Start Erzgebirge Neue Zeittafel für Seiffen
Artikel von: Andre Kaiser
23.02.2024

Neue Zeittafel für Seiffen

Ortschronist und Heimatforscher Detlef Strehlow präsentiert seine neue Zeittafel zu „700 Jahre Seiffen“. Foto: André Kaiser

Von der Bergbau-Siedlung zum Spielzeugdorf: In diesem Jahr feiert Seiffen „700 Jahre“

Kurort Seiffen. Als technischer Betriebsleiter kam Detlef Strehlow viel in der Welt rum, war 15 Jahre lang auf Montage unterwegs, u.a. in Frankreich und in der Schweiz. Und dennoch blieb er seiner Heimat immer verbunden, was ihn letztendlich wieder zurück zu seinen Wurzeln brachte. Seine Leidenschaft zur heimatlichen Geschichte einwickelte er bereits in jungen Jahren. Dabei erinnert sich der heute 63-Jährige vor allem an ein Schlüssel-Erlebnis, sagt: „Ich war viele Jahre im Seiffenener Fußball aktiv. In den 90ern wollten wir das Sporlerheim als unser neues Domizil umbauen. Dabei fand ich auf dem Boden alte Unterlagen von der Grüdung des Vereins, was irgendwie meinen Ehrgeiz weckte, daraus eine Chronik zu erstellen“.

Ein weiteres Werk, das aus seiner Feder stammt, ist eine Zeittafel seines Heimatortes Seiffen, welche 2020 veröffentlicht wurden und innerhalb kurzer Zeit vergriffen war. Nun, anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der Gemeinde hat Detlef Strehlow einen zweiten Band mit neuen Themen und Inhalten aufgelegt… Seiffen – wenn man den Namen hört, fallen einem sofort die Begriffe „Spielzeugdorf“ und „Männelmacher“ ein. Was jedoch weniger bekannt ist: Seiffen entwickelte sich erst im Laufe seiner 700-jährigen Geschichte zu dem, was es heute ist. Dies geht u.a. aus der neuen Zeittafel hervor, die Detlef Strehlow in unzähligen Stunden Recherche zusammengestellt hat. Unter anderem beleuchtet der Ortschronist in dem neuen Werk, wie der Wirtschaftszweig der Holzspielzeugmacher-Kunst entstand.

Erste Siedler bereits 1324

Dem WochenENDspiegel sagt er, dass sich schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung 1324 Siedler in dem Gebiet niederließen, „Die ersten kamen um 1220 vom Zisterzienser-Kloster Osek, in der Hoffnung, hier Silber zu finden. Ein Wunsch, der sich jedoch nicht erfüllte. Leider muss man sagen. Denn sonst hätte Seiffen wie Freiberg, Annaberg oder Schneeberg zu der Zeit dagestanden. Dennoch war es nicht vergebens, da man Zinn in der Region fand“, so der Heimatforscher. Dieses wurde aus oberirdischem Gestein gehauen und im naheliegenden Bach sozusagen ausgewaschen, woraus dann auch der Name des Ortes Seiffen und des Seiffenbaches entstand. „Für die Menschen damals war es allerdings alles andere als leicht“, erklärt er.

Familien mussten im Winter ernährt werden

„Speziell in den Wintermonaten konnten sie der Arbeit nicht nachgehen. Dennoch mussten ihre Familien mit teilweise bis zu 14 Kindern auch in dieser Zeit ernährt werden. Doch allen Widerwärtigkeiten zum Trotze blieben die meisten und wurden sesshaft.“ So bestimmte über 400 Jahre lang das „Zinnseifen“ den Arbeitsalltag der Menschen. Um 1480 begann zudem der Zinnbergbau in festem Gestein und im Jahre 1600 wurde ein eigenes Bergamt gegründet. Außerdem gab die im benachbarten Heidelberg durch Justus Preußler in Betrieb genommene Glashütte (ab 1488) den Menschen Arbeit und Auskommen. Parallel steckte aber schon ein weiterer Wirtschaftszweig sozusagen in den Kinderschuhen. Denn um ihren Kleinen eine Freude zu machen, schnitzten viele der Bergleute kleine Tiere und Männchen für sie zum Spielen, sodass diese sinnvoll beschäftigt waren.

Auch Gebrauchsgegenstände wurden aus Holz hergestellt und fanden bereits 1613 durch Grünhainichener Verleger den Weg zur Leipziger Messe. So kam nach und nach eins zum anderen. Erste Pyramiden wurden entwickelt, Motive von Johanngeorgenstädter Metallschwibbögen übernommen und aus Holz gefertigt. Sodann nahm die gewerbemäßige Holzherstellung um 1750 mehr und mehr an Fahrt auf. Gleichzeitig kam der Bergbau immer weiter zum Erliegen. Notgedrungen wurden die Pochwerke in Drehwerke umgebaut – ein Glücksfall, wie wir heute wissen.

Grundlage für das Spielzeugdorf

Konnten die wandlungsfähigen Seiffener doch so ihre Existenz und die ihrer Familien sichern und legten den Grundstein für das heute über die Grenzen hinweg bekannte Spielzeugdorf. „Das jetzige Seiffen bestand damals aus den drei Gemeinden Niederseiffenbach, Oberseiffenbach und Heidelberg. Da kommt für eine Zeittafel sehr viel Material zusammen“, erklärt Detlef Strehlow. Damit das Werk die Geschichte möglichst lückenlos wiedergibt, war der 63-jährige Dauergast im Kreisarchiv Jahnsbach, im Hauptstaatsarchiv Dresden sowie in den Staatsarchiven Chemnitz und Freiberg, sichtete tausende Seiten und deren Inhalte.

„Da kamen schon einmal 1.300 bis 1.500 Seiten am Tag zusammen, die ich glücklicherweise fotografieren durfte und im Anschluss daheim lokalisierte und sortierte.“ Am Ende steht ein 264 Seiten umfassendes Werk, welches die 700-jährige Geschichte des Ortes eindrucksvoll beleuchtet. Die Auflage ist auf eine bestimmte Anzahl an Exemplaren limitiert, welche im Rahmen des Ortsjubiläums (4. bis 7. Juli 2024) bzw. schon vorab in lokalen Geschäften und Gastronomiebetrieben in Seiffen erworben werden können.

Hierzu Detlef Strehlow: „In diesem Zusammenhang möchte ich mich nochmals bei allen Gewerbetreibenden für ihr Entgegenkommen herzlich bedanken“. Übrigens: Zusätzlich zur neuen Zeittafel soll zur 700-Jahr-Feier der Gemeinde auch eine Festschrift erscheinen, an der Detlef Strehlow neben Catrin Tolksdorf-Bilz, Dr. Konrad Auerbach und Dr. Albrecht Kirsche ebenfalls mitwirkt. Und auch nach dem Jubiläum dürfte es nicht langweilig werden. Hat doch der Heimatforscher schon das nächste Projekt in der Pipeline. Denn derzeit recherchiert Detlef Strehlow zu einem Raubmord, der sich 1718 im Ortsteil Heidelberg zugetragen hat – eine spannende, und doch zugleich tragische Geschichte, über die wir sicher bald mehr erfahren werden.