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Artikel von: Redaktion
14.09.2015

Kornhaus Freiberg: Wiedergeborenes Wahrzeichen

Das Kornhaus.Foto: Conny Lenk

Freiberg. Seit gestern, 13. September, hat Freiberg eines seiner Wahrzeichen wieder und die Stadtbibliothek nach 75 Jahren im Ratskellergebäude ein neues Domizil – Das Kornhaus an der Schillerstraße. Eine der spektakulärsten Baumaßnahmen Freibergs findet damit nun seinen erfolgreichen Abschluss.

Die Generalüberholung des geschichtsträchtigen Bauwerks – Gesamtkosten 7,2 Millionen, Freistaatanteil 4,85 Millionen Euro – hatte am 10. Juli 2013 begonnen. Die Aufgabenstellung beinhaltete eine ganz besondere Herausforderung. In die ersten beiden Geschosse sollten die AOK und in die darüber befindlichen Geschosse die Freiberger Stadtbibliothek einziehen. Mit dem Umbau des Kornhauses musste aber auch die reichhaltige Denkmalssubstanz weitestgehend erhalten bleiben. Die gesamte Deckenkonstruktion ruht deshalb auf 36 neu betonierten runden Stahlbetonstützen. Auch die zum Teil niedrigen Raumhöhen im Bibliotheksgeschoss waren ein Problem. „Für das dritte Obergeschoss hätten wir auf Grund der niedrigen Raumhöhe keine eigenständige Decke mehr einziehen können“, erinnert sich Architekt Volker Benedix. Die Lösung war der Einbau von Bibliotheksregalen über zwei Geschosse. Stichwort Gestaltung des Eingangsbereiches: Ein Holztor plus umlaufendes Glasband.

Die Bibliothek im Kornhaus. Foto: Conny Lenk
Die Bibliothek im Kornhaus. Foto: Conny Lenk

In der Vergangenheit hatte das Kornhaus nicht nur als Speicher, sondern war Bestandteil der Freiberger Verteidigungsanlage gedient. Ursprünglich wurde der spätgotische Speicherbau von zwei Türmen flankiert, im Südwesten von dem noch heute erhaltenen Kalkturm und im Südosten von dem 1864 abgebrochenen Roter-Hirsch-Turm. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Erdgeschoss zu einer Reithalle umfunktioniert.

Nach dem II. Weltkrieg passierte an dem langsam aber sicher verfallenden Gebäude gar nichts. Im Jahr 2000 gab es einen ersten Anlauf, das Kornhaus für die Stadt als Archiv nutzbar zu machen. Gleichzeitig sollte die städtische Bibliothek untergebracht werden. Allerdings dauerte es noch bis zum Jahr 2012, bis die Pläne umgesetzt werden konnten. Mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Stadt Freiberg am 25. April 2012 wurde die Sache schließlich auch geldtechnisch abgesichert.

Zu einigen bautechnischen Extras sagte Arne Gorzolla,Geschäftsführer der Bau-Büro Freiberg GmbH: „Für den Erhalt waren zwei Hauptprobleme zu lösen: Die neuen Decken müssen feuerbeständig sein und die ohnehin mit teilweise nur 2,40 Meter geringen Geschosshöhen dürfen nicht noch weiter eingeschränkt werden. Der Schlüssel zur Lösung lag in der Entwicklung eines Tragsystems für die neuen Geschossdecken, das räumlich in die Balkenkonstruktion integriert wird und nur eine minimale Bauhöhe aufweist. Das ist uns mit einer punktgestützten Stahlbeton-Plattenbalkenkonstruktion gelungen, die „im Schatten“ der Bestandsbalken verschwindet und trotz F-90-Feuerwiderstand nur 12 cm auf den Balken aufträgt. Die historische Konstruktion wurde vollständig erhalten und dauerhaft durch Verankerung an den neuen Decken gesichert.“

Und das architektonische Highlight im sanierten Kornhaus? Zuerst dürfte jedem Besucher das an polierten Naturstein erinnernde Material von Treppen und neuer Treppenhauswand auffallen. Hier hat man, inspiriert von der neuen Oper Oslo, erstmals in der Region in großem Maßstab polierten Sichtbeton eingesetzt und nach der gleichen Technologie wie im berühmten Vorbild herstellen lassen. Das Resümee von Baubürgermeister Holger Reuter: „Das Planerteam hat ganze Arbeit geleistet. In den Detailfragen gab es regelmäßige Abstimmungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege, die sich auch in vielen Entscheidungen zur Gestaltung des Bauvorhabens widerspiegeln. Bei so einem komplexen Bauvorhaben, an dem viele Gewerke mitwirken, war auch die Koordinierung des Bauablaufes eine große Herausforderung. Aber alle beauftragten Firmen haben gut mitgezogen.“ 

Von Conny Lenk