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Artikel von: Sven Günther
04.07.2019

Jörg Vieweg (SPD) trommelt für die Sachsen-Wahl

WochenENDspiegel-Chefredakteur Sven Günther (l.) spricht im Chemnitzer Rosengarten mit Jörg Vieweg (SPD). Der Politiker hat auf einer „Cajon“ Platz genommen, um für sich und seine Partei zu trommeln. Foto: Olaf Hauboldt

Jörg Vieweg: Politik ist kein Pizzadienst!

Von Sven Günther
Region. Es wird eine Richtungswahl! Selten war der Gang zur Urne spannender, als er am 1. September sein wird. Bleibt die CDU stärkste Kraft in Sachsen? Wenn Ja, mit wem kann sie regieren? Wie stark wird die AfD, gewinnt sie vielleicht sogar? Was wird aus der schwächelnden SPD und den in Sachsen gegen den Trend eher schwachen Grünen? Gelingt in einem rot-rot-grünen Dreierbund ein Regierungswechsel? Welche Rolle wird die FDP einnehmen? Können die Freien Wähler  wie in Bayern eine Rolle spielen? 21 Parteien haben Landeslisten eingereicht.

Wer sich traut, darf für sich trommeln! Dieses Angebot macht der WocheENDspiegel sächsischen Landtagskandidaten. Sie beantworten kritische Fragen unserer Journalisten.

Heute: Jörg Vieweg. SPD. Wahlkreis 12 (Chemnitz Süd). Der gelernte Werkzeugmacher leitete das Kulturhaus „Achtermai und das Kultur- und Veranstaltungszentrum „Südbahnhof-Chemnitz“. Vieweg ist verheiratet, hat eine Tochter, spielt gern Gitarre und ist Modellbauer.

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WochenENDspiegel
Von 12,4 Prozent 2014 ist die SPD nach letzten Umfragen auf schwache 8,5 Prozent gefallen. Ist man auf dem Weg in die Kategorie “Sonstige”? Ihre Analyse?

Jörg Vieweg:
Ich bin mir sicher, dass wir zur Landtagswahl in Sachsen ein gutes Ergebnis erreichen werden. Wir haben in Sachsen ein eigenständiges Profil und in den letzten Jahren bewiesen, dass wir gut regieren können. Wir haben viel gestaltet und vernünftige Politik für die Menschen gemacht. Die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahl spiegeln aus meiner Sicht einen Bundestrend wider, gegen den wir ankämpfen werden. Die sächsische SPD hat Erfahrung darin, unter schwierigen Bedingungen Wahlkampf zu machen. Was mir aber wirklich Hoffnung macht, ist die Tatsache, dass wir mit Martin Dulig, Petra Köpping und Eva-Maria Stange die beliebtesten Politiker nach dem Ministerpräsidenten haben. Das sagen alle Umfragen, wenn man sie bis zu Ende liest. Die Umfragen sagen auch, dass 30 Prozent in Sachsen sich vorstellen können, die SPD zu wählen. UND: Mir macht Hoffnung, dass ich in meinem Wahlkreis mein Ergebnis verdoppeln konnte.

WochenENDspiegel:
Verraten Sie uns das Geheimnis?

Jörg Vieweg:
Fast 4000 Stimmen zeigen mir, dass du gewählt wirst, wenn du vor Ort verankert bist, dich kümmerst und nah am Alltag der Bürgerinnen und Bürger lebst.

WochenENDspiegel:
Politik für die Menschen vor Ort, für die Arbeiter und kleinen Leute. Kernkompetenz der SPD. Mir kommt es aber so vor, als hätte man sich in den letzten Jahren gefragt: Mit welchem Thema können wir Stimmen gewinnen? Weil es angesagt ist, geriert sich die SPD als Umwelt-Partei, was einen Industriearbeiter wahrscheinlich nicht interessiert. Ist es da nicht besser, einen SPD-eigenen Charakter zu entwickeln und den dann durchzuziehen?

Jörg Vieweg:
Die sächsische SPD hat ein ganz klares Profil. Das sieht man auch an unserem detaillierten und mutigen Wahlprogramm. Ich glaube, die Menschen haben noch nicht vergessen, wo wir herkommen. Bis 2014 hat in Sachsen der von CDU und FDP geführte Rotstift regiert. Es wurde am Personal der Landesregierung, an Lehrern und an Polizisten gespart. In der Regierung haben wir in den vergangenen fünf Jahren umgesteuert und für einen kompletten Politikwechsel gesorgt. Der Lehrermangel ist zum Beispiel erst 2014 akut geworden, nachdem endlich die von uns geforderte Lehrerbedarfsprognose vorlag. Die gab es vorher gar nicht! Erst, als wir den Koalitionspartner zum Politikwechsel gezwungen haben, hat sich im Freistaat auch etwas bewegt.
Wir haben den Personalabbau bei der Polizei gestoppt, für mehr Lehrer im Freistaat gesorgt und viel mehr Geld direkt in die Städte und Dörfer investiert. Ein starker und handlungsfähiger Staat ist der richtige Weg.
Ich bin auch sicher, dass noch in Erinnerung ist, wie unter Schwarz-Gelb mit einem hämischen Lächeln das beitragsfreie Vorschuljahr wieder abgeschafft wurde. Oder wie ein Arbeitsmarktprogramm, der KommunalKombi, den damals SPD-Minister Thomas Jurk für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit eingeführt hat, gnadenlos von Schwarz-Gelb abgeschafft worden ist.
Das müssen wir immer wieder deutlich sagen, um zu zeigen, was hier in den letzten fünf Jahren Positives passiert ist.

WochenENDspiegel
Positives, dass sich die CDU auf die Fahnen schreiben wird. Erklären Sie, warum es Errungenschaften der SPD sein sollen?

Jörg Vieweg:
Weil es einfach stimmt! Was das Thema Polizei anbelangt: Unter Schwarz-Gelb hat es eine große Polizeireform gegeben – die Polizeireform 2020, die den heftigen Stellenabbau manifestiert hat. Das war richtig viel Arbeit für uns, diese Reform wieder auszumerzen.
Wir leben in einer Zeit, in der immer wieder versucht wird, auf 280 Zeichen Botschaften zu formulieren. Aber wenn man wirklich seriös Politik macht, dann muss man immer sagen, wo man herkommt und was man in der Regierung erreicht hat. Schwarz-Gelb hat den Abbau der Polizei beschlossen – und wir haben das wieder geradegerückt. Genauso beim Thema Lehrermangel: Wir haben in der Opposition im Jahr 2011 einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, was gegen Lehrermangel zu tun ist.

WochenENDspiegel
Nachdem die SPD vorher mitregiert hatte…

Jörg Vieweg
Dieser massive Lehrermangel war 2004 bis 2009 so noch nicht absehbar, denn erst dann wurden in Sachsen wieder deutlich mehr Kinder geboren. Ich erinnere mich an Debatten über Schulschließungen und dass alles dafür getan wurde, diese im ländlichen Raum zu verhindern. Da wurde die Klassengröße auf 15 Schüler abgesenkt, um Schulen überhaupt zu erhalten.
Seit 2011 – da war die SPD leider wieder in der Opposition – war klar: Jetzt kommen die geburtenstarken Jahrgänge und es wird in absehbarer Zeit zu einem Lehrermangel  im Freistaat kommen. Damals haben wir diesen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, in dem stand, was gegen den Lehrermangel zu tun ist – das hat damals noch Eva-Maria-Stange als Bildungspolitikerin gemacht. Und genau diese unsere Punkte haben wir 2014 nach der Wahl in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt.

WochenENDspiegel
Ich bleibe dabei. Die CDU wird das als ihre Erfolge verkaufen

Jörn Vieweg
Kann ja sein. Aber das ändert doch nichts an den Tatsachen. Zu denen gehört auch, dass eine Koalition immer von Kompromissen geprägt ist. Vollständig umsetzen kann eine Partei ihre Wahlversprechen doch nur, wenn sie die absolute Mehrheit der Wählerstimmen gewinnt. Unsere Zusammenarbeit mit der CDU in den vergangenen viereinhalb Jahren war meistens gut. Wir haben wichtige Weichen gestellt und wissen, dass bei einem Kompromiss jede Seite ein wenig nachgeben muss.
Ich würde mir wünschen, dass in einer Demokratie diese Kompromisse mehr geschätzt würden. Denn wenn wir das nicht tun, stärken wir die extremen politischen Ränder.
So einen Kompromiss haben wir beim Thema Lehrermangel gefunden, bei mehr Personal bei der Polizei, bei mehr Geld für die Kitas. Und auch bei den Kommunalfinanzen. Wir haben sowohl die großen Städte Dresden, Chemnitz und Leipzig gestärkt als auch die ländlichen Räume. Insoweit waren das für mich viereinhalb gute Jahre.

WochenENDspiegel:
Sie fordern mehr Lob für Kompromisse und Martin Dulig sagt mit Blick auf das SPD-Wahlprogramm: „Keine windelweichen Kompromisse mehr machen“. Sollte man hinsichtlich der Umfragewerte nicht hart bleiben, um das eigene Profil zu schärfen?

Jörg Vieweg
Martin Dulig hat damit eine ganz klare Ansage an die CDU und an den Ministerpräsidenten Michael Kretschmer gemacht. Er hat gesagt: Wenn die SPD diesen Freistaat weiter mit regiert, wird es mit uns in den Verhandlungen des Koalitionsvertrages keine faulen Kompromisse mehr geben. Ein Beispiel ist die Energie- und Klimapolitik. Wir wissen, dass es in den nächsten Jahren beim Thema Klimaschutz sehr sehr eng wird, wenn wir uns im Freistaat nicht deutlich mehr anstrengen. Wir haben in Sachsen ein Klimamonitoring namens REKIS, was eindeutig ist. Da rede ich nicht über das Wetter. Wetterextreme sind sozusagen nur die Spitze des Eisberges.
Klar ist: Wenn wir in Sachsen in diesem Schneckentempo weitermachen, sind zur Mitte des Jahrhunderts zwei Grad plus und zum Ende vier Grad plus die gnadenlose Konsequenz. Das sind keine Fakten, die ich mir ausgedacht habe. Das ist knallharte Wissenschaft.
Wenn wir uns also nicht anstrengen, eine ambitionierte Energie- und Klimapolitik zu machen, wenn wir uns nicht an Chemnitz orientieren, wo wir bis Ende 2029 aus der Braunkohle aussteigen, wenn wir so etwas nicht als Vorbild für den ganzen Freistaat nehmen, dann wird es ziemlich eng.
Deshalb wird es bei diesem Thema mit uns keine Kompromisse mehr geben. Wir haben beim Energie- und Klimaschutz ein ambitioniertes Programm vorgelegt, das von der CDU blockiert wurde. Die haben es echt noch nicht begriffen. Sich jetzt kurz vor zwölf mit einer Konferenz für die Schüler als Klimaretter hinzustellen finde ich ziemlich unglaubwürdig.

WochenENDspiegel
Das ist es, was ich anfangs meinte. Ist denn Klimaschutz ein Kernthema der Arbeiterpartei SPD? Oder ein Kernthema in Sachsen? Die GRÜNEN sind hier deutlich schwächer als im Trend.

Jörg Vieweg
Natürlich ist es ein Kernthema der SPD und zwar schon seit vielen Jahren. Weil wir die nötigen Veränderungen nur schaffen werden, wenn es uns gelingt, unsichere Bürgerinnen und Bürger von der Relevanz zu überzeugen. Und wenn diese Veränderung Arbeitsplätze schafft, anstatt welche zu vernichten. Das haben auch große Teile der Wirtschaft längst erkannt, die steuern schon um. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes arbeiten in Sachsen jetzt schon fast 20.000 Menschen in Bereichen, die mit Umwelt- und Klimaschutz zu tun haben. Dabei erwirtschafteten sie 3,5 Milliarden Euro. Umwelt- und Klimaschutz ist ein Jobmotor für Sachsen und wird es künftig noch viel stärker sein.
Es war die rot-grüne Bundespolitik unter Führung der SPD, die den Atomausstieg beschlossen hat. Es war eine SPD-Umweltministerin, Barbara Hendricks, die als Chefverhandlerin das Pariser Klimaabkommen ausgehandelt hat, die es geschafft hat, dass Klimaschutz endlich ein Völkerrecht ist.
Und es war am Ende auch eine schwarz-rote Bundesregierung, die jetzt den Kohle-Kompromiss erarbeitet hat. Für die SPD hat der Klimaschutz immer zu einem ganz wichtigen Grundwert gehört – nicht nur durch die ökologische, sondern auch durch die soziale Brille betrachtet. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gehört für uns genauso dazu, wie soziale Politik.
Deshalb sind wir für ein modernes Vergabegesetz, in dem nur noch die Firmen öffentliche Bauaufträge ausführen dürfen, wenn sie dabei ökologische Standards einhalten. Alles andere ist doch absurd! Doch mit unserem sehr guten Gesetzesvorschlag dafür sind wir leider an der CDU gescheitert.
Ich bin überzeugt davon, dass Klimaschutz und Energiepolitik nicht irgendein Politikfeld ist wie andere. Nein. Es sind die wichtigsten Aufgaben unserer heutigen Zeit. Und daher ist es wichtig, dass wir als Sozialdemokratie formulieren, wie Energie- und Klimaschutz aus sozialer Sicht gestaltet werden können. Es müssen sich nämlich ALLE daran beteiligen.

WocheENDspiegel
Politiker haben oft einen fatalen Hang zur Ausführlichkeit. Viele Menschen mögen aber keine Referate, sondern wollen kurze Antworten. Gibt es die?

Jörg Vieweg:
Kurze Antworten und klare Worte schließen sich doch nicht aus. Ich glaube auch, dass Twitter und Facebook wichtig sind. Aber ich sorge mich, wenn ich sehe, wie die sozialen Netzwerke genutzt werden. Multiplikatoren heizen Themen an. Die Nutzer bewegen sich in einer Blase, die nur ihre eigenen Worte und ein gleichklingendes Echo zulässt. Eine Meinungsvielfalt wird so nicht gefördert.
Deshalb muss man aus meiner Sicht, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken, genau darauf achten, was in diesen Netzwerken passiert und ob das wirklich gut ist, dass wir alle möglichen Meinungen und unseren gemeinsamen Austausch auf amerikanischen Servern lagern. Ich glaube, dass die Informationen in Zeitungen, Radio und Fernsehen heute wichtiger sind denn je. Das auch laut und deutlich zu sagen, gehört für mich zur Medienbildung dazu. Denn in den Medien stellen Journalisten möglichst ausgewogen Fakten dar. Im Netz machen das Algorithmen, die vor allem unsere eigene Weltsicht bestätigen sollen.
Politik ist kein Pizzadienst. Du kannst dir keine Politik bestellen, die exakt auf deinen Geschmack abgestimmt ist. Man muss sich schon einbringen und sein Recht auf freie Informationen auch nutzen. Aber wenn sich der Abgeordnete nicht um den Gullydeckel vor meinem Haus kümmert oder dafür sorgt, dass dort immer stündlich ein Bus abfährt, ist Politik Mist.

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Was ist Politik denn dann?

Jörg Vieweg:
Immer ein Aushandeln von Kompromissen aus verschiedenen Sichtweisen. Deshalb setzen wir bei der SPD immer auf Face-to-Face-Veranstaltungen, sind vor Ort wie Martin Dulig mit seiner Küchentischtour. Beteiligungsformate waren und sind uns wichtig. Das wird auch immer so bleiben. Ich persönlich kommuniziere umfangreich über Presseveröffentlichungen im Wahlkreis und über die Bürgerbeteiligungsplattform, bin Sprecher im BP Süd und wir versuchen, da die direkte Beteiligung zu leben.
Wir haben hier in Chemnitz so etwas wie Planungszellen eingerichtet. An der Walter-Klippel-Straße beispielsweise haben wir mit den Anwohnern eine grundhafte Sanierung und den Ausbau der Straße organisiert. Ich habe hier gemerkt: Wenn du die Leute an konkreten Entscheidungen mit beteiligst, sind sie auch zu begeistern für Politik und Demokratie.

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Arbeit vor Ort ist das eine, Landespolitik das andere. Was bietet die SPD, was andere nicht bieten?

Jörg Vieweg:
Soziale Projekte, die stets den einzelnen Menschen in den Blick nehmen. Genau dafür ist die SPD da, wer soll es denn sonst machen? Auch da hilft eine kleine Rückschau: Wir haben die Betreuung und Bildung in den Kitas für unsere Jüngsten verbessert, die Zeiten für die Vor- und Nachbereitung der Erzieherinnen werden jetzt endlich extra bezahlt. Wir stehen auch für eine andere Bildungspolitik. Wir wollen zusätzlich zum dreistufigen Schulsystem die Gemeinschaftsschule einführen und damit längeres gemeinsames Lernen in Sachsen endlich ermöglichen. Das wünschen sich nämlich laut Umfragen zwei von drei Sachsen.
Was das Thema Öffentlicher Nahverkehr und Schülerbeförderung angeht: Martin Dulig als unser Verkehrsminister hat sich gegen alle zehn CDU-Landräte durchgesetzt. Zum 1. August kommt das Azubi-Ticket. Ab 2020 kommt ein sachsenweites Bildungsticket für alle Schülerinnen und Schüler an sieben Tagen in der Woche, 24 Stunden lang. Damit sparen alle Familien und Azubis richtig viel Geld. Und wir lösen ein zentrales Wahlversprechen ein. Das war aber richtig harte Arbeit und geht mit der CDU leider nur Schritt für Schritt.

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Und man benötigt Geld!

Jörg Vieweg:
Alles ist solide finanziert. Durch die Schuldenbremse geht es auch nur so. Wir investieren klug und bauen zugleich weiter Schulden ab.

WochenENDspiegel
Könnte alles auch im Programm der LINKEN stehen. Mit Blick auf die letzten Umfragen könnte auch Rot-Rot-Grün für Sachsen realistisch sein. In Bremen versucht die SPD ja, mit roter und grüner Hilfe trotz einer schlimmen Wahlschlappe weiter den Regierenden Bürgermeister zu stellen. Haben Sie eine Position dazu?

Jörg Vieweg
Die Koalitionsverhandlungen in Bremen sind abgeschlossen, jetzt entscheiden die Parteimitglieder, ob sie die Ergebnisse annehmen. Carsten Sieling von der SPD hat wegen seines Wahlergebnisses sein Amt als Bürgermeister zur Verfügung gestellt und zeigt damit, dass es ihm nicht um seinen Posten, sondern um die Sache geht. Wie gesagt: Wir als SPD haben in der sächsischen Regierung in den letzten viereinhalb Jahren geliefert. Die Punkte hatte ich ja angesprochen. Bei einigen Punkten konnten wir uns mit der CDU nicht einigen, obwohl es im Koalitionsvertrag vereinbart war. Da ist nun aber nichts mehr zu machen. Deshalb unsere ganz klare Ansage: So geht es nicht weiter, wir werden noch härter verhandeln und uns auf keine faulen Kompromisse mehr einlassen. Ich habe oft gemerkt, auf welch hohem Ross die CDU immer noch sitzt. Nur, dass sie mittlerweile ihre Haltung verliert. Und dafür zahlen alle Sachsen einen ziemlich hohen Preis.
Wir sehen eine große Veränderungswucht auch in den großen Fragen dieser Zeit: Klima, Digitalisierung, sichere und faire Arbeit, soziale Absicherungen. Für uns als SPD sind das alles Gerechtigkeitsfragen. Genau um diese zentralen Fragen unserer Zeit müssen wir uns kümmern, das können wir nicht den Nationalisten und Rechtspopulisten überlassen. Insoweit kämpfe ich hier in Chemnitz für ein gutes und starkes SPD-Ergebnis, für ein Direktmandat im Wahlkreis und für viele wichtige Zweitstimmen. Ich kenne persönlich viele Menschen, die sagen, für sie ist die Landtagswahl ganz wichtig.
Es geht nicht nur darum, eine schwarz-blaue Mehrheit im Freistaat zu verhindern, sondern vor allem auch positiv, fröhlich und engagiert in die Zukunft zu schauen. Ich kenne auch viele, die daher sagen: Ich wähle aus Protest zu dieser Landtagswahl die SPD, weil ich nicht von einer konservativen und reaktionären Mehrheit regiert werden will. Ich rede aber auch vor einer Wahl nicht über Koalitionen, sondern nach der Wahl über eine mögliche Zusammenarbeit mit andern.

WochenENDspiegel
Enden wir im Bund und der Frage nach einer neuen SPD-Spitze. Haben Sie schon den Finger gehoben? Man sucht doch ambitionierte, junge SPDler aus der 2. und 3. Reihe, die mitten im Leben stehen.

Jörg Vieweg:
Ich erlebe die SPD gerade jetzt als sehr lebendige Partei. Ich bin jemand, der eher in Chancen denkt und ich denke, dass wir viele gute Leute als Bürgermeister oder in Rathäusern sitzen haben und diese guten Leute müssen sich jetzt melden. Ich rechne damit, dass diesmal alle SPD-Mitglieder über ihre neue Führung mit abstimmen können. Die Idee einer Doppelspitze mit Mann und Frau gehört da genauso dazu. Aber ich kümmere mich jetzt erstmal um meinen Wahlkreis in Chemnitz und die Wahl in Sachsen.