Start Chemnitz Katharina Hennig und der Skandal um Rosi
Artikel von: Sven Günther
25.02.2022

Katharina Hennig und der Skandal um Rosi

Olympiasiegerin Katharina Hennig. Foto: Ludger Heitmann

 

Gold, die heiße Pfanne und einfach tanzen

Von Sven Günther
Region. „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen!“, „Nennen Sie Ihre Kinder Waldemar!“, „Wo ist Behle?“
Der Reigen legendärer Sportreporter-Sprüche erweitert sich. Zu Herbert Zimmermann, Heinz Florian Oertel und Bruno Moravetz gesellt sich Jens-Jörg Rieck. Der jubilierte beim Endspurt des Damen-Teamsprints bei den Olympischen Spielen: „Ja, hast Du denn die Pfanne heiß? Hast Du denn die Pfanne heiß? Es ist Gold. Es ist Gold, ich fasse es nicht.“
Gold für Victoria Carl und Katharina Hennig. Gold vor Schweden und Russland. Gold für eine Erzgebirgerin. Katharina Hennig stammt aus Königswalde, verrät im WochenENDspiegel-Gespräch, wie gefeiert wurde und was es mit dem „Skandal um Rosi“ auf sich hat.

WOCHENENDSPIEGEL:
Dein Olympiasieg zusammen mit Victoria Carl wird zu Recht als „Gold-Sensation“ bezeichnet, selbst nach dem Silber in der Staffel. Zu welchem Zeitpunkt des Rennens dachtest Du: Das könnte etwas werden?
KATHARINA HENNIG:
Nachdem es schon im Halbfinale gut gelaufen war, und wir uns mit der besten aller Zeiten für den Endlauf qualifiziert hatten, hatte ich Hoffnung, dass wir vorn mitlaufen können. Als Victoria dann am letzten Anstieg Erste war und auch noch frisch aussah, dachte ich: Mit einer Medaille könnte es was werden. Dass sie dann auf der Zielgeraden alle in Grund und Boden schob, war sensationell.

WOCHENENDSPIEGEL:
Dabei hatte sie das Dir doch angekündigt

KATHARINA HENNIG:
Ja, Victoria hatte gesagt: Auf der Zielgeraden zerstöre ich sie. Umso wichtiger war es, dass wir die Taktik von Bundestrainer Peter Schlickenrieder gut umsetzten, dass Victoria in der ersten Runde möglichst Kraft für den Endspurt spart. Dieser Plan ging perfekt auf.

WOCHENENDSPIEGEL:
Waren die Abläufe nach dem Sieg auch geplant?

KATHARINA HENNIG:
Nein. Da ging alles Schlag auf Schlag. Alle waren total aus dem Häuschen. Wir mussten zur Dopingkontrolle, durften jede Menge Interviews geben, sind ins olympische Dorf gefahren, wo wir eine Kleinigkeit gegessen haben.

WOCHENENDSPIEGEL:
Nur eine Kleinigkeit gegessen..?

KATHARINA HENNIG:
Gefeiert wurde erst nach der offiziellen Siegerehrung. Da gab es dann auch einen Schluck Sekt, was ja während der Saison nicht möglich ist. Und wir haben getanzt und gesungen. Ich kann nur sagen: Bei „Skandal um Rosi“ war alles zu spät. Am Ende war die Stimme völlig weg.
Natürlich kamen jede Menge Glückwünsche aus der Heimat und ich habe mit meiner Familie telefoniert.

WOCHENENDSPIEGEL:
Tanzen scheint das Erfolgsgeheimnis des deutschen Teams gewesen zu sein?

KATHARINA HENNIG:
Es war eine tägliche Dosis Lockerheit. 22.10 Uhr haben wir die Zimmertüren aufgemacht und gemeinsam zur Playlist unseres Trainers Erik Schneider getanzt.

WOCHENENDSPIEGEL:
Du lebst im Allgäu, stammst aus Königswalde im Erzgebirge. Was fühlst Du, wenn Du Heimat hörst?

KATHARINA HENNIG:
Das Erzgebirge. Ich fühle mich im Allgäu wohl, aber die Heimat wird immer Königswalde bleiben. Wenn ich dort bin, dauert es auch nur eine ganz kurze Zeit, und ich spreche wieder unseren Dialekt.

WOCHENENDSPIEGEL:
Wann hast Du zuletzt die Heimat besucht

KATHARINA HENNIG:
Zu Weihnachten. Meine Eltern und Geschwister haben sich extra vorgesehen, damit keine Corona-Ansteckungsgefahr bestand. Mein Bruder Hans hat sogar auf die Uni verzichtet. Aber es war auch das erste Mal seit zwei Jahren, dass ich wieder im Erzgebirge war.

WOCHENENDSPIEGEL:
Aber zu Weihnachten leuchten erzgebirgische Schwibbogen in Deinen Fenstern im Allgäu?

KATHARINA HENNIG:
Na sicher, das ist für einen Erzgebirger doch Pflicht.

WOCHENENDSPIEGEL:
Zurück nach Peking. Die Sportler hatten dort jede Menge Pflichten und Vorschriften. Wie ist Dein Fazit?

KATHARINA HENNIG:
Aus meiner persönlichen Sicht waren die Bedingungen sehr positiv. Ich war ja auch schon in Pyeongchang dabei und offen gestanden, hat es mir in Peking besser gefallen. Alles war perfekt organisiert, die Menschen – von den Fahrern bis zu den Helfern – waren freundlich. Mir hat auch das olympische Dorf besser gefallen als das in Südkorea. An die ständigen Tests und die Corona-Schutzmaßnahmen hatte ich mich schnell gewöhnt.
Die Entscheidung, die Spiele nach China zu vergeben, ist gefällt worden und es ist nicht unser Job als Sportler, das zu kommentieren.

WOCHENENDSPIEGEL:
Die Weltcupsaison geht für Dich jetzt als Olympiasiegerin weiter. Gehst Du anders an die Wettkämpfe heran?

KATHARINA HENNIG:
Nein, ich reise jetzt zunächst ins finnische Lathi, dann nach Drammen in Norwegen, Oslo, Falun und schließe die Saison dann im russischen Tyumen ab. So ist es jedenfalls geplant. Die Goldmedaille ändert nichts an meinem Anspruch, jedes Rennen bestmöglich abzuschließen. Es ist ein wahnsinniges Glück und ein Genuss, bei den Wettkämpfen als Olympiasiegerin starten zu dürfen.

WOCHENENDSPIEGEL:
Welchen Genuss plant die Olympiasiegerin Katharina Hennig für den Sommer

KATHARINA HENNIG:
Urlaub. Meinen letzten hatte ich noch als Abiturientin. Später musste ich in der Zeit, die für einen Urlaub infrage kommt, meine Bundeswehr-Lehrgänge absolvieren. Die sind jetzt abgeschlossen und ich habe schon im November Urlaub gebucht. Zweieinhalb Wochen Seychellen mit meinem Freund. Füße hoch, nichts machen, Kraft tanken, tanzen…