben werden könnte“.

Die Jäger stehen immer mehr unter Druck. Denn in ihrem Handeln beißt sich die Katze in den Schwanz. „Sobald der Mond scheint, muss ein Jäger raus“, sagt Dirk Thomas, Vorsitzender des Zwickauer Jagdverbandes, „denn für Wildschäden muss der Jäger aufkommen.“ Sollte also beispielsweise ein Feld von Wildschweinen in der Nacht in Beschlag genommen worden sein, hat der Bauer zwar das Nachsehen, doch das gilt auch für den Jäger des jeweiligen Jagdreviers. Er ist nämlich dafür verantwortlich, dass die Population stabil gehalten wird. Sonst ist er gezwungen für den entstandenen Schaden zu zahlen, was durchaus mal 3.000 Euro ausmachen und auch überschreiten kann. Einen Versicherungsschutz für die Jäger gibt es nicht.

„Sorgenkinder“
„Sorgen machen uns die jungen, einjährigen Sauen, die so genannten Überläufer“, erklärt Thomas. Diese jungen Damen und Herren des Schwarzwildes sind jetzt von ihren Müttern abgewiesen worden und irren allein, unerfahren herum und verursachen viel Schaden an Wiesen und Jungsaaten, die der Jäger bezahlen muss. „Der Jäger hat es schwer, er darf keine Bache erlegen und die Überläuferbachen haben oft auch schon Frischlinge.“

Hinzu kommt, dass die Tiere am Tage immer seltener zu sehen sind, nachts sind sie umso aktiver. Entsprechend müssen auch die Jäger „zu Eulen werden“. Wer berufstätig ist, hat es nicht einfach. Um beispielsweise ein 50 Kilogramm schweres Wildschwein zu erlegen, benötigt es zuvor erfahrungsgemäß etwa 50 Stunden, bis ein Schwein weidgerecht erlegt werden kann. Das macht es den Verbänden auch schwer, entsprechend junge Mitglieder zu akquirieren. Der Zwickauer Jagdverband hat knapp 200 Mitglieder. Mehr als 40 von ihnen sind älter als 70 Jahre.

Krankheiten eher selten
Krankheiten bei den Tieren machen Jägern relativ wenig Sorgen. Tollwut-Fälle sind lange nicht bekannt geworden. Allerdings ist die Gefahr dennoch da. Denn gerade Wölfe haben oftmals weite Strecken hinter sich, wenn sie dann auch mal unsere Region streifen. Großes Interesse besteht ihrerseits nämlich nicht, hier sesshaft zu werden. „Sie laufen lieber stromabwärts entlang der Elbe“ in das Flachland bemerkt Dirk Thomas.

Anders sieht es hingegen bei den Füchsen aus. Die können die Staupe haben, eine Krankheit, bei der die Tiere zunächst Fell verlieren und dann jämmerlich verenden. Das ist besonders dann gefährlich, wenn Hunde das Virus übertragen bekommen. Erst am Montag hat Thomas einen toten Fuchs aufgefunden und zum Veterinäramt gebracht und es wurde Staupe festgestellt.

Wunsch nach mehr Anerkennung

Die rollende Waldschule des Kreisjagdverbandes der Region Zwickau wird gegenwärtig schon wieder zu Lehr- und Ausstellungszwecken zum Einsatz gebracht, wie hier zu Ostern im Tierpark Hirschfeld. Foto: Kreisjagdverband Landkreis Zwickau
Die rollende Waldschule des Kreisjagdverbandes der Region Zwickau wird gegenwärtig schon wieder zu Lehr- und Ausstellungszwecken zum Einsatz gebracht, wie hier zu Ostern im Tierpark Hirschfeld.
Foto: Kreisjagdverband Landkreis Zwickau

Hätte der Fuchs noch gelebt, hätte der 67-Jährige ihn erlegen müssen. Das gehört auch zu den Pflichten eines Jägers. Tiere dürfen nicht leiden.
Nun kann jeder von der Jagd halten, was er will. Die Menschen haben sich das im Endeffekt selbst eingebrockt. Der Jäger versucht das Gleichgewicht zu halten. Doch nicht nur das. Die Jagdverbände sind so gesehen ein großes Konstrukt mit verantwortungsvollen Aufgaben. Waren diese früher – oder auch heute noch z.B. Finnland  – zentral gesteuert, geschieht das heute in Deutschland ehrenamtlich. „Ich wünschte mir, dass man die Jagd nicht zu liberal ansieht“, sagt Dirk Thomas. Allein die mindestens einjährige Ausbildung sei sehr anstrengend. „Man könnte sie mit einem Abitur in Biologie vergleichen“, meint der Jäger. „Man muss sehr viel über die Natur, die Tiere und außerdem über das Rechtswesen und den Umgang mit der Waffe wissen. Was auch gut so ist.“ Auch Jagdhunde müssen ausgebildet werden. Zudem sollte ein Jäger handwerklich was drauf haben. So ein Hochsitz oder die Ausrüstung reparieren sich nicht von allein.

Doch die Verbände werden auch oftmals in Konflikte einbezogen, etwa, wenn hier und da ein Bauprojekt ansteht. Ein Politiker, der etwas von der Jagd verstehe, könnte solche Themen direkter und auf kürzeren Wegen angehen.

Zahlen
In Sachsen wurden 2014 3.581 Stück Rotwild, 32.864 Rehe und 26.173 Stück Schwarzwild geschossen. Weiterhin schossen die Jäger 12.734 Füchse und 598 Feldhasen.

Bezogen auf den Landkreis Zwickau wurden 2014 918 Schwarzwildtiere und im vergangenen Jahr 1.289 erlegt. Beim Rehwild verhält sich die Zahl 1.405 (2014) zu 1.492 (1.492). Beim Fuchs 1.129 (2014) zu 1.167 (2015). Letztes Jahr gab es 272 Verkehrsunfälle mit Wildtieren.

Die  Flächen der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbezirke im Landkreis Zwickau umfassen zusammen etwa 76.000 Hektar.