Start Chemnitz Künstler bringt Licht ins Dunkle
Artikel von: Judith Hauße
22.12.2022

Künstler bringt Licht ins Dunkle

Hans Peter Kuhn vor seinem Entwurf der Licht-Installation, die im Wettbewerb „Kunst am Bau“ des Energieversorgers eins den ersten Platz belegte. Foto: Judith Hauße

„Kunst am Bau“-Gewinner steht fest – Siegerentwurf erinnert an Computerspiele von Früher

„Es ist ein Geschenk für den Stadtraum“, so beschreibt Susanne Altmann, Kunsthistorikerin und Kuratorin in Dresden das derzeitige Vorhaben des Chemnitzer Energieversorgers eins. Bereits vor drei Jahren hat sich dieser dazu entschlossen, im Rahmen des neuen Firmensitzes am Johannisplatz Kunst am Bau zu betreiben. Für private Unternehmen sei dies nicht üblich, wie Susanne Altmann, die Teil der Jury im dafür vorgesehenen Wettbewerb war, weiß. „Selten geben Firmen Geld für Kunst aus. In staatlichen Einrichtungen, die gebaut werden, ist das anders. Hier muss ein kleiner Anteil der Baukosten für Kunst aufgewendet werden“, sagt sie. Deshalb sei das Kunstwerk des Berliner Hans Peter Kuhn für das eins-Firmengebäude, das den ersten Platz belegte, schon etwas Besonderes für die Einwohner der Stadt, die hiervon am meisten haben werden.

Geplant ist eine Licht-Installation an der gläsernen Fassade des Hauses, die aus vielen Rechtecken besteht und die sich der Künstler zu Eigen machen will. Kuhn beabsichtigt, die einzelnen stählernen Rahmen der einzelnen „Fenster“ durch eine Lichtinstallation in unterschiedlicher Zahl und verschiedenen Anordnungen zu beleuchten. „Dadurch entstehen auf der Fassade ungezählte Kombinationen von durch Licht bezeichneten Rechtecken. Je nach Blickwinkel der Betrachtenden verändern sich auch deren geometrische Form und damit die Erscheinungsweise des zentralen Teils des Bauwerkes“, so der in Kiel geborene und in Berlin und Kyoto lebende Künstler. „Ein bisschen erinnere es an frühere Computerspiele.“

Entwurf der Licht-Installation, die im Wettbewerb „Kunst am Bau“ den ersten Platz belegte. Im kommenden Jahr soll die Licht-Kunst dann an der Glasfassade an der Johannisstraße leuchten. Fotos (2): Hans Peter Kuhn|eins energie

„Vor allem an dunklen Tagen und in den Abendstunden wird dieses sich ständig wiederholende und doch nie gleiche Erscheinen des eins-Hauses ein Blickfang sein, der das Thema Energie im doppelten Sinne aufleuchten lässt“, zeigt sich Roland Warner, Vorsitzender der eins-Geschäftsführung begeistert. Gemeinsam mit einer neunköpfigen Jury, in der unter anderem auch die ehemalige Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz, Ingrid Mössinger und Matthias Flügge, Rektor an der Hochschule für Bildende Künste Dresden waren, entschied man sich einstimmig für den Entwurf von Hans Peter Kuhn.
Der Wettbewerb blieb dennoch auch ein Stück einzigartig insofern, dass es beim Aufdecken der Gewinner viele überraschte Gesichter gab. Vielen sei es schlichtweg nicht gelungen, bereits vorher schon eine der Arbeiten einer durch den Künstler bekannten Handschrift zuzuordnen. Über 140 nationale und internationale Kunstschaffende bewarben sich in der 1. Phase um eine Teilnahme am Wettbewerb. Zehn von ihnen sowie weitere zehn von der Fachjury direkt benannte Künstler reichten in Phase 2 anonym einen konkreten Entwurf für ein Kunstwerk ein. eins erreichten 20 vielfältige Ideen – von Installationen auf dem Dach, über interaktive Skulpturen für den Außenbereich, bis hin zu Fassadenarbeiten. Die Realisierung des Gewinner-Kunstwerkes soll im kommenden Jahr erfolgen. Die Kosten für die Umsetzung belaufen sich im Rahmen von 200.000 Euro.

Und was ist mit dem Stromverbrauch?
An den Senkrechten hinter der Fassade werden ca. 130 identische LEDs so angebracht, dass sie Flanken der Stahlträger in der Glasfassade in kaltem oder warmen weiß anstrahlen. Rechnergesteuert via Zufallsprinzip bilden die dadurch entstehenden Lichtrechtecke sich ständig ändernde Muster.
Die Leuchtobjekte werden je Fensterrechteck mittig auf den senkrechten Trägern montiert. Um die Gewichtsbelastung so gering wie möglich zu halten, läuft ein an der Decke fixiertes Stahlseil parallel zum senkrechten Strom- und Datenkabel. Der Stromverbrauch wird unter 1 kW/h liegen. „Wären alle an, käme das schätzungsweise dem Energieverbrauch eines Computers am Tag gleich“, erklärt Hans Peter Kuhn.

Doch nicht nur der geringe Stromverbrauch war ausschlaggebend für die Entscheidung, auch weil das Kunstwerk dezent und schlicht gehalten wurde, gab den Ausschlag, wie eins-Chef Roland Warner erklärt.

Zudem sei Hans Peter Kuhn ein “Minimalist”, wie er selbst sagt. Auf Chemnitz ist er eher zufällig gestoßen. “Ich führte Gespräche mit Alexander Ochs, dem Kurator des “Purple Path” für die Kulturhauptstadt 2025. So habe ich dann auch hier in Chemnitz von der Ausschreibung des Energieversorgers erfahren.”

Zum Künstler

Hans Peter Kuhn – geboren in Kiel, lebt er heute in Berlin und Kyoto. Foto: Junko Wada

Hans Peter Kuhn (1952 in Kiel), Komponist und Künstler, lebt und arbeitet in Berlin und Kyoto. Seine Licht- und Klanginstallationen werden von vielen Museen und Galerien gezeigt oder an öffentlichen Plätzen ausgestellt, u.a. Museum of Fine Arts Boston, Centre Pompidou Paris, Neue Nationalgalerie Berlin. 1993 in Venedig erhielt er zusammen mit Robert Wilson den Goldenen Löwen Biennale Venedig für die Installation Memory Loss. Für seine Ballettmusiken wurde er mit dem Bessie Award, New York und dem Suzukinu Hanayagi Award, Osaka ausgezeichnet. Mit seinen Performances, die sich mit Klängen und den Phänomenen des Hörens beschäftigen, ist Hans Peter Kuhn weltweit aufgetreten. Seit 2012 ist er Gastprofessor für Sound Studies and Sonic Arts an der Universität der Künste Berlin.

Die weiteren Preisträger
Neben dem Siegerentwurf wurden auch die beiden nachfolgenden Plätze mit Preisgeldern
prämiert. Auf den 2. Platz wählte die Jury den Entwurf „E1NS“ von Prof. Heiner Blum aus Offenbach. Die Vielfalt der Energie in 15 Zeichen – Auf dem Gebäude sollen sich als Dachkrone
eine Reihe von Zeichen entfalten, die poetisch und bildhaft von den Möglichkeiten der Energie erzählen. Den 3. Platz erreichten David Mannstein und Maria Vill aus Berlin mit ihrem Entwurf „und blaue Flügel“, einer Installation aus drei Flügeln einer Windkraftanlage auf dem Fußweg Bahnhofstraße und einer geplanten Höhe von 32 Metern.