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Artikel von: Redaktion
13.01.2016

Notunterkunft in Rossau: Asyl als Geschäftsmodell?

Blick in die Notunterkunft in Rossau
Von „Würdest Du hier hausen wollen? Ich nicht.“ bis zu „Na, immerhin warm und trocken – besser als im Zelt zu wohnen.“ war bei den Besuchern zum Tag der offenen Tür in der Notunterkunft in Rossau alles zu hören. Foto: rp

Rossau. Ende Januar wird die erste landkreiseigene Notunterkunft  in Rossau, die eigens für Asylsuchende eingerichtet wurde, bezogen. Bei der neu geschaffen Unterbringungsmöglichkeit für Asylsuchende und Flüchtlinge handelt es sich um die ehemalige Produktionshalle der Nürnberger Firma Baumüller im Gewerbegebiet in Rossau.

Dieter Steinert in der Notunterkunft in Rossau
Dieter Steinert von der Stabsstelle für Asyl stand den Journalisten Rede und Antwort. Foto: rp

Wir wollen tunlichst nicht an Schulturnhallen oder öffentliche Turnhallen ran“, erklärte Dieter Steinert von der Stabsstelle Asyl des Landkreises Mittelsachsen „denn diese Einrichtungen sind für unsere Kinder und Bürger geschaffen worden. Damit würden wir diese in ihrer Lebensqualität beschränken. Wir wollen hier glaubhafte Verfahrensweisen an den Tag legen.“
Auf die Anmerkung hin, dass die Glaubwürdigkeit ja leichte Schlagseite bekommen könnte, wenn man die persönlichen Beziehungen der Firma Baumüller zum umstrittenen Bayrischen Finanzminister Marcus Söder (CSU) in Betracht ziehen würde, entgegnete Dieter Steinert: „Von dieser Verbindung habe ich auch erst kürzlich erfahren. Das war uns bisher vollkommen unbekannt.“
Böswillige könnten im Zuge dessen ja Profitgier unterstellen, die auf dem Rücken der Asylpolitik und wegen des stetig steigenden Drucks durch die wachsenden Zahlen von Asylsuchenden ausgelebt wird, bedenkt man, dass die Tochter des Geschäftsführers der Firma Baumüller mit dem Bayrischen Finanzminister verheiratet ist und dieser ja inzwischen sogar die Abschaffung des verfassungsmäßigen Grundrechts auf Asyl forderte.
“Wir fordern eine massive Begrenzung der Zuwanderung. Ich bin überzeugt, dass die kommen wird. Ebenso werden wir über das Grundrecht auf Asyl reden müssen”, sagte Markus Söder gegenüber der „Passauer Neuen Presse”.

Waschtrakt in der Notunterkunft in Rossau
Hier werden demnächst noch die Waschbecken und Armaturen im Waschraum für die Asylsuchenden und Flüchtlinge installiert. Im Hintergrund stehen die Toiletten- und Dusch-Container. Foto: rp

Steinert weiter dazu: „Die SAXONIA suchte und sucht auf einschlägigen Immobilienportalen nach entsprechenden Angeboten. Diese und die Angebote von Immobilienmaklern werden dann sogar von zwei bei der SAXONIA beschäftigten Bauingenieuren auf Herz und Nieren geprüft. Schließlich handelt es sich hier um perspektivische Investitionen des Landkreises, sodass sich der Kaufpreis von 1,5 Millionen Euro plus der Investitionssumme von nochmals rund 1,5 Millionen Euro für den Umbau und die Baunebenkosten in der Zeit nach der Asylproblematik noch immer amortisiert.“
Bereits am 7. Januar 2016 begann die Belegung des Großzeltes, das direkt an die Halle anschließt und eine Kapazität von 120 Personen hat. Dieses beheizte und elektrifizierte Großzelt wurde als vorübergehende Notunterkunft in Rossau eingerichtet, um die Zeit bis zur Fertigstellung der Baumaßnahmen in der ehemaligen Produktionshalle zu überbrücken.

Blick von oben in die Notunterkunft in Rossau
Mit dem Blick von oben wird die Aufteilung der ehemaligen Produktionshalle deutlich. Beim einen oder anderen Besucher fielen die Worte “wie im Stall”. Foto: rp

Diese ersten landkreiseigene Notunterkunft ist eine Art Pilotprojekt. „Mir ist deutschlandweit bisher nichts Vergleichbares bekannt“, so Dieter Steinert. Die Unterkunft mit einer Unterbringungskapazität von maximal 350 Personen soll dem Landkreis als eine Art „Verteilerzentrum“ dienen, das eine bessere und schnellere Verteilung der ankommenden Personen auf den Landkreis ermöglichen soll.
Die dem Lankreis zugeteilten Asylsuchenden werden hier erfasst und registriert. Nach Möglichkeit werden sie dann innerhalb weniger Tage anderweitig untergebracht, zum Beispiel in den entsprechenden kommunalen Einrichtungen oder den bereitgestellten Wohnungen“, erklärte Dieter Steinert.

Dusch- und Toiletten-Container in der Notunterkunft in Rossau
Im hinteren Teil der Produktionshalle – direkt neben dem Waschtrakt – befinden sich auch die Dusch- und Toiletten-Container. Foto: rp

In dieser sozusagen kommunalen Erstaufnahmeeinrichtung sollen die Asylbewerber und Flüchtlinge nach der Registrierung eine Chip-Karte erhalten, mit der sie die Einrichtung betreten können. Diese Karte soll auch als Essensausgabe-Karte fungieren sowie als Auszahlungskarte am Geldautomaten, der in der zweiten Februarwoche aufgestellt werden soll. Mit diesem Chipkarten-System erhoffen sich die Betreiber und auch der Landkreis einen geordneteren Ablauf und bessere Anwesenheitskontrolle in der Notunterkunft in Rossau. „Damit soll die Sicherheit – vor allem hinsichtlich des Brandschutzes und für Notfälle – besser gewährleistet werden. Außerdem soll durch die Chipkarte der Missbrauch und das Erschleichen von Leistungen nahezu unmöglich gemacht werden. Die Installation eines Geldautomaten, an dem die Asylsuchenden und Flüchtlinge das ihnen zustehende Geld ausgezahlt bekommen, ist ein weiterer Sicherheitsaspekt für die Mitarbeiter, die so nicht mit großen Bargeldmengen in der Einrichtung unterwegs sein müssen“, führte Dieter Steinert weiter aus.
In den Verwaltungstrakt der ehemaligen Produktionshalle werden Teile der Ausländerbehörde und auch das DRK einziehen. So sollen kurze Wege und eine direktere Betreuung besser ermöglicht werden. Der Wachschutz, der speziell für dieses Objekt zuständig sein wird, wird ebenfalls in einem eigenen Container untergebracht werden.

Auf den Klappliegen, die wohl auch in den Abteilen in der Halle aufgestellt werden, ist ein wenig Privatsphäre wohl nur unter den Kopfhörern der Smartphones und MP3-Player zu finden. Foto: rp
Auf den Klappliegen, die wohl auch in den Abteilen in der Halle aufgestellt werden, ist ein wenig Privatsphäre wohl nur unter den Kopfhörern der Smartphones und MP3-Player zu finden. Foto: rp

Auf die Sorgen der Bürger und Anwohner bezüglich der Notunterkunft in Rossau kann Dieter Steinert immer nur eines entgegnen: „Gebt den Menschen doch bitte etwas Vertrauensvorschuss!“ Er könne und wolle nicht mehr raten, als er jedem Bürger zum Schutz seines privaten Eigentums vor Einbrechern eh mit auf den Weg geben würde. Zudem sei gesonderter Wachschutz für die Einrichtung abgestellt, Sozialarbeiter sind der Einrichtung zugeteilt worden. Die Betreiberfirma GSQ (Gesellschaft für Strukturentwicklung & Qualifizierung Freiberg gmbH) sei ebenso wie die Ausländerbehörde vor Ort.
Wir haben uns auch ganz bewusst für diese Art der Einrichtung entschieden, weil die SAXONIA Standortentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH, eine Beteiligungsgesellschaft des Landkreises Mittelsachsen und der Stadt Freiberg, diese Immobilie perspektivisch wieder als Gewerbe- und Industriestandort vermarkten will, sobald die Notwendigkeit der Flüchtlingsunterbringung in der Notunterkunft in Rossau nicht mehr besteht,“ erklärte Dieter Steinert.
Derzeit ist die SAXONIA noch Mieterin, doch der Kauf der Halle aus den Händen des Nocheigentümers Baumüller ist nur noch eine Frage der Zeit.