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Artikel von: Redaktion
19.01.2016

Kampf ums Klein-Erzgebirge: Kontroverse um richtige Strategie

Im Winterschlaf des Klein-Erzgebirges: Freiberger Dom St. Marien.

Oederan. Eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten und touristischen Highlights des Erzgebirges überhaupt ist die Miniaturschau Klein-Erzgebirge. Doch dieses Kleinod ist nicht erst seit gestern in seiner Existenz bedroht.

Wie immer geht es dabei um das Thema Geld, Schulden drücken. Zwar ist mit rund 100.000 Euro minus etwa die Summe im Vergleich mit dem Theater Freiberg relativ gering. Doch gibt es in Oederan von alters her eine andere Eigentums- und damit Verantwortungsstruktur.

Die 210 Objekte auf 17.000 Quadratmeter befinden sich in Vereinsbesitz. „Dies ist so gut wie einmalig“, so Vereinsvorsitzender Horst Drichelt, „und jedes unserer 40 Vereinsmitglieder hängt mit seiner ganzen Liebe und Einsatzbereitschaft daran.

Diese Verschmelzung von touristischer Sehenswürdigkeit, Eigentümerschaft und ständigem Mittun, macht das Klein-Erzgebirge zu einem Alleinstellungsmerkmal.“ Doch letzteres ist in unserer Zeit leider kein Garant für Erfolg. Während im Jahr 1989 noch 238.000 Besucher kamen, waren es in 2014 nur noch 53.000 und im letzten Jahr lediglich 40.000.

„Das ist schon bitter für uns, weil wir verglichen mit dem Wendejahr 1989 über zweieinhalbmal soviel Objekte, über die doppelte Ausstellungsfläche, über eine Parkeisenbahn und acht kleinere Eisenbahnen im Gelände verfügen“, so Horst Drichelt weiter. „Natürlich haben sich seit 1989/90 viele äußere Einflüsse verändert.

Neben dem anderen Freizeitverhalten gibt es seit dem Jahre 2002 in Lichtenstein ein ähnliches Objekt, des Weiteren hatten wir 2002 und 2013 zwei heftige Hochwasser zu überstehen und für das letzte Jahr mache ich den drastischen Einbruch vor allem an der langen Straßensperre der B 173 fest – aus Richtung Chemnitz kam dann kaum noch jemand.“

Natürlich will und muss der Verein gegensteuern. So hat man sich als Ziel gesetzt, die Werkstatt sozusagen als Schauwerkstatt in den Park hinein zu versetzen, einen neuen Spielplatz zu bauen und die Parkeisenbahn zu verlängern.

Der im Herbst erfolgte Spendenaufruf erbrachte bislang 18.000 Euro. Zuletzt hatten gar Biker des Motorradtreffens einen Eierlikör-Basar veranstaltet, dessen Erlös 450 Euro für das Klein-Erzgebirge erbrachte. Horst Drichelt abschließend: „Ob das Klein-Erzgebirge in der jetzigen Art erhalten bleiben kann, raubt mir den Schlaf. Auch im Moment erwarte ich wieder ein Schreiben der Sparkasse. Ich hoffe das gerade auch in Oederan wieder wie früher von „unserem“ Klein-Erzgebirge und nicht wie manchmal jetzt „die“ vom Klein-Erzgebirge gesprochen wird. Im Übrigen danke ich hiermit allen Freunden und Gönnern für ihre stete aktive Unterstützung, für ihre PR insbesondere Claudia Curth.“

Erinnerungen an das Angebot der Stadt anno 2008

Für Klaus Büttner, ehemaliger Stadtrat von Oederan sieht die derzeitige Situtation etwas anders aus. „Es sind erst einmal immer andere schuld und das ärgert mich. Das Klein-Erzgebirge war bereits zweimal in dieser ernsten Situation.

Im Jahr 2003 haben wir als Stadt gemeinsam mit der Sparkasse die Initiative ergriffen und nach einer Lösung zum Erhalt gesucht. Damals wurden die Patenschaften ins Leben gerufen“, so Klaus Büttner.

Vor acht Jahren, also 2008 stand die Miniaturschau ebenfalls auf der Kippe. „Der Stadtrat hat dazu lange beraten und angeboten, die Stadt kauft die Miniaturen für 300.000 Euro ab und das Klein-Erzgebirge erhält einen Betreiber-Auftrag.

Als Nutzungsgebühr für die Miniaturen wären lediglich jährlich 30.000 Euro, das sind weniger als 10 Prozent aus den Jahreseinnahmen aus Eintritten, Patenschaften, etc., für den Betreiber angefallen.Aber dieser Vorschlag wurde vom Klein-Erzgebirge abgelehnt, obwohl es schon einen Vertragsentwurf dazu gab.

Für mich ist das was wir 2008 auf den Weg gebracht haben, die beste Lösung. Wenn die Schau auf Dauer bestehen soll, dann sollten die Miniaturen in den Besitz der Stadt übergeben und ein Betreiber für die Anlage gefunden werden“, fasst Klaus Büttner die aktuelle Situation zusammen.

Mein Fazit zur gegenwärtigen Verantwortlichkeitssituation im Verein Klein Erzgebirge e.V. und seiner Betreiber-GmbH sowie zum Spendenaufruf ist: „Jeder kann mit seinem Geld machen was er will: Man kann es zum Fenster raus werfen, oder an das Klein-Erzgebirge spenden. Der Effekt ist in beiden Fällen der Gleiche.“

„Konstruktives Zusammengehen mit der Stadt Oederan“

„Die derzeitige Situation wird von mir ähnlich gesehen wie von Herrn Büttner. Das Klein-Erzgebirge wird zukünftig nur eine realistische Chance haben zu bestehen, wenn es im Besitz der Stadt ist und zum Beispiel mit der Volkskunstschule, den Museen und der Bücherei in einer Kultur-GmbH vereint ist.

Der Landkreis hat bewiesen, dass eine solche Gesellschaftsform funktioniert. Die stetig sinkenden Besucherzahlen sind nicht Straßenbaumaßnahmen anzulasten, auch wenn diese natürlich erschwerend wirken.

Nur ein konstruktives Zusammengehen mit der Stadt Oederan wird dem Klein-Erzgebirge, dessen kulturhistorischer Wert für mich unbestritten ist, auf Dauer eine gesicherte Zukunft bescheren“, schätzt Gernot Krasselt, Landtagsabgeordneter und Bürgermeister a.D. der Stadt Oederan die derzeitige Lage des Miniaturparks ein.

Veronika Bellmann gehörte zu den ersten Mitgliedern im Förderverein. Sie meint zur Situation: „Einen traditioneller Miniaturpark in unsrer digitalisierten und globalisierten Welt zu betreiben, wo viele Leute mehrfach in der weiten Welt herumreisen, aber die Ausflugsziele in der näheren Heimat eher selten oder nur sehr wenig aufsuchen, ist grundsätzlich eine Herausforderung für jeden Betreiber.

Wenn dann noch Auf- und Ausbaumaßnahmen, die mit Straßensperrungen einhergehen (von denen wir ja seit der Wende mehr oder weniger dauern betroffen sind) oder Hochwasser sowie gesetzlich verordnete Lohnerhöhungen dazu kommen, kann es betriebswirtschaftlich eng werden.

Saisoneinrichtungen sind in der Regel immer knapp kalkuliert. Deshalb war es von Herrn Drichelt auch richtig, alle sonstigen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. So sind die Objektpatenschaften, an denen ich ja auch beteiligt bin, eine gute Sache.

Da hätte ich mir vorstellen können, dass so manches Fördervereinsmitglied, zumindest diejenigen aus dem politischen Raum, sich tatsächlich fördernd betätigen.

Auch hatte ich die Hausbank kontaktiert und wiederholt um entsprechende Kulanz gebeten. Denn nur allein mit Herzblut und Leidenschaft des Vereins, von Horst Drichelt sowie durch Unterstützeraktionen , wie die von Sylva Sternkopf u.a. kann auch ein solches Kleinod unsrer Region nicht dauerhaft wirtschaftlich betrieben werden.“

Hintergrund:

Die Ursprünge des Klein-Erzgebirge gehen auf den 1909 gegründeten Krippenverein Oederan zurück. Vom Klein-Erzgebirge spricht man von 1933 die Anlage befand sich seinerzeit nahe des damaligen Gasthofs „Waldeinkehr“.

Nach 1955 gab es einen neuen Schub unter reger Beteiligung der Bevölkerung, die Freilichtanlage wurde an den heutigen Standort an der Richard-Wagner-Straße verlegt. Ab 1967 war Fachgruppe Schnitzen und Basteln beim Kulturbund DDR federführend.