Start Mittelsachsen Maschinen Volldampf voraus? Ist der ostdeutsche Maschinenbau wirklich im Aufbruch? 
Artikel von: Redaktion
29.10.2015

Maschinen Volldampf voraus? Ist der ostdeutsche Maschinenbau wirklich im Aufbruch? 

Aktuell stehen im ostdeutschen Maschinenbau die Signale auf „Volldampf voraus!“. Doch nicht alle Unternehmer teilen diesen Optimismus vorbehaltlos. Foto: Uwe Wolf
Aktuell stehen im ostdeutschen Maschinenbau die Signale auf „Volldampf voraus!“. Doch nicht alle Unternehmer teilen diesen Optimismus vorbehaltlos. Foto: Uwe Wolf

Sachsen. Auch im Bundesland Sachsen spürt man die gute wirtschaftliche Situation, in der sich Deutschland derzeit befindet. Die Konjunkturlage bleibt im Herbst 2015 erneut stabil. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Chemnitz, Franz Voigt, sagt dazu: „Der sächsischen Wirtschaft geht es gut. Die Ergebnisse liegen über den Erwartungen.“ Der Gesamt-Geschäftsklimaindex der Wirtschaft im Kammerbezirk Chemnitz liegt derzeit fünf Punkte über dem Vorjahreswert.
Ein starkes Zugpferd der sächsischen Industrie ist nach wie vor der Maschinenbau.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. Ost teilte am 20. Oktober 2015 in seiner Presseveröffentlichung mit, dass der ostdeutsche Maschinen- und Anlagenbau auf einen freundlichen Herbst blickt. Auch die Geschäftsaussichten bis zum Jahresende beurteilen die Unternehmen überwiegend als gut. Das ergab zumindest die Konjunkturumfrage für das dritte Quartal 2015 unter den 350 Mitgliedern des VDMA-Landesverbandes Ost in Berlin.
“Fast 82 Prozent der Unternehmen bewerteten ihre grundsätzliche Geschäftslage als eher gut oder sehr gut. Das sind 4 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2015 und macht Hoffnung auf den lang ersehnten Wachstumsschub”, sagt Reinhard Pätz, Geschäftsführer des VDMA Ost.
Die durchschnittliche Auslastung der Produktionskapazitäten lag bei fast 90 Prozent und damit 2 Prozent höher als zur Jahresmitte. 60 von 100 Unternehmen konnten ihre Maschinen zu mindestens 90 Prozent und damit überdurchschnittlich hoch auslasten.
Der aktuelle Auftragsbestand der Unternehmen reicht im Durchschnitt für annähernd viereinhalb Monate. Die meisten Betriebe wiesen ein Auftragspolster von zwei bis drei Monaten auf. Der Auftragsbestand hat sich in den vergangenen Monaten wieder stabilisiert. Reichlich 76 Prozent der Maschinenbauer registrierten einen besseren oder gleich hohen Auftragsbestand im Vergleich zum Vorquartal. Deutlich gesunken ist die Anzahl der Unternehmen mit weniger Aufträgen.
Nahezu 83 von 100 Unternehmen agierten in der Gewinnzone.
“Die insgesamt erfreuliche Entwicklung hat sich bereits in der Auftragseingangsstatistik in den Sommermonaten angedeutet”, berichtet Pätz. “Doch es ist noch nicht alles eitel Sonnenschein. Teilweise leidet die Branche auch weiterhin unter den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der Embargopolitik in verschiedenen Märkten wie Russland und den arabischen Staaten”, betont der Landesverbandsgeschäftsführer. Das wirke sich auch negativ auf Inlandsaufträge aus. Dennoch scheint sich die verbesserte Lage auf die Stimmung zu übertragen. 86 Prozent der Unternehmen erwarten bis zum Jahresende bessere oder unveränderte Geschäfte.
Ob und wie die aktuelle Flüchtlingssituation die weitere wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. “Das Thema beschäftigt die Unternehmen natürlich, sowohl menschlich als auch aus Unternehmersicht. Sie hinterfragen jedoch auch ganz genau das tatsächliche Fachkräftepotenzial und die Integrationsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt”, erläutert Pätz. So sehen rund 80 Prozent der Befragten in der Flüchtlingsbewegung Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt. Lediglich 50 Prozent von ihnen glauben indes, dass Asylbewerber zur Fachkräftesicherung des eigenen Unternehmens beitragen können.

Silvia Fischer, Geschäftsführerin der Fischer Werkzeugbau GmbH in Geringswalde:
„Die globalen Märkte sind nicht unser Geschäftsfeld. Nichtsdestotrotz sieht die Auftragslage bei uns sehr gut aus. Wir blicken dahingehend positiv in die Zukunft.
Unsere eigentlichen Problemfelder sind die Fachkräfte und der Nachwuchs. Aber dabei können wir auf eine überaus positive Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit bauen. Entweder schicken sie wirklich brauchbare Leute oder schulen diese, wenn es notwendig ist. So war das zum Beispiel, als wir vor kurzem mehrere Fräser benötigten. Kurzerhand wandte sich die Agentur für Arbeit an den TÜV und führte mit diesem eine entsprechende Schulungsmaßnahme durch.
Wir bilden auch selbst aus. Pro Jahr haben wir zwei Azubis, die natürlich bei entsprechenden Leistungen auch übernommen werden.“

Ingo Seidel, Geschäftsführer der Seidel Werkzeugbau GmbH in Brand-Erbisdorf:
„Die Geschäftsaussichten für unser Unternehmen sind wirklich sehr positiv, auch wenn wir nur im Binnenmarkt agieren. 95 Prozent unseres Geschäfts wickeln wir im Umkreis von rund 100 Kilometern ab.
Aber unser Wachstum wird extrem durch den stark spürbaren Fachkräftemangel gehemmt. Wir benötigen nicht nur mehr Leute, wir brauchen noch dazu Personal mit entsprechend höheren Qualifikationen. Die Ansprüche an die Facharbeiter steigen durch den technologischen Fortschritt ja ebenso wie die an unsere Erzeugnisse. Allerdings sehe ich da ziemlich schwarz, wenn jeder Zweite studieren will und kaum einer mehr eine handwerkliche Ausbildung anstrebt. Da muss dringend etwas getan werden!
Und zu den positiven Prognosen des VDMA Ost: Viele unserer sächsischen Maschinenbau-Unternehmen schwimmen im Fahrwasser der Automobilindustrie. Die spüren das dann direkt und schmerzlich, wenn es dort kriselt.“