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Artikel von: Sven Günther
30.09.2021

Patient Wald

Es ist, als ob man durchs Schlüsselloch schaut. Wir sehen ein Foto, aufgenommen beim 15. Forstpolitischen Forum in Stollberg. Daniel Gellner (Abteilungsleiter Land- und Forstwirtschaft im Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft), Landesforstpräsident Utz Hempfling und Umweltminister Wolfram Günther hören sich an, was die Experten zum Thema Wald (520.000 Hektar in Sachsen) sagen. Foto: SMEKUL

Über allen Wipfeln…Vielfalt!

Von Sven Günther

Region. Es ist, als ob man durchs Schlüsselloch schaut. Wir sehen ein Foto, aufgenommen beim 15. Forstpolitischen Forum in Stollberg. Daniel Gellner (Abteilungsleiter Land- und Forstwirtschaft im Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft), Landesforstpräsident Utz Hempfling und Umweltminister Wolfram Günther hören sich an, was die Experten zum Thema Wald (520.000 Hektar in Sachsen) sagen.

Die Quintessenz: Es herrscht Einigkeit darüber, dass die Temperaturen steigen werden, der Wald umgebaut werden muss.

Daniel Geller: “Als Oberbegriff steht das Wort ‘Vielfalt’! Kein wissenschaftliches Modell kann im Moment genau berechnen, ob die Temperaturen um 1,5 Grad oder deutlich stärker steigen werden. Wir wissen also letztlich nicht genau, was kommt, müssen uns deshalb auf unterschiedliche Szenarien einstellen, eine Risikoaufteilung vornehmen.”

Klar sind folgende Punkte:

Wir benötigen leistungsfähige Mischwälder, in denen die Bäume in verschiedenen Höhen wachsen, um die biologische Vielfalt zu erhöhen.
Die Ränder der Wälder müssen mit Sträuchern und kleinen Bäumen bewachsen sein, um Stürme abzuschwächen.
Die Wilddichte ist so zu reduzieren, dass die Wälder wachsen können.
Eine Naturverjüngung mit nur kleinen Eingriffen muss zugelassen werden, damit sich der Wald natürlich entwickeln kann. Aktuell werden weitere 4.600 Hektar als so genannte Prozessschutzfläche ausgewiesen, die nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt werden und sich so natürlich entwickeln können.

Daniel Gellner: “Wenn wir an den Wald Ende der 80 Jahre zurückdenken, haben wir durch Aufforstung und Kalkungen bis heute schon viel erreicht. Jetzt müssen wir uns auf Extremwetterlagen und Stürme einstellen.” Ein Grund: Der Jetstream (Starkwindband in der oberen Troposphäre) schwächt sich ab, was zu länger anhaltenden Wetterlagen führt. Im Klartext: Es bleibt länger trocken oder nass.

Entsprechen leiden die Bäume. Von Ende 2017 bis heute ist in Sachsen eine Schadholzmenge von rund zehn Millionen Kubikmetern angefallen. Mit etwa 80.000 Hektar Fläche sind mehr als 15 Prozent der sächsischen Waldflächen unmittelbar betroffen, annähernd 7.500 Hektar sind komplett entwaldet.

Als Kompensation läuft das Aufforstungsprogramm der Staatsregierung. Ministeriumssprecher Robert Schimke: “Im Freistaat Sachsen wurden seit dem 1. Januar 2020 über zwölf Millionen Bäume gepflanzt. Davon entfielen ca. 9,4 Mio. Bäume auf den vom Staatsbetrieb Sachsenforst bewirtschafteten Landeswald. Im Privat- und Körperschaftswald wurde die Pflanzung von ca. 2,8 Mio. Bäumen durch den Freistaat gefördert.”

Mit Blick auf die Zukunft des Waldumbaus in Sachsen sagt Minister Wolfram Günther: “Wir wollen im Staatswald mindestens im bisherigen Tempo fortfahren und dabei verstärkt Naturverjüngungen integrieren. Hinzu kommt, dass wir mit der Anlage und Gestaltung von Waldrändern, z.B. mit Sträuchern, positive ökologische Effekte erzielen und den dahinterliegenden Wald schützen. In Zahlen heißt das, wir bauen pro Jahr im Schnitt mindestens 1.300 Hektar Wald um. Im Privat- und Körperschaftswald Wald erwarten wir zudem Förderanträge für 500 bis 1.000 Hektar Waldumbaufläche pro Jahr.”

Auch im Privat- und Körperschaftswald müsse dieser Umbau erfolgen, was mit Kosten verbunden ist. Hier zeige sich, dass die vor einem Jahr novellierte Förderung gut angenommen werde. “Innerhalb von etwa zwölf Monaten sind fast 500 Anträge für eine Fläche von 836 Hektar gestellt worden. Rund 900.000 Euro sind dafür bereits ausgezahlt”, so der Minister.