Start Vogtland Landesmeister oder Rummelboxer?
Artikel von: Sven Günther
29.06.2020

Landesmeister oder Rummelboxer?

Marco Wanderwitz, der CDU-Bundestagsabgeordnete und Ostbeauftragte der Bundesregierung, tritt 2021 für seine Partei wieder als Direktkandidat an. Foto: CDU Julien Reiter

Auto-Industrie hat “den Schuss in letzter Minute gehört”

Von Sven Günther
Region. Marco Wanderwitz wird zur Bundestagswahl im kommenden Jahr im Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II für die CDU wieder für den Bundestags kandidieren.
Im „Schützenhaus“ in seiner Heimatstadt Hohenstein-Ernstthal wurde er im Beisein des Generalsekretärs der CDU Sachsen Alexander Dierks MdL erneut als örtlicher Direktkandidaten der Union für die Bundestagswahl 2021 ins Rennen geschickt. Erzgebirgslandrat Frank Vogel leitete die Versammlung.
Marco Wanderwitz erhielt 98 Prozent der Stimmen. „Für diesen großen Vertrauensbeweis der Mitglieder der CDU vor Ort bin ich sehr dankbar. Wir haben vor und nun mit Corona gute Arbeit für unser Land geleistet. Das werden wir weiterhin fortsetzen. Die Herausforderungen der Pandemie, für die Gesundheit der Menschen, wie für die Volkswirtschaft, sind riesig. Bisher haben wie sie gut gemeistert. Das wollen wir auch künftig schaffen.“

Dem WocheENDspiegel-Chefredakteur Sven Günther gab er nach der Wahl folgendes Interview.

WOCHENENDSPIEGEL:
Herr Wanderwitz, Gratulation zur erneuten Ernennung zum Direktkandidaten der CDU in der Region. 98 Prozent der Stimmen sind beeindruckend.
Sind Sie so überzeugend oder sind die Mitglieder weitgehend unkritisch?
MARCO WANDERWITZ:
Ich freue mich, dass die CDU-Mitglieder vor Ort, mich wieder in den Wahlkampf schicken. Die kennen mich gut. Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich fleißig gute Arbeit leiste seit Jahren. Die Bundestagswahlergebnisse sind ja denn auch entsprechend. Warum sollte man da also die Pferde wechseln? Kritisch sachlich diskutieren wir natürlich regelmäßig bei vielen Themen – die CDU ist Volkspartei. Heraus kommt gute Politik für unser Land.

WOCHENENDSPIEGEL:
N
eben Ihrem Bundestagsmandat sind Sie auch Ostbeauftragter der Bundesregierung, tragen Verantwortung für die Europapolitik und die Außenwirtschaft. Wie teilt sich die Arbeit auf, bleibt die Heimat auf der Strecke?
MARCO WANDERWITZ:
Natürlich habe ich als sächsisches Regierungsmitglied, zunächst seit Anfang 2018 als Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, nun seit Februar 2020 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, zusätzliche Aufgaben übernommen. Ja, das ist mehr Arbeit, als wenn man „einfacher Bundestagsabgeordneter“ ist.
Aber man kann so auch noch mehr erreichen für die Heimat im politischen Berlin. Von 50 zu 50 rein von der Zeit ist es nun 60 zu 40 über den Daumen. Zeit ist aber relativ, Qualität, nicht vorrangig Quantität, ist entscheidend.
Mit einem Landesmeister, der ab und an ins Trainingslager und zum großen Turnier muß, fährt der örtliche Sportverein jedenfalls meist nicht schlechter als mit einem „Rummelboxer“.
Die parlamentarische Arbeit findet im Parlament und seinen Gremien statt. (Auch) dort muss man als Bundestagsabgeordneter als einer von vielen mit Arbeit (und Anwesenheit) überzeugen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man weiß, wie die Lage in der Heimat ist, also präsent ist.

WOCHENENDSPIEGEL:
Die Corona-Krise bestimmte und bestimmt das Leben in Deutschland. Was ist das Positive, das Sie aus den letzten Wochen ziehen können und welche negativen Erfahrungen mussten Sie machen?
MARCO WANDERWITZ:
Zunächst einmal bin ich unendlich dankbar, dass wir solidarisch so gut bis hierher gekommen sind, dass wir so viel besser als Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Brasilien und Russland bspw. durchgekommen sind. Viel weniger Todesfälle und kein überlastetes Gesundheitssystem sind ein großer Wert.
Unser Land ist wieder zusammengerückt. Gut so. Und wir erleben Digitalisierung im Schnellgang. Auch das ein positiver Effekt. Wir haben jetzt ein ganz großes Konjunkturpaket gepackt.
Das kostet viel Geld – Steuern der Zukunft. Aber es bringt die Chance, dass wir wie aus der Weltfinanzkrise vor zehn Jahren stärker auch aus dieser Krise herauskommen. Jedenfalls haben wir als Koalition eine kraftvolle Mischung aus konjunkturellen Impulsen und Zukunftsinvestitionen geschnürt. Und wir stellen die Kommunalfinanzen „Corona-frei“.Auch das ein wichtiger Punkt.
Klar ist, dass wir uns künftig unsere Gesundheit mehr werden kosten lassen müssen. Auch die Pflege wird mehr kosten müssen. Strukturen und Vorsorglichkeit müssen uns das wert sein finde ich. Da müssen wir „aufrüsten“, deutsche und europäische Kompetenzen bspw. bei Arzneimitteln und Schutzausrüstung wiederzuerlangen.

WOCHENENDSPIEGEL:
Ihre CDU-Kollegin Veronika Bellmann spricht auf www.wochenendspiegel.de von einer Informations-Blockade der Bundesregierung in der Corona-Krise. Was antworten Sie ihr?
MARCO WANDERWITZ:
Eine solche sehe ich ausdrücklich nicht. Diese Kritik teilt unsere Fraktion auch in übergroßer Breite nicht.

WOCHENENDSPIEGEL:
Ich gehe davon aus, dass Deutschland jetzt besser auf mögliche Pandemien vorbereitet ist, als es vor der Corona-Krise war. Was würden Sie anderes handhaben, wenn es zu einem neuerlichen Ausbruch käme?
MARCO WANDERWITZ:
Wir haben die Zahl der Intensivbetten erhöht, die Gesundheitsämter ertüchtigt, das Vorhandensein von Schutzausrüstung gesteigert. Die Tracing-App ist ein wichtiger Punkt.
Wir sind für eine evtl. 2. Welle viel besser vorbereitet nun. Und wir arbeiten intensiv an Impfstoff und wirksamen antiviralen Medikamenten.

WOCHENENDSPIEGEL:
In Ihrem Wahlkreis leben viele Firmen von Volkswagen, wo jetzt der letzte Verbrenner vom Band lief. Schafft die Branche die Neuausrichtung?
MARCO WANDERWITZ:
Das hoffe ich zumindest. Als Politik tragen wir dazu bei. Bspw. zum zügigen Aufwachsen der nötigen Ladeinfrastruktur. Unsere frisch auf den Weg gebrachte Wasserstoffstrategie ist ebenfalls ein wichtiger Punkt.
Die deutsche Automobilindustrie, eine Schlüsselindustrie unseres Landes, unseres Wohlstands, hat in letzter Minute „den Schuss gehört“. Die Japaner bspw. und Tesla waren weit voraus.
Jetzt besteht die Chance, schnell aufzuholen. Und für Südwestsachsen bedeutet das Technologieführerschaft statt Werkbank. Funktionieren muss es halt. Aber deutsche Ingenieurinnen und Ingenieure können auch das, davon bin ich fest überzeugt.