Start Erzgebirge Mindestlohn: Gewerkschaft NGG fordert über 12 Euro!
Artikel von: Sven Günther
10.01.2019

Mindestlohn: Gewerkschaft NGG fordert über 12 Euro!

Neue Berechnungen des Pestel-Institutes Hannover ergaben, dass die Erhöhung des Mindestlohnes millionenschweren Zuwachs bei der Kaufkraft mit sich bringt. Konkret: 9,2 Millionen Euro im Jahr 2019 in Südwestsachsen. Für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) nicht genug. Sie fordert über zwölf Euro! Foto: NGG

Mindestlohn: Aus Cent werden Millionen

Von Sven Günther
Region. Tröpfchen machen Wasser und aus Cent werden Millionen Euro! Nach Berechnungen des Pestel-Institutes Hannover hat die Anhebung des Mindestlohnes um 35 Cent auf 9,19 Euro einen enormen Zuwachs der Kaufkraft zur Folge.

“Mal ins Kino oder Essen gehen. Und auch mal etwas Neues für den Haushalt anschaffen – fast jeder Euro, den Mindestlohn-Beschäftigte am Monatsende extra haben, fließt in den Konsum. Und einen Großteil davon geben sie vor Ort aus“, sagt Volkmar Heinrich von der NGG-Region Dresden-Chemnitz.

Die Zahlen:

8.640 Menschen arbeiten im Erzgebirgskreis derzeit zum gesetzlichen Lohn-Minimum. Durch das Mindestlohn-Plus wächst hier die Kaufkraft in diesem Jahr um rund 2,1 Millionen Euro.

Im Vogtland freuen sich 5.770 Menschen über den gestiegenen Mindestlohn. Die Kaufkraft wächst 2019 um 1,4 Millionen Euro.

7.380 Menschen sind in Mittelsachsen Mindestlohnempfänger. Laut Pestel-Institut entsteht ein Plus von 1,8 Millionen Euro Kaufkraft.

Die Werte für Zwickau: 8.320 Menschen bekommen Mindestlohn. Die Kaufkraft steigt um rund zwei Millionen Euro.

In Chemnitz sind es 8.000 Arbeitnehmer, die 1,9 Millionen Euro mehr Kaufkraft in diesem Jahr haben.

Fazit: Die Kaufkraft klettert in Südwestsachsen um 9,2 Millionen Euro. Würde der Mindestlohn auf 10,19 erhöht, wären es laut Pestel-Institut sogar 78,2 Millionen Euro.

Auch das wäre für die Gewerkschaft NGG zu wenig. Heinrich: „Selbst für eine Vollzeitkraft ist es extrem schwer, mit dem Mindestlohn klarzukommen. Gerade dann, wenn auch noch Kinder im Haushalt leben. Und bei steigenden Mieten sowieso.”

Die Forderung: Erst in einer Größenordnung von mehr als zwölf Euro pro Stunde sei die Lohnuntergrenze „langsam armutsfest“.

Der Gewerkschafter kritisiert scharf, dass der gesetzliche Anspruch zu wenig kontrolliert werde, weil die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nach wie vor nicht ausreichend personell ausgestattet sei. Heinrich: “Es gibt viel zu viele Schlupflöcher: Arbeitszeiten werden nicht korrekt erfasst oder Überstunden nicht bezahlt, um den Mindestlohn massenhaft zu umgehen. Das ist ein Skandal.”

Kritik am Mindestlohn

Kritiker sagen: Der Mindestlohn wird in den meisten Fällen sofort auf den Preis umgelegt, selbst wenn die Firmen nicht von der Erhöhung betroffen sind. Heißt: Real haben die Arbeitnehmer weniger in der Tasche, weil die Preise steigen. Es profitieren NUR der Staat und die Krankenkassen wegen höherer Steuern und Abgaben.

Volkmar Heinrich: Das ist ein Totschlags-Argument. Uns wäre es auch lieber, es gäbe keinen Mindestlohn, sondern ordentliche Tarifverträge. Wir brauchen aber eine festgeschriebene Einkommensuntergrenze. Das ist für die Gewerkschaft eine Notwendigkeit und keine Freude.
Wenn ein Unternehmen nur mit der Unterstützung vom Staat kalkuliert, kann es an einem offenen wirtschaftlichen Wettbewerb nicht teilnehmen.
Die Mindestlohnerhöhung zu nutzen, um die Preise nach oben zu setzen, ist eine Frechheit. Da kann man nur auf den Markt hoffen, darauf, dass Kunden dann bei solchen Firmen nicht kaufen.”