Start Erzgebirge Operation Aufstieg!
Artikel von: Sven Günther
09.06.2022

Operation Aufstieg!

Timo Rost, der neue Cheftrainer des FC Erzgebirge Aue. Foto: Foto-Atelier LORENZ Zschorlau

„Einsatz und Herzblut sind nicht verhandelbar”

Von Olaf Seifert
Aue. Da ist er also, der Neue. Timo Rost soll den FC Erzgebirge Aue wieder in die Zweite Bundesliga führen.

Timo Rost wurde am 1. Juni offiziell als Cheftrainer des FC Erzgebirge Aue vorgestellt. Am 29. August 1978 in Lauf an der Pegnitz geboren, lernte der Franke das Fußball-ABC beim 1. FC Nürnberg, war dort und beim VfB Stuttgart in der Bundesliga aktiv. Nach einem Jahr beim österreichischen Erstligisten Austria Wien wechselte er 2001 zum FC Energie Cottbus.
Für die Lausitzer bestritt Rost in achteinhalb Jahren 33 Erst- und 86 Zweitligaspiele, war zuletzt Kapitän der Mannschaft. 2012 beendete der Profi die Spielerkarriere bei RB Leipzig und arbeitete fortan als Trainer, darunter bei seinem Jugendverein FC Amberg und in der zweiten Mannschaft der SpVgg Greuther Fürth.
2022 führte der 43-Jährige die Spielvereinigung Bayreuth in die 3. Liga.

Dem WochenENDspiegel gab der neuen Trainer folgendes Interview

WOCHENENDSPIEGEL:
Zwischen 2003 und 2006 spielten Sie mit Energie Cottbus in der 2. Bundesliga. Wie liefen die Duelle mit den Auer Veilchen?
TIMO ROST:
Es waren coole Ostderbys und die Stimmung auf den Rängen war jedes Mal fantastisch. Genauso auf dem Rasen, auch weil beide Mannschaften damals echte Typen in ihren Reihen hatten. Bei Aue zum Beispiel der kleine Curry, Shubitidze, Juskowiak…

WOCHENENDSPIEGEL:
Sie waren auch ein Typ damals?
TIMO ROST:
Das sollen andere sagen. Aber ich war zuletzt Kapitän in Cottbus und denke, dafür musst du schon die entsprechenden Eigenschaften haben.

WOCHENENDSPIEGEL:
Welcher Typ Trainer sind Sie?
TIMO ROST:
Ein autoritärer Spielerfreund. Einerseits bist du Chef, ohne Disziplin läuft es nicht. Andererseits lebt eine Mannschaft vom Zusammenhalt, Gemeinschaftsgeist, Aggressivität, Dynamik. Ich bin für miteinander statt übereinander reden. Ich sehe es als wichtigste Aufgabe, Spieler besser zu machen. Wenn einer alles gibt, um zu gewinnen, darf er auch mal Fehler machen. Allerdings, Einsatzwille und Herzblut sind bei mir nicht verhandelbar.

WOCHENENDSPIEGEL:
Wie wird Aue von außen wahrgenommen, in Cottbus oder in Bayern?
TIMO ROST:
Als Arbeiterklub mit guter Fußballkultur, einschließlich Fankultur. Letztere ist enorm wichtig, das ist während der Pandemie besonders deutlich geworden. Fußball ohne Fans ist wie Swimmingpool ohne Wasser. Die Unterstützung der Fans kann letzte Prozente rauskitzeln, um zu gewinnen. Dieser Geist beim FC Erzgebirge war ein Grund, hierher zu gehen.

WOCHENENDSPIEGEL:
Sicher nicht der einzige.
TIMO ROST:
Natürlich nicht, entscheidend waren die Gespräche mit den Verantwortlichen im Verein, namentlich Präsident Helge Leonhardt und Geschäftsführer Michael Voigt. Wir sind uns einig, einen umfassenden Neustart mit dem Team und dem Umfeld zu wagen. Das ist extrem reizvoll und mein Hauptmotiv, nach den Erfolgen in Bayreuth zum Ligakonkurrenten Erzgebirge Aue zu wechseln. Allerdings sind die Bedingungen dafür hier auch gegeben. Ich kenne noch das alte Erzgebirgsstadion als Spieler. Das neue Stadion, die ganze Infrastruktur sind unfassbar gut, definitiv sehr gut selbst im Vergleich zu namhaften Vereinen im deutschen Profifußball. Ich ziehe den Hut, was hier geschaffen wurde. Umso wichtiger ist es, nun wieder ein Team zu formen, das konkurrenzfähig und sich bewusst ist, was es bedeutet, hier Fußball spielen zu dürfen. Aue ist keine Wohlfühloase für Leute, die glauben, ihr Pensum mit dem halben Arsch zu erfüllen. Ich will Spieler, die die Aue-DNA verkörpern, auf und neben dem Platz. Die nicht reden, sondern arbeiten. Die hungrig sind, aber auch demütig.

WOCHENENDSPIEGEL:
Demut nach dem Abstieg?
TIMO ROST:
Wir müssen diese sehr gute 3. Liga annehmen. Negative Beispiele gibt es im deutschen Fußball jede Menge. Wenn wir mit einem konkurrenzfähigen Team in der Liga angekommen sind, versuchen wir anzugreifen. Denn ich bin auch kein Trainer, der sich im Mittelfeld einrichtet.

WOCHENENDSPIEGEL:
Kleiner Kader mit großer Qualität, so umrissen Sie den Plan für die neue Mannschaft. Das ist dem begrenzten Budget geschuldet oder Prinzip?
TIMO ROST:
Teil meiner Philosophie. Die Jungs kann ich im Training stärker fördern und fordern. Sie sind permanent in Bewegung und die Chancen, sich zu zeigen und für die Spielaufstellung anzubieten ist größer. Zugleich werde ich Talente aus dem eigenen Nachwuchs einbinden, sobald ein solider Kader steht.
Zeitnah will ich mit dem Trainerstab und Nachwuchsleiter Carsten Müller ein Konzept dazu erstellen, einschließlich Talenttraining. Es wäre fatal, das Potenzial des Nachwuchsleistungszentrums mit seinem modernen Internat ungenutzt zu lassen.

WOCHENENDSPIEGEL:
Weil wir eingangs über Typen sprachen, das Cottbuser Urgestein Tomislav Piplica haben Sie nach Aue mitgebracht.
TIMO ROST:
Wir haben beide bei Energie gespielt und sind als Trainerteam in Bayreuth aufgestiegen. Er ist brutal fleißig, ehrlich, sehr akribisch. Ebenso wie Athletikcoach Michael Gehret und Videoanalyst Oliver Georgiev. Die drei in Aue zu haben hilft, bei der kurzen Saisonvorbereitung keine Zeit zu verlieren. Wir sind eingespielt und sie wissen, was der Cheftrainer will.

WOCHENENDSPIEGEL:
Familie Rost plant den Umzug ins Erzgebirge, warum?
TIMO ROST:
Weil man in der Region, in der man arbeitet, auch leben sollte, darin sind wir uns in der Familie einig. Zumal Franken und Erzgebirger ähnlich ticken sollen.

WOCHENENDSPIEGEL:
Wofür interessieren Sie sich neben dem Fußball?
TIMO ROST:
Für alles, was nach Sport schmeckt. Ich bin oft in der Natur, mag gutes Essen und steh’ gern mal am Grill. Vielleicht findet sich in der Nähe ja ein Gasthaus, wo auch ein deftiges fränkisches Schäufele auf den Tisch kommt…?