Start Erzgebirge NGG: Horror-Arbeitszeiten in der Gastronomie
Artikel von: Sven Günther
20.03.2019

NGG: Horror-Arbeitszeiten in der Gastronomie

Die NGG spricht sich gegen die Änderung des Arbeitszeitgesetzes in der Gastronomie aus. Foto: pixabay.com

NGG: Längere Arbeitszeiten machen krank

Von Sven Günther
Region. Die guten Zahlen gab das Statistische Landesamt vor ein paar Tagen bekannt: Es kommen bis zu zehn Prozent mehr Touristen als vor zehn Jahren in die Region. Die Reaktion kam prompt! Volkmar Heinrich, der Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten: “Eine starke Bilanz, die jedoch nur mit dem starken Engagement der Beschäftigten überhaupt möglich ist“.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) spricht sich deshalb gegen eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes aus. Sachsen-Chef Volkmar Heinrich: „Geht es nach dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), dann sollen 13-Stunden-Arbeitstage bald zum Normalfall werden. Hier steht die Gesundheit der Beschäftigten auf dem Spiel. Nicht umsonst gibt es gesetzliche Grenzen.“
Nach einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin steige das Unfallrisiko nach der achten Arbeitsstunde exponentiell an. Und wer oft im Schichtdienst arbeite, hätte ein erhöhtes Risiko, am Herzen oder an Diabetes zu erkranken.
„Die guten Übernachtungszahlen und steigende Umsätze zeigen, wie groß der Einsatz der Beschäftigten in der Gastronomie und Hotellerie ist“, sagt Heinrich. In Südwestsachsen arbeiteten die rund 21.000 Beschäftigten „längst am Limit“. Die dürfe man nicht mit „Horror-Arbeitszeiten“ verprellen. Schon jetzt falle es der Branche schwer genug, Schulabgänger für eine Ausbildung zu gewinnen.

Die NGG warnt davor, das Gastgewerbe zum „Vorreiter für ausufernde Arbeitszeiten“ zu machen. Bei einer aktuellen Branchenumfrage der Gewerkschaft gaben 81 Prozent der Befragten an, ihre Arbeitsbelastung habe in den letzten Jahren zugenommen. Fast jeder Zweite muss demnach in der Freizeit für den Betrieb einspringen.

In der Hotellerie und Gastronomie liegt die Quote der Wochenendarbeiter bei 86 Prozent, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ermittelt. Hinzu komme die Arbeit auf Abruf, von der im Gastgewerbe jeder Vierte betroffen ist. „Wenn der Chef per WhatsApp in letzter Sekunde die Dienste verteilt, dann können Beschäftigte ihren Alltag kaum planen“, kritisiert Heinrich.
Statt längere Arbeitszeiten zu fordern, sollten Hoteliers und Gastronomen die Branche attraktiver machen: „Das fängt bei einer guten Ausbildungsqualität an und reicht bis zur Bezahlung nach Tarifvertrag. Wenn das Personal Spaß an der Arbeit hat, kommen die Gäste auch gern wieder.“

Dehoga-Chef: erwidert

Axel Hüpkes, Präsident DEHOGA Sachsen: “Die NGG und der Dehoga Sachsen haben in den letzten Jahren für Sachsen verlässliche Abschlüsse durch ein konstruktiven Austausch erreicht. Auch auf Sicht des  Fachkräftemangels sitzen wir da in einem Boot.”

Beim Thema Arbeitszeit ist er anderer Meinung, argumentiert:  “Die Arbeitszeitflexibilisierung bezieht sich nicht auf die Erhöhung einer Arbeitszeit, vielmehr möchten wir, dass die Wochenarbeitszeit flexibler eingesetzt werden kann. Dann, wenn die Gäste da sind, sollten wir auch die Gäste bewirten.“
Und weiter: „Durch die stringente Formulierung des Arbeitszeitgesetzes in der jetzigen Form, werden die Gäste bei Überschreitung quasi hinauskomplimentiert. Das kann nicht unsere Haltung für Gastfreundschaft sein. Wenn wir also über ein Image reden, dann sollten wir nicht wieder an dem Image der Servicewüste Deutschland arbeiten.“
Die Dehoga prangere einen unrechtmäßigen Umgang mit ihren Mitarbeitern an, verweise dabei auf geltendes Recht. Hüpkes: „Wir wissen aber auch, dass die Vorgaben für einen Betrieb immer erdrückender werden. Die Rahmenbedingungen sind hier dringend zu überprüfen.  Dazu sind wir stets gesprächsbereit.“